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Full text of "09/316 - zu den gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingegangenen Wahleinsprüchen"

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Deutscher Bundestag 
9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


08 . 04 . 81 


Beschlußempfehlung und Bericht 

des Wahlprüfungsausschusses 


zu den gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
eingegangenen Wahleinsprüchen 


A. Problem 

Gemäß Artikel 41 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ist Wahlprü- 
fung Sache des Bundestages. Dieser hat nach den Bestimmun- 
gen des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) nach Vorprüfung durch 
den Wahlprüfungsausschuß über die Einsprüche gegen die 
Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag vom 5. Okto- 
ber 1980 zu entscheiden. 

Die Gültigkeit der Wahl wurde mit insgesamt 58 Wahleinsprü- 
chen angefochten; ein Einspruch wurde zurückgezogen. 


B. Lösung 

Zurückweisung der 57 Wahleinsprüche, davon 

5 wegen Unzulässigkeit, 

— 3, da die Einspruchsführer gemäß § 13 des Bundeswahlge- 
setzes (BWG) vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, 

— 1 wegen beleidigenden Inhalts der Einspruchsbegrün- 
dung, 

— 1 wegen fehlender Begründung, 

die übrigen wegen offensichtlicher Unbegründetheit im Sinne 

des § 6 Abs. la Nr. 3 WPG. 

Offensichtlich unbegründet sind Einsprüche, die 

a) die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behaupten; im 
Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens im Bundestag kann 
eine derartige Prüfung nicht erfolgen (seit 1. WP ständige 
Praxis des Bundestages), 

b) nicht mindestens den Tatbestand, auf den die Anfechtung 
gestützt wird, erkennen lassen und nicht genügend sub- 
stantiierte Tatsachen enthalten [BVerfGE 48, 271 (276)], 



DrUCkS3Ch6 9/316 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


c) sich zwar auf nachprüfbare Mängel bei der Vorbereitung 
oder Durchführung der Wahl stützen können, diese je- 
doch angesichts des Stimmverhältnisses keinen Einfluß 
auf die Mandatsverteilung haben konnten [BVerfGE 4, 370 
(372 f.)]. 

In diesem Zusammenhang hat der Wahlprüfungsausschuß 
auch geprüft, ob gegebenenfalls durch Kumulierung der 
Wahlfehler eine andere Verteilung der Mandate im 9. Deut- 
schen Bundestag möglich gewesen wäre. Aus einer Über- 
sicht des Bundeswahlleiters vom 19. Oktober 1980 ergibt 
sich, daß für den Übergang eines Sitzes von einer Partei zur 
anderen mindestens 131 bzw. 428 Zweitstimmen erforder- 
lich gewesen wären: Hätte die FDP, bei status-quo im übri- 
gen, 131 Stimmen mehr erhalten, oder die CDU, bei status- 
quo im übrigen, 428 Stimmen weniger, hätte durch Los ent- 
schieden werden müssen, ob der Sitz der FDP oder der CDU 
zufällt. Aufgrund dieser Zahlen hat der Wahlprüfungsaus- 
schuß festgestellt, daß auch bei Zusammenrechnen der 
Wahlfehler die oben genannten Zahlen für die Zweitstim- 
men nicht erreicht werden. 


C. Alternativen 

standen hinsichtlich der Entscheidung nicht zur Diskussion. 

Der Wahlprüfungsausschuß ist jedoch allen behaupteten Wahl- 
mängeln nachgegangen, auch wenn erkennbar war, daß, den 
Wahlmangel unterstellt, dieser keinen Einfluß auf die Man- 
datsverteilung im 9. Deutschen Bundestag haben konnte. Diese 
Art der Behandlung soll mit dafür Sorge tragen, daß festge- 
stellte Wahlmängel sich bei künftigen Wahlen soweit wie mög- 
lich nicht wiederholen. 


D. Kosten 

entfällt 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Beschiußempfehlung 

Der Bundestag wolle beschließen, 

die aus den Anlagen 1 bis 57 ersichtlichen Entscheidungen zu treffen. 
Bonn, den 8. April 1981 

Der Wahlprüfungsausschuß 

Schulte (Unna) Dr. BÖtsch (zu Anlagen 1 bis 24) 

Vorsitzender Dr, Dübber (zu Anlagen 25 bis 47) 

Wolfgramm (Göttingen) (zu Anlagen 48 bis 57) 
Berichterstatter 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 1 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 5/80 — 
des Herrn Reinhard Thier, wohnhaft: Kiebitzpohl 70, 4404 Telgte, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1980 an den Wahl- 
prüfungsausschuß des Deutschen Bundestages 
hat der Einspruchsführer gebeten, die Rechtmä- 
ßigkeit der Durchführung der Wahl zum 9. Deut- 
schen Bundestag zu überprüfen. 

Er begründet seinen Einspruch damit, daß das 
Wahlgeheimnis verletzt worden sei. Er habe fest- 
stellen müssen, daß die Stimmzettel in Gruppen 
eingeteilt und nach Alter und Geschlecht geord- 
net gewesen seien. Er frage, ob eine solche Ein- 
teilung legal sei. Nach seiner Meinung sei hier 
die Grundlage dafür geschaffen worden, heraus- 
zufinden, wie der einzelne gewählt habe. Außer- 
dem könne man nicht von einer freien Wahl spre- 
chen, wenn er nicht ohne Furcht vor Nachteilen 
seine Stimme abgeben könne. Dies alles stelle ei- 
nen Verstoß gegen Artikel 38 Abs. 1 des Grundge- 
setzes dar. 

Weiter bittet der Einspruchsführer um Prüfung, 
ob es zulässig sei, erst die Personalien des Wäh- 
lers festzustellen und ihm dann den Stimmzettel 
auszuhändigen oder ob es nicht Vorschrift sei, 
dem Wähler zunächst den Stimmzettel zu über- 
geben und erst dann die Personalien festzustel- 
len. Seine Zweifel an der Richtigkeit der Wahl- 
durchführung würden durch das Gemeinschafts- 
kundebuch „einer für alle, alle für einen“, Seite 
132 bis 133, unterstützt. 

Sein Antrag beziehe sich auf die Durchführung 
der Wahl im Wahlbezirk 62 (Telgte-Schulzen- 
trum) des Wahlkreises 100. 

In einem Nachsatz führt der Einspruchsführer 
weiter aus, er habe soeben erfahren, daß die Ein- 
teilung der Stimmzettel nach Alter und Ge- 
schlecht gemäß § 51 des Bundeswahlgesetzes 
(BWG) zulässig sei. Weil er aber nicht bereit sei, 
sich sein Grundrecht aus statistischen Gründen 
wegnehmen zu lassen, halte er es für angebracht, 
§ 51 BWG vom Verfassungsgericht überprüfen zu 
lassen, sofern der Wahlprüfungsausschuß seine 
Zweifel nicht ausräumen könne. 


2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 51 Abs. 2 BWG sind in den vom Bundes- 
wahlleiter im Einvernehmen mit den Landeswahl- 
leitern und den Statistischen Landesämtern zu be- 
stimmenden Wahlbezirken auch Statistiken über 
Geschlechts- und Altersgliederung der Wahlberech- 
tigten und Wähler unter Berücksichtigung der 
Stimmabgabe für die einzelnen Wahlvorschläge zu 
erstellen. Die Trennung der Wahl nach Altersgrup- 
pen und Geschlechtern ist nur zulässig, wenn die 
Stimmabgabe der einzelnen Wähler dadurch nicht 
erkennbar wird. 

Diese Bestimmung des Bundeswahlgesetzes soll die 
Durchführung einer besonderen statistischen Re- 
präsentativerhebung in einzelnen Wahlbezirken er- 
möglichen. Durch § 51 Abs. 2 Satz 2 BWG ist gesi- 
chert, daß Rückschlüsse auf die Stimmabgabe ein- 
zelner Wähler nicht gezogen werden können. Gemäß 
§ 85 Abs. 2 Satz 3 der Bundeswahlordnung (BWO) 
dürfen zum Schutz des Wahlgeheimnisses die Er- 
gebnisse für einzelne Wahlbezirke nicht bekanntge- 
macht werden. 

Wenn der Einspruchsführer darauf hinweist, er 
halte es für angebracht, § 51 BWG vom Verfassungs- 
gericht überprüfen zu lassen, so ist festzustellen, daß 
der Wahlprüfungsausschuß in ständiger Praxis es 
abgelehnt hat, gesetzliche Bestimmungen auf ihre 
Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. 

Soweit der Einspruchsführer um Prüfung bittet, ob 
es zulässig sei, erst die Personalien des Wählers fest- 
zustellen und ihm dann den Stimmzettel auszuhän- 
digen, wird auf § 56 BWO verwiesen. Aus § 56 Abs. 1 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


bis 4 BWO ergibt sich zwar, daß der Wähler zunächst 
den amtlichen Stimmzettel und den amtlichen Wahl- 
umschlag erhält, sich dann in die Wahlzelle begibt, 
um dort seinen Stimmzettel zu kennzeichnen und 
erst dann an den Tisch des Wahlvorstandes heran- 
tritt, seine Wahlbenachrichtigung abgibt und, sobald 
der Schriftführer den Namen des Wählers im Wäh- 
lerverzeichnis gefunden hat, den Wahlumschlag in 
die Wahlurne legen kann. Diese Vorschriften dienen 
jedoch im wesentlichen der Sicherung einer ord- 
nungsgemäßen Stimmabgabe unter Beachtung des 
Wahlgeheimnisses. Entscheidend ist deshalb nicht 
unbedingt die Einhaltung der Reihenfolge der in § 56 
Abs. 1 bis 4 BWO geregelten Einzelheiten, sondern 
ihre Beachtung überhaupt. 

Wenn deshalb im Wahllokal des Einspruchsführers 
von der in § 56 BWO vorgesehenen Reihenfolge hin- 
sichtlich der Einzelheiten der Wahlhandlung abge- 


wichen wurde, kann darin kein einen Wahlein- 
spruch begründender Wahlfehler gesehen werden. 

Der Einspruch war deshalb im Sinne von § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Anlage 2 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 7/80 — des Herrn Hellmut 
Scholtz, wohnhaft: Zum Jungen 15, 6000 Frankfurt am Main, 

gegen die Gültigkeit der* Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Telegramm vom 5. Oktober 1980 an den Bun- 
deswahlleiter Bonn hat der Einspruchsführer 
mit den Worten: „fechte Wahl an da nicht ge- 
heim'’ die Wahl zum 9. Deutschen Bundestag an- 
gefochten. Ihm wurde telefonisch mitgeteilt, daß 
er seinen Einspruch schriftlich begründen und 
an den Bundestag richten müsse. 

Mit Schreiben vom 8. Oktober 1980 hat der Bun- 
deswahlleiter den Einspruch des Einspruchsfüh- 
rers an den Deutschen Bundestag weitergelei- 
tet. 

Aufgrund der Eingangsbestätigung seitens des 
Wahlprüfungsausschusses vom 14. Oktober 1980 
hat der Einspruchsführer seinen Einspruch am 
22. Oktober 1980 begründet. Zur Begründung sei- 
ner Behauptung, die Wahl sei nicht geheim, führt 
er aus, nach Ankreuzen des Stimmzettels sei in 
einer Adressenliste auf dem Tisch neben der 
Wahlurne vermerkt worden, ob gewählt worden 
sei oder nicht. Stimmzettel und Wahlausweis 
seien anschließend in der gleichen Reihenfolge, 
der Wahlausweis in einen Behälter rechts neben 
dem Adressenkontrolleur, der Stimmzettel in die 
Wahlurne geworden worden. Insbesondere bei 
Klumpungseffekten innerhalb der Wahlurne wie 
bei der Ablage der Wahlausweise sei zwischen- 
zeitlich ein Mißbrauch bzw. eine Reanonymisier- 
barkeit der Stimmabgabe möglich. Weitere Miß- 
bräuche könnten darin gesehen werden, daß die 
Klumpungseffekte dadurch eingegrenzt werden 
könnten, daß in den Wahllisten die Stimmabgabe 
mit fortlaufenden Nummern versehen werden 
könnte. 

Durch die von ihm geschilderten Möglichkeiten 
werde der Grundsatz der geheimen Wahl ver- 
letzt. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet 

Die vom Einspruchsführer gerügte Form der Stimm- 
abgabe entspricht den Bestimmungen des Bundes- 
wahlgesetzes, insbesondere den Bestimmungen des 
§ 56 der Bundeswahlordnung (BWO). Die vom Ein- 
spruchsführer befürchtete Gefahr der Reanonymi- 
sierung der Wähler wird durch § 68 BWO weitestge- 
hend ausgeschlossen. Danach werden nach Entfer- 
nung aller nicht benutzten Wahlumschläge und 
Stimmzettel die Wahlumschläge der Wahlurne ent- 
nommen und ungeöffnet gezählt. Gleichzeitig wird 
die Zahl der Stimmabgabevermerke im Wählerver- 
zeichnis und die Zahl der eingenommenen Wahl- 
scheine festgestellt Zwar kann rein theoretisch ein 
„Klumpungseffekt” nicht ausgeschlossen werden, 
dieser wird jedoch, soweit er überhaupt bejaht wer- 
den kann, durch die Form der Entnahme der Wahl- 
umschläge aus der Urne auf ein Mindestmaß redu- 
ziert. Selbst wenn die Entnahme nicht durch Umkip- 
pen der Wahlurne, sondern durch Herausnehmen 
der Wahlumschläge aus der Urne erfolgen sollte, 
könnte erst ein bewußtes und gewolltes Zusammen- 
wirken der Mitglieder des Wahlvorstandes bei der 
anschließenden Zählung der Stimmabgabever- 
merke und Wahlscheine u. U. dann zu einer Reano- 
nymisierung der Wähler führen, wenn Stimmabga- 
bevermerke und Wahlscheine entsprechend der Rei- 
henfolge der Stimmabgabe fortlaufend numeriert 
würden. Abgesehen davon, daß der Wahlvorsteher 
und seine Beisitzer zur unparteiischen Wahrneh- 
mung ihres Amtes verpflichtet sind, werden sie dar- 
über hinaus noch zur Verschwiegenheit über die ih- 
nen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworde- 
nen Tatsachen, insbesondere über alle dem Wahlge- 
heimnis unterliegenden Angelegenheiten verpflich- 
tet (§ 6 Abs. 3, § 53 Abs. 1 BWO). 

Da der Einspruchsführer schließlich lediglich auf 
die theoretische Gefahr der Verletzung des Grund- 
satzes der Geheimhaltung der Wahl hingewiesen 
hat, jedoch keine substantiierten Tatsachen vortra- 
gen konnte, die die Möglichkeit einer Verletzung 
wahlrechtlicher Bestimmungen hätte erkennen las- 


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Drucksache 9/316 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


sen, war sein Einspruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehning 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 


sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 3 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 10/80 — des Herrn 
Christoph Noack, wohnhaft: Corveyer Straße 10, 6400 Fulda, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 7. Oktober 1980 an den Bum 
deswahlleiter, das dieser mit Schreiben vom 
10. Oktober 1980 dem Deutschen Bundestag zu- 
geleitet hat, hat der Einspruchsführer Einspruch 
gegen die Wahl zum 9. Deutschen Bundestag im 
Wahlkreis 132 — Fulda — eingelegt. 

Zur Begründung seines Einspruchs führt er aus, 
aufgrund eines Behördenfehlers habe er nicht an 
der Bundestagswahl teilnehmen können. Dem 
Fehler liege folgender Sachverhalt zugrunde: 

Mitte August 1980 habe er formlos die Briefwahl 
beim Wahlamt der Stadt Fulda beantragt, da er 
z. Z. der Bundestagswahl Urlaub in Griechenland 
machen wollte. In einem Telefongespräch sei 
mitgeteilt worden, daß dies vor dem 10. Septem- 
ber 1980 nicht möglich sei. Er habe als Nachsen- 
deadresse das Postamt in Naphilon (Griechen- 
land) angegeben. Am 29. August 1980, habe er 
sich telefonisch beim Wahlamt in Fulda verge- 
wissert, daß es keine weiteren Schwierigkeiten 
geben würde. Man habe ihm mitgeteilt, er solle 
am Montag, dem 1. September 1980, seine Unter- 
schrift leisten, die unbedingt zur Nachsendung 
der Briefwahlunterlagen erforderlich sei. Aus fa- 
miliären Gründen sei es ihm nicht möglich gewe- 
sen, diesen Termin einzuhalten, so daß er davon 
hätte ausgehen müssen, daß ihm keine Brief- 
wahlunterlagen nachgesandt würden. Aus die- 
sem Grunde habe er seinen Urlaub vorzeitig be- 
endet, um persönlich seine Stimme abzugeben. 
Er habe seine Wahlbenachrichtigung vorgefun- 
den und sei mit dieser am folgenden Tag in das 
Wahllokal gegangen. Dort sei ihm vor der Stimm- 
abgabe erklärt worden, er hätte Briefwahlunter- 
lagen erhalten und dürfe dann nur mit diesen 
wählen. Da er diese nie erhalten habe, bedeutete 
dies den Ausschluß von der Teilnahme an der 
Bundestagswahl 1980. 

Bei seinen sofortigen Bemühungen, doch noch 
zur Wahl zugelassen zu werden, sei ihm erklärt 
worden, er sei „halt ein Wahlopfer ’80’' und müsse 


sich damit abfinden, nicht wählen zu können. 
Außerdem habe man ihm erklärt, die vom Wahl- 
amt telefonisch gegebene Auskunft bezüglich der 
noch zu leistenden Unterschrift sei falsch gewe- 
sen. 

Die Möglichkeit, am 4. Oktober 1980 bis 12.00 Uhr 
noch einen Ersatzwahlschein zu beantragen, sei 
nicht mehr gegeben gewesen, so daß festzustel- 
len bleibe, daß er im Vertrauen auf die Richtig- 
keit einer Behördenauskunft um die Möglichkeit 
gebracht worden sei, seinem im Grundgesetz ver- 
brieften Recht der Wahl nachzukommen. 

Auf Anforderung des Wahlprüfungsausschusses 
hat der Oberbürgermeister der Stadt Fulda zu 
dem Vorbringen des Einspruchsführers wie folgt 
Stellung genommen: Der Einspruchsführer habe 
am 21. August 1980 schriftlich die Übersendung 
von Briefwahlunterlagen beantragt, da er sich 
vom 2. September bis 15. Oktober 1980 im Aus- 
land aufhalten wollte. Die Ausgabe von Brief- 
wahlunterlagen sei jedoch vor dem 9. September 
1980 nicht statthaft gewesen; aus diesem Grunde 
sei eine telefonische Rücksprache mit dem Ein- 
spruchsführer erfolgt, in dessen Verlauf dieser 
eine Nachsendeadresse in Griechenland angege- 
ben habe. Dem Einspruchsführer sei dabei mit- 
geteilt worden, daß die Unterlagen zum frühest- 
möglichen Termin an ihn abgesandt würden. 

Ob der Einspruchsführer am 29. August 1980 sich 
noch einmal telefonisch in dieser Angelegenheit 
an das Wahlamt gewendet habe, sei nicht mehr 
rekonstruierbar; wenn jedoch ein entsprechen- 
der Anruf erfolgt sei, habe der Einspruchsführer 
vermutlich nicht darauf hingewiesen, daß er be- 
reits einen schriftlichen Antrag beim Wahlamt 
gestellt habe. Es sei ihm sicher mitgeteilt worden, 
daß ein ordnungsgemäßer Antrag auf Übersen- 
dung von Briefwahlunterlagen gemäß § 27 Abs. 1 
der Bundeswahlordnung (BWO) fernmündlich 
nicht gestellt werden könne. Der Einspruchsfüh- 
rer habe versprochen, nach eigenen Aussagen 
noch vor der Abreise im Wahlamt vorbeizukom- 
men. Dies sei jedoch unterblieben. Wenn der Ein- 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Spruchsführer sein Versprechen eingehalten hät- 
te, hätte die Angelegenheit insofern geklärt wer- 
den können, als er seinen Antrag vom 21. August 
1980 noch hätte zurückziehen können. Das habe 
er jedoch nicht getan. 

Da der schriftliche Antrag auf Übersendung 
von Briefwahlunterlagen sowie die Nachsende- 
adresse Vorgelegen hätten, seien am 12. Septem- 
ber 1980 die Briefwahlunterlagen an den Ein- 
spruchsführer per Luftpost nach Griechenland 
abgesandt und im Wählerverzeichnis ein Sperr- 
vermerk angebracht worden. 

Die Briefwahlunterlagen seien, wie aus beilie- 
gender Fotokopie des Briefumschlages ersicht- 
lich sei, am 17. September 1980 in Naphilon gewe- 
sen. Zwei Wochen nach der Bundestagswahl 
seien diese Unterlagen dann wieder beim Ma- 
gistrat der Stadt Fulda eingegangen. 

In den Tagen vor dem 14. September 1980 sei dem 
Einspruchsführer, wie allen Wahlberechtigten, 
eine maschinell ausgedruckte Wahlbenachrichti- 
gungskarte zugegangen. Mit dieser Karte habe 
der Einspruchsführer am 5. Oktober 1980 zur 
Wahl gehen wollen, aber wegen Sperrvermerks 
nicht zugelassen werden dürfen. 

Eine bis zum 4. Oktober 1980, 12.00 Uhr, mögliche 
Klärung bzw. die Ausgabe eines neuen Wahl- 
scheines gemäß § 28 Abs. 9 BWO seien vom Ein- 
spruchsführer nicht verlangt worden. Wie der 
Einspruchsführer angegeben habe, sei er erst in 
der Nacht zum 5. Oktober 1980 zurückgekehrt. 

Da sich der Einspruchsführer erst am Wahlsonn- 
tag selbst gemeldet habe, hätte eine Zulassung 
zur Bundestagswahl nicht mehr erreicht werden 
können. Dieses Ergebnis sei dem Einspruchsfüh- 
rer auch vom Landeswahlleiter für Hessen mit 
Schreiben vom 14. Oktober 1980, das dem Schrei- 
ben als Anlage beigefügt wurde, mitgeteilt wor- 
den. 

Im übrigen sei bekannt, daß der Einspruchsfüh- 
rer am Wahlsonntag sowohl mit dem Kreiswahl- 
leiter als auch mit dem Landeswahlleiter in die- 
ser Angelegenheit mit dem Ergebnis telefoniert 
habe, daß ihm auch von dort mitgeteilt worden 
sei, eine Zulassung zur Bundestagswahl könne 
nicht mehr erreicht werden. 

Mit Schreiben vom 14. Oktober 1980 hat der 
Landeswahlleiter für Hessen dem Einspruchs- 
führer mitgeteilt, er bedaure, daß der Ein- 
spruchsführer aufgrund eines Mißverständnis- 


ses zwischen ihm und dem Wahlamt der Stadt 
Fulda seine Stimme bei der Bundestagswahl 
nicht habe abgeben können. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 28 BWO dürfen Wahlscheine nicht vor der 
Zulassung der Wahlvorschläge durch den Landes- 
und den Kreiswahlausschuß erteilt werden. Wenn 
dem Einspruchsführer somit mitgeteilt wurde, vor 
diesem Zeitpunkt — 9. September 1980 — sei eine 
Briefwahl nicht möglich, entsprach diese Auskunft 
der Rechtslage. 

Wenn ihm trotz dieser Rechtslage aufgrund seines 
Antrags vom 21. August 1980 Briefwahlunterlagen 
an die von ihm angegebene Urlaubsadresse zuge- 
sandt wurden und er aufgrund des von ihm mit der 
Wahlbehörde geführten Telefongespräches ohne Be- 
zugnahme auf diesen Antrag eine rechtsirrtümliche 
Antwort bekam, die letztlich dazu führte, daß der 
Einspruchsführer an der Bundestagswahl nicht teil- 
nehmen konnte, so kann zwar ein Wahlfehler, an 
dessen Entstehen der Einspruchsführer sich minde- 
stens ein Mitverschulden anrechnen lassen muß, 
nicht ganz ausgeschlossen werden; da dieser jedoch 
angesichts des Stimmverhältnisses keinen Einfluß 
auf die Mandatsverteilung haben konnte [vgl. BVerf- 
GE 48, 271 (280)], war der Einspruch im Sinne des § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet 
zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 4 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 11/80 — des Herrn 
Arthur Berg, wohnhaft: Höhenberger Straße 21, 5000 Köln 91, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1980 an den „Bun- 
deswahlbeauftragten für die Bundestagswahl 
1980” hat der Einspruchsführer Einspruch gegen 
die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bun- 
destag eingelegt. Sein Schreiben, das zunächst 
dem Bundeswahlleiter zugeleitet wurde, hat die- 
ser zuständigkeitshalber dem Deutschen Bun- 
destag weitergeleitet, Kopie seines Einspruchs- 
schreibens hat der Einspruchsführer ferner ge- 
richtet an das Bundesverfassungsgericht, den 
Europäischen Gerichtshof, Amnesty Internatio- 
nal, Frau Dr. Emmy Görrig, den Kölner Stadtan- 
zeiger und die Kölnische Rundschau. 

Zur Begründung seines Wahleinspruchs trägt er 
vor, er sei „wieder ohne rechtfertigenden Grund 
der Freiheit beraubt worden” und „durch nach- 
weisliches Verschulden anderer zwangsweise 
und ohne Ausgang” in einer Klinik unterge- 
bracht worden. Da ihm trotz zugegangener Wahl- 
benachrichtigung wegen unberechtigter Aus- 
gangssperre nur auf „ausbeutendem Umwege” 
die Briefwahl möglich geblieben sei, um aus- 
schließlich den Interessen anderer zu nutzen, 
sehe er sich veranlaßt, „wegen eindeutiger Ver- 
weigerung des Wahlrechts” die Wahl anzufech- 
ten. Er behauptet, daß ihm das aktive Wahlrecht 
absichtlich genommen worden sei. Trotz nicht- 
igem Unterbringungsbeschluß stehe ihm das in 
der Verfassung garantierte Wahlrecht uneinge- 
schränkt zu. 

Mit Schreiben vom 15. Oktober 1980 wurde der 
Eingang des Wahleinspruchs vom Deutschen 
Bundestag bestätigt und dem Einspruchsführer 
unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bun- 
desverfassungsgerichts die Möglichkeit gegeben, 
seinen Einspruch näher zu begründen bzw. zu 
konkretisieren. 

Aufgrund dieses Schreibens teilte der Ein- 
spruchsführer mit Schreibern vom 20. Oktober 
1980 mit, bevor er die Gründe seiner Wahlanfech- 
tung konkretisiere, möchte er seine Entschei- 


dung in Freiheit treffen. Seit dem 30. September 
1980 bestehe bei ihm Ausgangssperre und nach 
Eingang des Schreibens des Wahlprüfungsaus- 
schusses bei der Rheinischen Landesklinik Köln- 
Merheim sei er im Bett fixiert worden. 

Der Landschaftsverband Rheinland — Rheini- 
sche Landesklinik Köln — Fachklinik für Psychi- 
atrie — hat auf Aufforderung des Wahlprüfungs- 
ausschusses zu dem Vorbringen des Einspruchs- 
führers wie folgt Stellung genommen: 

Der Einspruchsführer habe sich in der Zeit vom 
30. September bis zum 7. November 1980 in der 
Landesklinik zur stationären Behandlung befun- 
den. Zuvor sei er bereits vom 13. August bis zum 
20. August 1980 und vom 22. August bis zum 
14. September 1980 ebenfalls dort in stationärer 
Behandlung gewesen. Die Behandlung sei auf- 
grund eines Unterbringungsbeschlusses des 
Amtsgerichts Köln vom 8, August 1980 sowie der 
Folgebeschlüsse vom 6. Oktober 1980 und des 
Aufhebungsbeschlusses vom 7. November 1980 
erfolgt. 

Vor der Durchführung der Bundestagswahl sei in 
Abstimmung mit dem Wahlamt das Schreiben 
der Stadt Köln vom August 1980 betreffend Wahl- 
scheine für die Bundestagswahl vom 5. Oktober 
1980 an den Schwarzen Brettern aller Stationen 
angebracht worden. Entsprechende Wahlscheine 
für die Anforderung von Briefwahlunterlagen 
seien im Aufnahme-ZPflegekostenbüro auf 
Wunsch ausgehändigt worden. Keiner der Pa- 
tienten sei von den Mitarbeitern der Klinik an 
der Durchführung der Briefwahl gehindert wor- 
den. Aufgrund des Krankheitsbildes hätte dem 
Einspruchsführer zum damaligen Zeitpunkt 
noch kein Ausgang für die Wahl zum Deutschen 
Bundestag bewilligt werden können. In dem her- 
angezogenen Schreiben der Stadt Köln betref- 
fend Wahlscheine werden Erläuterungen für die 
Briefwahl bzw. die Stimmabgabe in geschlosse- 
nen Anstalten gegeben. 

Beigefügt ist der Stellungnahme der Rheini- 
schen Landesklinik Köln, ferner Kopie des 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Schreibens des Leiters des Wirtschafts- und Ver- 
waltungsdienstes an alle Abteilungsärzte mit der 
Bitte, das Schreiben der Stadt Köln durch Aus- 
hang auf den Stationen bekanntzugeben. 

In einer ergänzenden Stellungnahme der Stadt 
Köln — Der Oberstadtdirektor — vom 30. J anuar 
1981 teilt dieser dem Wahlprüfungsausschuß mit, 
der Einspruchsführer habe im Wählerverzeich- 
nis des Wahlkreises 62 — Wahlbezirk 793 — ge- 
standen und sei deshalb auch wahlberechtigt ge- 
wesen. Ferner wird auf das allen Krankenhäu- 
sern und Anstalten übermittelte Merkblatt be- 
züglich der Durchführung der Bundestagswahl 
hingewiesen und abschließend bemerkt, der Ein- 
spruchsführer habe mindestens die Möglichkeit 
gehabt, per Briefwahl jederzeit zu wählen. 

2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung 
der Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) 
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli- 
chen Verhandlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 


Aus dem Vorbringen des Einspruchsführers kann 
entnommen werden, daß er die Meinung vertritt, 
durch die Verhängung der Ausgangssperre sei ihm 
die Möglichkeit zur Teilnahme an der Bundestags- 
wahl genommen worden. Da er aber selber nicht be- 
hauptet, ihm sei aufgrund der Einweisung in die 
Rheinische Landesklinik Köln auch die Möglichkeit 
zur Briefwahl genommen worden, ist eine Verlet- 
zung wahlrechtlicher Bestimmungen nicht zu er- 
kennen. Im übrigen hat der Einspruchsführer keine 
konkreten Tatsachen dafür vorgetragen, daß ihm 
seitens der Anstaltsleitung über den Unterbrin- 
gungszweck hinausgehende Beschränkungen aufer- 
legt worden wären, die ihm die Ausübung des Brief- 
wahlrechts unmöglich gemacht hätten. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 5 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 12/80 — 
des Herrn Günter Ullmann, wohnhaft: Rottweg 28, 6306 Langgöns, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1980 an den Kreis- 
wahlausschuß der Kreisverwaltung Gießen hat 
der Einspruchsführer mitgeteilt, er fechte die 
Wahl zum 9. Deutschen Bundestag am 5. Oktober 
1980 in Langgöns an. Da sein Name nicht im 
Wählerverzeichnis aufgeführt gewesen sei, habe 
man ihm die Teilnahme an der Wahl verwehrt, 
obwohl er sich durch seinen Personalausweis 
habe legitimieren können. 

Der Landrat des Kreises Gießen hat den Ein- 
spruch am 9. Oktober 1980 dem Deutschen Bun- 
destag zugeleitet. In seiner Stellungnahme führt 
der Landrat aus: 

„Herr Ullmann konnte nicht zur Wahl zugelassen 
werden, da er nicht im Wählerverzeichnis einge- 
tragen war. Der Genannte war früher mit zwei- 
tem Wohnsitz in der Gemeinde Langgöns gemel- 
det. Nach Auskunft des Bürgermeisters hat er 
sich noch vor dem Stichtag mit erstem Wohnsitz 
in der Gemeinde Langgöns angemeldet. In dem 
vom kommunalen Gebietsrechenzentrum Gie- 
ßen erstellten Wählerverzeichnis der Gemeinde 
Langgöns war der Genannte jedoch nicht enthal- 
ten. Aus welchen Gründen seine Eintragung von 
Amts wegen nicht erfolgte, konnte bisher nicht 
festgestellt werden. Fest steht, daß die Ehefrau 
des Genannten rechtzeitig die Wahlbenachrichti- 
gung erhalten hat. Auch ist seitens der Gemeinde 
die Bekanntmachung über die Auslegung des 
Wählerverzeichnisses fristgerecht erfolgt. Herr 
Ullmann hätte also die Möglichkeit gehabt, Ein- 
blick in das Wählerverzeichnis zu nehmen und 
auch seine Eintragung zu betreiben. Nach Aus- 
kunft des Bürgermeisters wäre die Gemeinde 
auch bereit gewesen, dem Genannten gemäß 
§§ 25 Abs. 2 und 28 Abs. 3 der Bundeswahlord- 
nung (BWO) noch am Wahltag bis 12.00 Uhr ei- 
nen Wahlschein auszustellen. Herr Ullmann hat 
jedoch erst kurz vor Schluß der Wahlhandlung 
(17.45 Uhr) von seinem Wahlrecht Gebrauch ma- 


chen wollen, mußte jedoch aus den vorgenannten 
Gründen zurückgewiesen werden.” 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 16 Abs. 1 BWO sind von Amts wegen in das 
Wählerverzeichnis alle Wahlberechtigten einzutra- 
gen, die am 35. Tag vor der Wahl (Stichtag) bei der 
Meldebehörde gemeldet sind. Da, wie aus der Stel- 
lungnahme des Landrats des Kreises Gießen zu ent- 
nehmen ist, der Einspruchsführer sich noch vor die- 
sem Stichtag mit erstem Wohnsitz in der Gemeinde 
Langgöns angemeldet hat, hätte er von Amts wegen 
in das Wählerverzeichnis dieser Gemeinde aufge- 
nommen werden müssen. 

Zwar liegt insofern ein Wahlfehler vor, doch muß 
sich der Einspruchsführer andererseits entgegen- 
halten lassen, daß er von der allen Wahlberechtigten 
eingeräumten Möglichkeit zur Einsichtnahme in 
das Wählerverzeichnis keinen Gebrauch gemacht 
hat und deshalb nicht Einspruch gegen das unrich- 
tige bzw. unvollständige Wählerverzeichnis einlegen 
konnte. 

Da schließlich davon auszugehen ist, daß die mögli- 
che Teilnahme des Einspruchsführers an der Bun- 
destagswahl angesichts des Stimmenverhältnisses 
keinen Einfluß auf die Mandatsverteilung im 
9. Deutschen Bundestag haben konnte, war der Ein- 
spruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offen- 
sichtlich unbegründet zurückzuweisen. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 6 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 14/80 — der Eheleute Isolde 
und Walter Illner, wohnhaft: Fritz>Frey-Straße 9, 6900 Heidelberg, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 1. Oktober 1980 an den Bun- 
desminister des Innern beschweren sich die Ein- 
spruchsführer über ihre Eintragung in das Wäh- 
lerverzeichnis der Stadt Heidelberg, in dem sie 
die Auffassung vertreten, sie müßten im Wähler- 
verzeichnis der Stadt Mannheim aufgeführt wer- 
den. 

Am Schluß dieses Schreibens heißt es: 

„Für den Fall der Nichtdurchsetzbarkeit unseres 
Wahlrechtes gemäß Bundeswahlordnung § 15, er- 
klären wir hiermit unsere Wahlanfechtung.” 

In einem weiteren Schreiben vom 12. Oktober 
1980 an den Bundesminister des Innern erklären 
die Einspruchsführer ihre Anfechtung der Bun- 
destagswahl 1980 „wegen vorsätzlicher und 
rechtswidriger Wahlbehinderung.“ 

Beide Schreiben nebst Anlagen wurden vom 
Bundesminister des Innern mit Schreiben vom 
14. und 23. Oktober 1980 dem Deutschen Bundes- 
tag zugeleitet 

Aus den umfangreichen Akten ergibt sich folgen- 
der Sachverhalt: 

Am 26. April 1979 wurde die frühere Wohnung 
der Einspruchsführer in Mannheim auf Veran- 
lassung des Ordnungsamtes Mannheim zwangs- 
geräumt und den Einspruchsführern gleichzeitig 
eine Wohnung in Mannheim, Obere Riedstra- 
ße 204, zugewiesen. Diese Wohnung haben die 
Einspruchsführer jedoch nicht bezogen. Aus die- 
sem Grunde wurden die Einspruchsführer mit 
der Familie von Amts wegen nach Unbekannt ab- 
gemeldet, so daß für sie in Mannheim kein Mel- 
deverhältnis mehr bestand. Dagegen benutzten 
die Einspruchsführer eine Wohnung in Heidel- 
berg. Am 25. Februar 1980 erfolgte auch eine 
Rückmeldung seitens der Stadt Heidelberg, wo- 
nach sich die Einspruchsführer mit Wirkung vom 
26. Dezember 1979 in Heidelberg mit Haupt- 
wohnsitz angemeldet hatten. Dementsprechend 


wurden sie auch bei der Stadt Heidelberg in das 
Wählerverzeichnis aufgenommen. 

Die Einspruchsführer machen geltend, durch die 
Zwangsräumung sei ihnen die Ausübung des ak- 
tiven Wahlrechts bei der Bundestagswahl vorent- 
halten worden, weil sie nicht in Mannheim in das 
Wählerverzeichnis eingetragen und entspre- 
chende Rechtsmittel zurückgewiesen worden 
seien. 

In der Entscheidung, mit der die Stadt Heidel- 
berg den Antrag der Frau Illner, sie im Wähler- 
verzeichnis der Stadt Heidelberg zu streichen, 
ablehnte, heißt es: 

„Es trifft zu, daß Sie sich in Heidelberg mit Ne- 
benwohnung angemeldet haben und dabei be- 
stimmten, daß Ihre Wohnung in Mannheim 
Hauptwohnung sei. Im Rückmeldeverfahren 
wurde uns von der Meldebehörde Mannheim 
am 8. März 1980 mitgeteilt, daß Sie für die dor- 
tige Wohnung mit Wirkung vom 26. April 1979 
von Amts wegen abgemeldet worden sind. 
Dementsprechend besteht nur noch in Heidel- 
berg ein Meldeverhältnis. 

Gemäß § 16, 1 der Bundeswahlordnung sind 
von Amts wegen alle Wahlberechtigten in das 
Wählerverzeichnis der Gemeinde aufzuneh- 
men, in der sie am 35. Tag vor der Wahl, das ist 
der 31. August 1980 gewesen, mit Wohnung, bei 
mehrfacher Wohnung mit Hauptwohnung, ge- 
meldet sind.” 

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Be- 
schwerde wurde vom Kreiswahlleiter mit Schrei- 
ben vom 26. September 1980 als unbegründet zu- 
rückgewiesen. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Entscheidungsgründe 

Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 der Bundeswahlordnung 
(BWO) sind von Amts wegen in das Wählerverzeich- 
nis alle Wahlberechtigten einzutragen, die am 
35. Tag vor der Wahl (Stichtag) bei der Meldebe- 
hörde für eine Wohnung gemeldet sind, es sei denn, 
daß sie ihre Wohnung, bei mehreren Wohnungen 
ihre Hauptwohnung, im Lande Berlin innehaben. 
Am gesetzlichen Stichtag hatten die Einspruchsfüh- 
rer, das ergibt sich eindeutig aus den zahlreichen 
Stellungnahmen der Behörden, ihre Wohnung allein 
in Heidelberg, und zwar in der Fritz-Frey-Straße 9. 

Zwar geben die Einspruchsführer in ihren Schrei- 
ben stets noch als Anschrift Mannheim, Metzer 
Straße 39, an; dies ist jedoch die Anschrift der Woh- 
nung, die am 26. April 1979 auf Veranlassung des 
Ordnungsamtes Mannheim zwangsgeräumt wurde. 
Die Stadt Mannheim war, da die Einspruchsführer 
eine andere Wohnung in Mannheim nicht bezogen 
haben, berechtigt, sie im Wählerverzeichnis zu strei- 
chen und die Stadt Heidelberg aufgrund der tatsäch- 
lichen Wohnungnahme der Einspruchsführer ver- 
pflichtet, sie in das dortige Wählerverzeichnis aufzu- 
nehmen. 


Da die Einspruchsführer somit an ihrem tatsächli- 
chen Wohnort in Heidelberg aufgrund der ordnungs- 
gemäßen Eintragung in das dortige Wählerverzeich- 
nis wahlberechtigt waren, ist die Begründung ihres 
Wahleinspruchs, sie seien willkürlich vom Wahl- 
recht ausgeschlossen worden, unzutreffend, da sie 
aufgrund jener Eintragung in Heidelberg von ihrem 
Wahlrecht hätten Gebrauch machen können. 

Da somit eine Verletzung wahlrechtlicher Bestim- 
mungen nicht vorliegt, war der Einspruch im Sinne 
des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbe- 
gründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — - beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 7 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 17/80 — der Eheleute Dr. 
Gottfried Reimann und Frau Erika Reimann, wohnhaft: Drechsler^ 
weg 14, 4600 Dortmund-Lanstrop, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9, Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1980 an den Bun- 
despräsidenten, das zuständigkeitshalber dem 
Deutschen Bundestag zugeleitet wurde, haben 
die Einspruchsführer Einspruch gegen die Gül- 
tigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
eingelegt 

Zur Begründung ihres Einspruchs führen sie aus, 
am 15. Juni 1980 hätten sie per Einschreiben 
beim Wahlamt der Stadt Dortmund die Unterla- 
gen für die Briefwahl zur Bundestagswahl am 
5. Oktober 1980 erbeten. Trotz beigelegtem Ant- 
wortbrief hätten sie keine Antwort erhalten, bis 
sie etwa vier Wochen vor der Bundestagswahl 
über ihren Sohn die Wahlbenachrichtigung nach- 
geschickt erhalten hätten. Sie hätten daraufhin 
sofort erneut die Zusendung der Briefwahlunter- 
lagen beantragt, da der einspruchsführende Ehe- 
mann krankheitshalber nicht am Wahltag in 
Deutschland sein könnte. Bisher hätten sie keine 
Antwort erhalten, sie seien deshalb an der Aus- 
übung ihres Wahlrechts gehindert worden. 

Mit einem weiteren Schreiben vom 6. November 
1980 wenden sich die Einspruchsführer erneut 
beschwerdeführend an den Bundespräsidenten, 
Insbesondere rügen sie, daß sie zwischenzeitlich, 
obwohl die Wahl längst vorbei sei, noch von kei- 
ner Seite eine Nachricht erhalten hätten. In der 
beigefügten „Klage wegen Wahlbehinderung und 
Einspruch gegen das Wahlergebnis” führen sie 
nach Wiederholung der früheren Vorwürfe aus, 
am 4. November 1980, also mehr als vier Wochen 
nach der Wahl, seien endlich die Unterlagen aus 
Dortmund gekommen. Sie hätten also an der 
Bundestagswahl nicht teilnehmen können. 
Durch die nachlässige Arbeit der Dortmunder 
Stellen oder gar durch willkürliche Behinderung 
seien sie daran gehindert worden, an der Bundes- 
tagswahl teilzunehmen. 

Mit Schreiben vom 21. November 1980 hat die 
Stadt Dortmund zu den Vorwürfen der Ein- 


spruch sführ er Stellung genommen und einen 
EDV-Ausdruck mit allen Angaben zu den Wahl- 
scheinen der einspruchsführenden Eheleute bei- 
gefügt. In dem Anschreiben heißt es: „Dem Aus- 
druck sind neben den Angaben zur Person die 
Wahlscheinnummer, das Ausstellungsdatum und 
die abweichende Versandanschrift in Südafrika 
zu entnehmen. Die Wahlscheine sind somit zwei- 
felsfrei ausgestellt und mit den übrigen Brief- 
wahlunterlagen zum Versand gebracht worden. 

Ob die Wahlbriefe auf dem Postwege verloren ge- 
gangen oder versehentlich nicht als Luftpost ab- 
geschickt worden sind, ist hier nicht feststell- 
bar.” 

Mit Schreiben vom 25. November 1980 wurde den 
Einspruchsführern die Stellungnahme der Stadt 
Dortmund zugeleitet und ihnen anheimgestellt 
zu prüfen, ob sie aufgrund dieser Darstellung ih- 
ren Einspruch aufrecht erhalten wollten. Zwar 
haben die Einspruchsführer auf dieses Schrei- 
ben nicht geantwortet, in ihrem Schreiben vom 
15. Dezember 1980 an den Bundespräsidenten je- 
doch zum Ausdruck gebracht, daß sie ihren Ein- 
spruch aufrecht erhalten wollen und haben zur 
Begründung ausgeführt, das Wahlamt der Stadt 
Dortmund habe tatsächlich die Wahlunterlagen 
nicht als Luftpost geschickt, obgleich ein Freium- 
schlag für Luftpost beigefügt worden sei. Wie alle 
Bürger für Leichtfertigkeit und Böswilligkeit die 
Folgen zu tragen hätten, sollten auch die Behör- 
den in die Pflicht genommen werden. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 

jedoch offensichtlich unbegründet. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Gemäß § 28 Abs. 1 der Bundeswahlordnung (BWO) 
dürfen Wahlscheine nicht vor der Zulassung der 
Wahlvorschläge durch den Landes- und den Kreis- 
wahlausschuß gemäß §§ 26 und 28 des Bundeswahl- 
gesetzes (BWG) erteilt werden. 

Auf den zunächst gestellten Antrag vom 15. Juni 
1980 konnten deshalb noch keine Brief wahlunterla- 
gen übermittelt werden. 

Da die Einspruchsführer nach Zusendung der Wahl- 
benachrichtigung unmittelbar erneut die Erteilung 
von Wahlscheinen unter Zusendung an eine An- 
schrift in Südafrika erbeten haben, hätte die Ge- 
meindebehörde Wahlschein und Briefwahlunterla- 
gen mit der Luftpost den Einspruchsführer zusen- 
den müssen, da sich aus ihrem Antrag ergab, daß sie 
aus einem außereuropäischen Gebiet wählen woll- 
ten (§ 28 Abs. 4 BWO). 

Nach der Stellungnahme der Stadt Dortmund vom 
21; November 1980 kann zwar davon ausgegangen 
werden, daß die Briefwahlunterlagen an die Ein- 
spruchsführer zum Versand gebracht worden sind, 
andererseits muß aus den Eingaben der Einspruchs- 
führer entnommen werden, daß die Versendung of- 
fensichtlich nicht per Luftpost erfolgte. 

Die Nichtversendung der Briefwahlunterlagen mit 
Luftpost entgegen der ausdrücklichen Bestimmung 
des § 28 Abs. 4 BWO stellt somit einen Wahlfehler 
dar, der dazu führte, daß die Einspruchsführer nicht 
per Briefwahl an der Wahl zum 9. Deutschen Bun- 
destag teilnehmen konnten. Nach der Rechtspre- 


chung des Bundesverfassungsgerichts vermögen je- 
doch nur solche Wahlfehler einen Wahleinspruch zu 
begründen, die auf die Mandatsverteilung von Ein- 
fluß waren oder hätten sein können. Infolgedessen 
scheiden alle Verstöße von vornherein als unerheb- 
lich aus, die das Wahlergebnis nicht berühren. Aber 
auch solche Wahlfehler, die das Wahlergebnis be- 
treffen, sind dann unerheblich, wenn sie angesichts 
des Stimmverhältnisses keinen Einfluß auf die Man- 
datsverteilung haben können [seit BVerfGE 4, 370, 
(372 f) ständige Rechtsprechung des Bundesverfas- 
sungsgerichts, der sich der Bundestag angeschlos- 
sen hat]. 

Da angesichts des Stimmverhältnisses der Wahlfeh- 
ler keinen Einfluß auf die Mandatsverteilung im 
9. Deutschen Bundestag haben konnte, war der Ein- 
spruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offen- 
sichtich unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfasssungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 8 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az. WP 18/80 des Herrn Kurt Egerer, 
wohnhaft: Mauerfeldstraße 91 d, 6370 Oberursel 5, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 


hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 
6. Oktober 1980 an den Bundeswahlleiter, wel- 
ches dieser am 14. Oktober 1980 dem Deutschen 
Bundestag zuleitete, Einspruch gegen das Ergeb- 
nis der Bundestagswahl vom 5. Oktober 1980 ein- 
gelegt, da die Wahl nicht geheim gewesen sei. 

Als Begründung führt der Einspruchsführer an, 
bei der Entgegennahme seiner Wahlunterlagen 
habe er einen „Wahlzettel” erhalten, der dadurch 
gekennzeichnet gewesen sei, daß er Eintragun- 
gen über sein Geschlecht und sein Alter enthal- 
ten habe. Dies sei seines Erachtens nicht zuläs- 
sig, weil derartig gekennzeichnete „Wahlzettel” 
Rückschlüsse auf den Wähler zuließen. Einen 
„Wahlzettel” ohne diese Eintragungen habe man 
ihm nicht aushändigen können. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß §51 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) 
sind in den vom Bundeswahlleiter im Einverneh- 
men mit den Landeswahlleitern und den Statisti- 
schen Landesämtern zu bestimmenden Wahlbezir- 
ken auch Statistiken über Geschlechts- und Alters- 


gliederung der Wahlberechtigten und Wähler unter 
Berücksichtigung der Stimmabgabe für die einzel- 
nen Wahlvorschläge zu erstellen. Die Trennung der 
Wahl nach Altersgruppen und Geschlechtern ist nur 
zulässig, wenn die Stimmabgabe der einzelnen Wäh- 
ler dadurch nicht erkennbar wird. 

Diese Bestimmung des Bundeswahlgesetzes soll die 
Durchführung einer besonderen statistischen Re- 
präsentativerhebung in einzelnen Wahlbezirken er- 
möglichen. Durch § 51 Abs. 2 Satz 2 BWG ist gesi- 
chert, daß Rückschlüsse auf die Stimmabgabe ein- 
zelner Wähler nicht gezogen werden können. Gemäß 
§ 85 Abs. 2 Satz 3 Bundeswahlordnung (BWO) dür- 
fen zum Schutz des Wahlgeheimnisses die Ergeb- 
nisse für einzelne Wahlbezirke nicht bekanntge- 
macht werden. 

Da somit ein Verstoß gegen wahlrechtliche Bestim- 
mungen nicht erkennbar ist, der Wahlprüfungsaus- 
schuß es jedoch in ständiger Praxis abgelehnt hat, 
gesetzliche Bestimmungen auf ihre Verfassungsmä- 
ßigkeit zu überprüfen, war der Einspruch gemäß § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet 
zurückzuweisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


19 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 9 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 21/80 — der Aktion Soziale 
Gemeinschaft (ASG), vertreten durch den Bundesvorsitzenden Her- 
mann Krümpelmann, wohnhaft: Seminarstraße 1, 5450 Neuwied, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 10. Oktober 1980 hat die Ein- 
spruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt. 

Auf der ersten Sitzung des Bundeswahlausschus- 
ses für die Bundestagswahl am 28. August 1980 
wurde die Einspruchsführerin gemäß § 18 Abs. 3 
Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) als Partei 
anerkannt, weil sie die Bedingungen der §§18 
Abs. 2 BWG, 33 Abs. 1 der Bundeswahlordnung 
(BWO) und § 2 Abs. 1 des Parteiengesetzes erfüll- 
te. Die von der Einspruchsführerin eingereichten 
Landeslisten wurden jedoch wegen Fehlens der 
nach § 27 Abs. 1 BWG erforderlichen Unterstüt- 
zungsunterschriften zurückgewiesen. Die gegen 
die Zurückweisung eingelegte Beschwerde 
wurde in der zweiten Sitzung des Bundeswahl- 
ausschusses vom 11. September 1980 zurückge- 
wiesen. 

Die Einspruchsführerin wendet sich in der Be- 
gründung ihres Einspruchs insbesondere gegen 
die auf Seite 6 der Niederschrift aufgeführten 
Gründe zur Zurückweisung dieser Beschwerde. 
Dort heißt es: 

„Zur Verwendung amtlicher Formblätter für 
Unterstützungsunterschriften hat das Bundes- 
verfassungsgericht (BVerfGE 3, 32, 33) ent- 
schieden, daß darin keine durch das Bundes- 
wahlgesetz nicht gedeckte Erschwerung der 
Wahlbewerbung liege. Ob die dabei verwende- 
ten Formblätter geeignet seien, den beabsich- 
tigten Zweck zu erreichen, habe der Gesetzge- 
ber nach seinem Ermessen zu entscheiden und 
unterliege nicht der Nachprüfung durch das 
Bundesverfassungsgericht. 

Die Verwendung eines mit einer Strafandro- 
hung versehenen Formblattes für die Unter- 
stützungsunterschriften hat der Wahlprü- 
fungsausschuß des Deutschen Bundestages als 


zulässig angesehen (Beschlüsse vom 13. Fe- 
bruar 1980, Drucksache 8/3579 Anlagen 11 und 
14).“ 

Gegen die in diesem Absatz gegebene Begrün- 
dung des Bundeswahlausschusses richtet sich in 
erster Linie die Begründung der Einspruchsfüh- 
rerin. Im einzelnen wird ausgeführt, wenn gesagt 
werde, daß das Bundesverfassungsgericht es 
dem Gesetzgeber, also der Legislative, überlasse, 
wie sie das Unterstützungs-Unterschriftenfor- 
mular gestalte, müsse doch der Vorschlag für die 
Umgestaltung der schon über 20 Jahre verwen- 
deten Listen in Einzelformulare sowohl im Bun- 
destag, wie auch im Bundesrat gelesen und durch 
Abstimmung beschlossen werden. Das sei aber 
bis heute nicht der Fall gewesen. Der Beschluß 
des Wahlprüfungsausschusses vom 13. Februar 
1980 reiche nicht aus, den obigen Beschluß zu er- 
setzen. Folglich hätten die Einzelformulare zur 
Bundestagswahl vom 5. Oktober 1980 nicht ver- 
wendet werden können, weshalb es bei den Un- 
terschriften-Listen hätte bleiben müssen. 

Etwa Mitte Juni 1980 habe die ASG mit der 
Sammlung von Unterschriften begonnen, sie 
habe jedoch schnell erkennen müssen, daß die 
„neuen” Formulare bei der Bevölkerung, bei den 
Wählern, auf Widerstand stießen und daß die Zeit 
bis Ende August zu kurz sei, die vorgeschriebene 
Zahl von Unterschriften zu erbringen. Aus die- 
sem Grunde habe sich die Einspruchsführerin 
bereits am 17. Juli 1980 an den Bundeskanzler ge- 
wandt; das Schreiben sei an den Bundesminister 
des Innern weitefgeleitet worden. Entscheidend 
sei jedoch, daß Sachbearbeiter als Verwaltungs- 
beamte keine Gesetzgeber seien, auch nicht der 
Wahlprüfungsausschuß des Bundestages, son- 
dern einzig und allein das Parlament als Legisla- 
tive, wie das Bundesverfassungsgericht festge- 
stellt habe. Der Gesetzgeber sei aber nicht tätig 
geworden. Damit sei die Unterstüzungs-Unter- 
schriftenaktion auf Einzelformularen ungültig. 
Die Einspruchsführerin habe zu Recht verlangt, 
daß sie auch ohne Unterschrift zur Wahl zugelas- 


21 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


sen würde. Die Verweigerung dieses Rechts ma- 
che die ganze Bundestagswahl vom 5. Oktober 
1980 ungültig und sei aus diesem Grunde unter 
Teilnahme der Einspruchsführerin zu wiederho- 
len. 

Der zweite stellvertretende Bundesvorsitzende 
der ASG, Erwin Krümpelmann, hat mit Schrei- 
ben vom 12. November 1980 unter Bezugnahme 
auf den Einspruch des Bundesvorsitzenden, 
Herrn Hermann Krümpelmann, mit allgemeinen 
Ausführungen zur Frage der Verfassungsmäßig- 
keit, insbesondere bezüglich des Grundsatzes der 
Gleichbehandlung, versucht, den Einspruch wei- 
ter zu begründen. Unter Hinweis darauf, daß na- 
tionalen Minderheiten das Erfordernis zusätzli- 
cher Unterschriften erspart werde, wird argu- 
mentiert, seit geraumer Zeit würden den Sozial- 
rentnern und sicherlich einer beachtlichen Zahl 
von beitragszahlenden Arbeitnehmern wichtige 
Grundrechte verweigert, weshalb sie sich aus der 
großen Gemeinschaft der gleichberechtigten 
Bürger ausgestoßen fühlten. Aus diesem Grunde 
erkläre sich die ASG zu „Angehörigen einer na- 
tionalen Minderheit” und nehme deshalb in An- 
spruch: 

Freistellung von der Unterschriften-Beibrin- 
gung (§27 BWG), 

Freistellung von der 5 v. H.-Klausel (§ 6 Abs. 4 
BWG), 

Freistellung von dem Erfordernis eines Min- 
deststimmenanteils für die Erstattung von 
Wahlkampfkosten (§ 22 PartG). 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 34 Abs. 4 bzw. § 39 Abs. 3 und 4 BWO sind 
die gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 27 Abs. 1 BWG er- 
forderlichen Unterschriften auf amtlichen Form- 
blättern zu leisten, die auf Anforderung vom Kreis- 
wahlleiter kostenfrei geliefert werden (§ 34 Abs. 4 
Nr. 1 BWO). Im Kopf dieser Formblätter wird darauf 
hingewiesen, daß jeder Wahlberechtigte mit seiner 
Unterschrift nur einen Kreiswahlvorschlag bzw. nur 


eine Landesliste unterstützen darf und sich nach 
§ 108 d i. V. mit § 107 a StGB strafbar macht, wer 
mehrere Kreiswahlvorschläge bzw. mehrere Lan- 
deslisten unterzeichnet. Die Festlegung einer be- 
stimmten Zahl von Unterschriften von Wahlberech- 
tigten soll dazu dienen, daß sich nur solche „neue“ 
Parteien an der Wahl beteiligen, die in der Öffent- 
lichkeit bereits eine gewisse Anhängerschaft unter 
den Wählern gefunden haben. Darüber hinaus hat 
diese vom Bundesverfassungsgericht für verfas- 
sungsgemäß erklärte Regelung [BVerfGE 3, 19 (31)] 
den Zweck, schon bei der Wahl einer Zersplitterung 
der Stimmen und der Bildung von Zwergparteien 
vorzubeugen [BVerfGE 41, 399, (421)]. 

Diese sich aus den gesetzlichen Bestimmungen er- 
gebenen Ziele können nur dann hinreichende Aus- 
sicht auf Erfolg haben, wenn sie auch strafbewehrt 
sind. 

Wenn die Einspruchsführerin unter Berufung auf 
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 
die Auffassung vertritt, Bundestag und Bundesrat 
hätten über die Umgestaltung der Unterstützungs- 
formulare befinden müssen, so verkennt sie, daß das 
Bundesverfassungsgericht mit seiner Formulierung 
„ob sie (gemeint sind die Regelungen bezüglich der 
Unterschriften für Wahlvorschläge) geeignet sind, 
den beabsichtigten Zweck zu erreichen, hat der Ge- 
setzgeber nach seinem Ermessen zu entscheiden” 
[BVerfGE 3, 19, (33)] lediglich auf die Erreichung des 
beabsichtigten Zwecks abstellt, das Gericht jedoch 
nicht entschieden hat, daß es zur Regelung dieser 
Frage eines formellen Gesetzes bedürfe. Eine Rege- 
lung durch eine Verordnung, d. h. durch ein Gesetz 
im materiellen Sinne, ist daher zulässig. 

Da somit die Zurückweisung der Landeslisten der 
Einspruchsführerin durch den Bundeswahlaus- 
schuß nicht zu beanstanden ist, war der Einspruch 
im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich 
unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 10 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 24/80 — des Unterbezirks 
St Wendel der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Landes- 
verband Saar, vertreten durch den stellvertretenden Unterbezirks- 
vorsitzenden Herrn Armin Lang, wohnhaft: Hospitalstraße 41a, 

6690 St. Wendel, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 16. Oktober 1980 hat der 
Landesverband Saar der Sozialdemokratischen 
Partei Deutschlands, Unterbezirk St. Wendel, 
Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 
9. Deutschen Bundestag im Wahlkreis 247 St. 
Wendel/Saar eingelegt. 

Zur Begründung wird ausgeführt, ein richtiges 
Ergebnis sei in diesem Wahlkreis bisher nicht 
festgestellt worden. Im Gegensatz zur Mehrheits- 
meinung des Kreiswahlausschusses habe der 
Kreiswahlleiter auf der Basis eines Minderhei- 
tenvotums ein „amtliches Endergebnis’’ verkün- 
det. Die Widersprüchlichkeit der Situation werde 
im Protokoll des Kreiswahlausschusses deut- 
lich. 

Es wird beantragt, ein Wahlprüf ungs verfahren 
im Wahlkreis 247 einzuleiten und anzuordnen, 
daß zumindestens in den Wahlbezirken mit er- 
heblichen Unregelmäßigkeiten eine Neuwahl 
durchgeführt werde. 

Zur Information wird dem Einspruch noch beige- 
fügt: 

a) das Protokoll des Kreiswahlausschusses, 

b) eine Dokumentation weiterer Unregelmäßig- 
keiten im Wahlkreis 247, 

c) eine Zusammenstellung von Aussagen aus 
dem Kreiswahlausschuß und die Begründung 
der Ablehnung der endgültigen Festlegung 
des Wahlergebnisses, 

d) der diesbezügliche Beschluß des SPD-Unter- 
bezirksvorstandes St. Wendel. 

In den beigefügten Anlagen wird auf einige Män- 
gel und Unkorrektheiten bei der Wahl mit Wahl- 
maschinen hingewiesen, die zu Differenzen hin- 
sichtlich der abgegebenen Stimmen führten. 


Mit Schreiben vom 26. November 1980 hat der 
Landeswahlleiter für das Saarland zu der Ein- 
spruchsbegründung Stellung genommen und 
u. a. ausgeführt, die Behauptung des Einspruchs- 
führers, wonach ein richtiges Endergebnis im 
Wahlkreis St. Wendel bisher nicht festgestellt 
worden sei, sei unzutreffend. Wie sich aus der 
Niederschrift des Kreiswahlausschusses ergebe, 
habe dieser nach Einsichtnahme in die Nieder- 
schriften der Wahlvorstände gemäß § 41 Abs. 1 
des Bundeswahlgesetzes (BWG) sowohl ein end- 
gültiges zahlenmäßiges Gesamtabstimmungser- 
gebnis als auch ein personelles endgültiges Wahl- 
ergebnis im Wahlkreis ermittelt und festgestellt. 
Anstände, die sich bei der Überprüfung der Nie- 
derschriften der Wahlvorstände und der in der 
Feststellungsverhandlung vorliegenden Stimm- 
zettel ergeben hätten, seien soweit wie möglich 
aufgeklärt und berichtigt worden. Nicht aufzu- 
klärende Differenzen hinsichtlich des Zweitstim- 
menergebnisses seien in der Niederschrift des 
Kreiswahlausschusses vermerkt und in der Fest- 
stellungsentscheidung des Landeswahlausschus- 
ses hinsichtlich des endgültigen Ergebnisses der 
Lande slistenwahl entsprechend berücksichtigt 
worden. 

Der nach der mündlichen Bekanntgabe des 
Wahlergebnisses im Wahlkreis durch den Kreis- 
wahlleiter gestellte Antrag, das ermittelte Ergeb- 
nis als nicht richtig festzustellen, sei seines Er- 
achtens von dem Vorsitzenden im Hinblick auf 
die sich aus § 41 Abs. 1 BWG ergebende Feststel- 
lungsverpflichtung des Kreiswahlausschusses zu 
Recht nicht zur Abstimmung zugelassen worden. 
Mit der mündlichen Bekanntgabe sei das Wahl- 
ergebnis im Wahlkreis formell existent mit der 
Folge, daß alle Beteiligten an die Feststellungen, 
soweit sie das Erststimmenergebnis betroffen 
hätten, gebunden gewesen seien. 

Eine erneute Überprüfung sei unter den gegebe- 
nen Voraussetzungen nicht mehr möglich. 


23 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Im übrigen wird mitgeteilt, daß mit Ausnahme 
der in der Niederschrift aufgeführten Anstände, 
keine Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang 
mit der Durchführung der Wahl im Wahl- 
kreis 247 St. Wendel bekanntgeworden seien. Der 
vom SPD-Unterbezirk St Wendel erhobene Ein- 
spruch sei daher s. E. als unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Aus der Niederschrift über die Sitzung des Lan- 
deswahlausschusses zur Ermittlung und Fest- 
stellung des Wahlergebnisses im Saarland ergibt 
sich, daß der Landeswahlausschuß für den Wahl- 
kreis 247 St Wendel Unstimmigkeit zwischen der 
Zahl der Wähler und der Zahl der gültigen und 
ungültigen Zweitstimmen festgestellt hatte. 
Dazu wurde vom Landeswahlausschuß folgende 
Entscheidung getroffen; 

„Die vom KWA (Kreiswahlausschuß) festge- 
stellten Zahlen sind zu übernehmen. Eine rech- 
nerische Berichtigung ist nicht zulässig.“ 

Aus der Niederschrift über die Sitzung des Kreis- 
wahlausschusses zur Ermittlung und Feststel- 
lung des Wahlergebnisses im Wahlkreis 247 — 
St Wendel — sind die einzelnen Beanstandun- 
gen bzw. Bedenken hinsichtlich der Durchfüh- 
rung der Wahl im Wahlkreis 247 aufgeführt 
Nach den Feststellungen des Kreiswahlleiters er- 
gab sich danach, daß in einer Vielzahl von Fällen 
die vorgeschriebene Übergabe der Wahlunterla- 
gen nicht ordnungsgemäß bescheinigt wurde. 
Der Kreiswahlleiter teilte ferner mit, daß in der 
Niederschrift der Wahlvorstände vorgesehene 
Zwischensummen vielfach falsch eingetragen 
worden seien und die der Niederschriften beige- 
fügten Stimmzettel nur in den seltensten Fällen 
entsprechend den Vorschriften des § 69 Abs. 6 der 
Bundeswahlordnung (BWO) gekennzeichnet 
worden seien. 

Aus dem Vortrag des Kreiswahlleiter ergibt sich 
dann weiter folgendes: 

Die Wahlniederschriften der Bezirke mit Stim- 
menzählgeräten hätten Differenzen aufgezeigt, 
die sich nicht hätten klären lassen. Es habe in 
keinem Fall zur Veränderung der in den Zähl- 
werken ausgewiesenen gültigen Stimmen im 
Vergleich zu den auf die Parteien entfallenden 
Stimmen geführt. Dies gelte sowohl für die Erst- 
ais auch für die Zweitstimmen. Unstimmigkeiten 
dieser Art seien festgestellt worden bei der 
Kreisstadt St Wendel und der Gemeinde Schiff- 
weiler. Die Zahl der ungültigen Stimmen habe in 
der Gemeinde Schiffweiler aus der Niederschrift 
nicht exakt hergeleitet werden können. Dies 
habe zu Verschiebungen zwischen der Zahl der 
Wähler einerseits und der Stimmenzahl der gülti- 
gen und ungültigen andererseits im Vergleich 
mit der Zahl der Wähler der Erst- und Zweitstim- 
men geführt. Im einzelnen handele es sich um 
folgende Unstimmigkeiten: 

a) In der Kreisstadt St. Wendel liege die Zahl der 
eingetragenen Wähler um zehn niedriger als 
die Zahl der abgegebenen Stimmen. Bei den 
abgegebenen Zweitstimmen liege Identität 


zwischen Vermerken im Wählerverzeichnis 
und abgegebenen Stimmen vor. Gründe für 
diese Unstimmigkeit seien in der Wahlnieder- 
schrift nicht angegeben. 

b) In der Gemeinde Schiffweiler liege die Zahl 
der in der Niederschrift eingetragenen Wäh- 
ler um fünf niedriger als die Zahl der abgege- 
benen Erststimmen. 

Die Zahl der in der Niederschrift eingetrage- 
nen Wähler liege jedoch um 29 höher als die 
Zahl der abgegebenen Zweitstimmen. 

Über die vorliegenden Unstimmigkeiten ent- 
halte die Wahlniederschrift keinen Vermerk. 

c) Im Wahlbezirk Stennweiler liege die Zahl der 
in der Niederschrift eingetragenen Wähler 
um 36 niedriger als die Zahl der abgegebenen 
Erststimmen. 

Da in der Spalte E 2 über das Führen einer Zähl- 
liste keine Angaben gemacht worden seien, 
könnten die 39 ungültigen Zweitstimmen nicht 
aufgeklärt werden. Es sei daher nur von drei un- 
gültigen Zweitstimmen auszugehen. Insoweit 
könnten die von der Gemeindebehörde gemach- 
ten Angaben über die ungültigen Stimmen durch 
den Kreiswahlleiter nicht bestätigt werden. 

Da im Kreiswahlausschuß Einigkeit über die 
Ausführungen des Kreiswahlleiters nicht erzielt 
werden konnte, wurde die Sitzung auf den 13. Ok- 
tober 1980 vertagt. In der Niederschrift wird fest- 
gehalten, daß im Verlauf des vorangegangenen 
Freitag die noch fehlenden Stimmzettel von den 
Gemeinden angefordert worden seien. Im An- 
schluß an diese Feststellungen habe der Kreis- 
wahlausschuß in alle Niderschriften, mit Aus- 
nahme der Wahlbezirke mit Stimmzählgeräten 
und der Stadt Ottweiler, Einsicht genommen. Es 
wird dann im einzelnen ausgeführt, welche Bean- 
standungen der Kreiswahlausschuß festgestellt 
hat. Dabei handelt es sich im wesentlichen um 
falsche Eintragungen, die zu einer Diskrepanz 
zwischen den Summen der vorhandenen Stimm- 
zettel und der Zahl der angegebenen Wähler 
führten. 

Mit Schreiben vom 25. März 1981 hat der Kreis- 
wahlleiter des Wahlkreises 247 ergänzend zu den 
Ergebnissen in diesem Wahlkreis Stellung ge- 
nommen und die gemäß § 72 Abs. 3, § 75 Abs. 6, 
§ 76 Abs. 1 und 6, § 77 Abs. 1, § 78 Abs. 4 BWO nach 
dem Muster der Anlage 29 der BWO zu erstel- 
lende Zusammenstellung der Wahlergebnisse in 
Fotokopie übermittelt. Auf Seite 19 der Zusam- 
menstellung ist das Endergebnis des Wahlkrei- 
ses 247 ersichtlich. Aus dieser Darstellung ergibt 
sich, daß die Zahl der Wähler (gültige und ungül- 
tige Stimmen) zwischen den Erst- und Zweitstim- 
men um 80 differiert. Von diesen 80 Stimmen ent- 
fallen 51 Stimmen auf die Erststimmen und die 
restlichen 29 Stimmen auf die Zweitstimmen. 
Diese Differenzen, so wird in der Stellungnahme 
des Kreiswahlleiters ausgeführt, seien in Wahl- 
bezirken aufgetreten, in denen Stimmenzählge- 
räte eingesetzt gewesen seien. In den Wahlbezir- 
ken Niederlinxweiler gehe es um 10 Stimmen, in 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Heiligenwald um 5 und in Stennweiler um 
36 Stimmen, insgesamt somit um 51 mehr abge- 
gebene Erststimmen als nach den Eintragungen 
in der Wähler niederschrift aufgrund der ange- 
brachten Stimmvermerke in den Wählerver- 
zeichnissen hätten abgegeben werden dürfen. 

In den Wahlbezirken Niederlinxweiler und 
Stennweiler stimme die Zahl der Wähler bei den 
Zweitstimmen nach den Zählgeräten der Wahl- 
maschinen mit den in der Niederschrift angege- 
benen Stimmvermerken laut Wählerverzeichnis 
überein. 

Lediglich im Wahlbezirk Schiffsweiler liege 
keine Übereinstimmung vor zwischen den der 
Niederschrift zu entnehmenden Angaben über 
die abgegebenen Stimmvermerke im Wählerver- 
zeichnis und der nach dem Wahlgerät erfaßten 
Zahl der abgegebenen Zweitstimmen, da der Ver- 
gleich dieser Zahlen eine Differenz von 29 Zweit- 
stimmen ausweise. 

Die insgesamt 51 zu viel abgegebenen Erststim- 
men und die 29 zu wenig abgegebenen Zweitstim- 
men, bezogen auf die in den Niederschriften an- 
gegebenen Eintragungen über die Stimmver- 
merke im Wählerverzeichnis, ergeben die 
Zahl 80. 

Da die entsprechenden Niederschriften über 
diese Differenzen keinen Hinweis enthielten, 
hätte nicht festgestellt werden können, ob es sich 
um menschliches Versagen oder um technische 
Pannen bei der Bedienung der Wahlmaschinen 
gehandelt habe. Die Aufteilung der gültigen 
Stimmen auf die einzelnen Parteien sei sowohl 
bei den Erst- als auch den Zweitstimmen jeweils 
identisch mit der Gesamtzahl der in den Wahl- 
maschinen nachgewiesenen gültigen und den in 
den Niederschriften festgehaltenen Stimmen. 

Aufgrund der amtlichen Mitteilung des Bundes- 
wahlleiters entfielen im Wahlkreis St. Wendel 
von den abgegebenen 153416 gültigen Erststim- 
men 72 053 auf den Bewerber der SPD, 72 384 auf 
den Bewerber der CDU, 5904 auf den Bewerber 
der FDP; 687 Stimmen entfielen auf sonstige Be- 
werber, ungültig waren 2 388 Stimmen. 

Von den 151 323 abgegebenen gültigen Zweitstim- 
men entfielen auf die SPD 70014, auf die CDU 
70293, auf die FDP 8818, auf übrige 2198 Stim- 
m_en, während 2 013 Stimmen als ungültig ausge- 
wiesen werden. 

In der vom Statistischen Bundesamt Wiesbaden 
herausgegebenen Übersicht über die endgültigen 
Ergebnisse nach Wahlkreisen wird bei den ange- 
gebenen ungültigen und gültigen Zweitstimmen 
in einer Fußnote vermerkt; 

„Summe der ungültigen und gültigen Zweit- 
stimmen liegt wegen nicht aufklärbarer Un- 
stimmigkeiten bei eingesetzten Stimmenzähl- 
geräten um 80 niedriger als die Zahl der Wäh- 
ler insgesamt.” 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 


des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- 
gerichts zu Wahleinsprüchen gegen die Gültigkeit 
von Bundestagswahlen vermögen nur solche Wahl- 
fehler einen Wahleinspruch zu begründen, die auf 
die Mandatsverteilung von Einfluß waren oder hät- 
ten sein können. Infolgedessen scheiden alle Ver- 
stöße von vornherein als unerheblich aus, die das 
Wahlergebnis nicht berühren. Aber auch solche 
Wahlfehler, die das Wahlergebnis betreffen, sind 
dann unerheblich, wenn sie angesichts des Stimm- 
verhältnisses keinen Einfluß auf die Mandatsvertei- 
lung haben können [seit BVerfGE 4, 370 (372 f) stän- 
dige Rechtsprechung, der sich der Bundestag in 
ständiger Praxis angeschlossen hat]. 

Bezüglich der Erststimmen konnten die nichtauf- 
klärbaren Unstimmigkeiten keinen Einfluß auf die 
Wahl des Direktbewerbers haben, da der Bewerber 
der CDU 331 Stimmen mehr erhielt als der Bewer- 
ber der SPD, Dies gilt um so mehr aufgrund der 
Feststellung des Kreiswahlleiters, die Aufteilung 
der gültigen Stimmen auf die einzelnen Parteien sei 
sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen 
jeweils identisch mit der Gesamtzahl der in den 
Wahlmaschinen nachgewiesenen gültigen und in 
den Niederschriften festgehaltenen Stimmen, und 
daß es sich bei den nicht aufklärbaren Differenzen 
zwischen der Zahl der Wähler und den abgegebenen 
Stimmen bei den Erststimmen nur um 51 Stimmen 
handelt. 

Aber auch die Unstimmigkeiten bei den Zweistim- 
men haben angesichts des Stimmenverhältnisses 
keinen Einfluß auf die Mandatsverteilung. Nach den 
Berechnungen des Bundeswahlleiters hätte durch 
Los entschieden werden müssen, ob ein Sitz der 
FDP oder der CDU zugefallen wäre, wenn die FDP, 
bei Status quo im übrigen, 131 Stimmen mehr, oder 
die CDU, bei Status quo im übrigen, 428 Stimmen 
weniger erhalten hätte. Da nur 29 Zweitstimmen 
nicht auf klärbar waren, muß festgestellt werden, 
daß diese aufgrund der Berechnungen des Bundes- 
wahlleiters keinen Einfluß auf die Mandatsvertei- 
lung im 9. Deutschen Bundestag haben konnten. 
Dies gilt erst recht bei einem Vergleich der erforder- 
lichen Stimmverschiebung um ein Mandat von der 
CDU zur SPD. Danach hätte nach den Berechnun- 
gen des Bundeswahlleiters die SPD 13 147 Stimmen 
mehr erhalten müssen und die CDU 10495 weni- 
ger. 

Obwohl der festzustellende Wahlmangel keinen Ein- 
fluß auf das Wahlergebnis insgesamt gehabt hat, 
hält der Wahlprüfungsausschuß es für erforderlich, 
darauf hinzuweisen, daß auch die Landeswahlleiter 
im Rahmen der Vorbereitung der Wahl die Wahlvor- 
steher auf die Beachtung der gesetzlichen wahl- 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


rechtlichen Bestimmungen hinweisen, damit derar- 
tige Fehler für die Zukunft weitgehend vermieden 
werden. 

Aus den dargelegten Gründen war jedoch der Ein- 
spruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offen- 
sichtlich unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


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Anlage 11 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 25/80 — der Frau 
Irma Eberhard, wohnhaft: Liegnitzer Straße 35, 6900 Heidelberg, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen. 


Tatbestand 

Mit Schreiben vom 7. Oktober 1980 hat die Ein- 
spruchsführerin die Bundestagswahl vom 5. Okto- 
ber 1980 „wegen wissentlicher und vorsätzlicher 
Falschbeurkundung des Wahlregisters hinsichtlich 
der durch diese wissentliche und vorsätzliche Ver- 
brechensbegehung unterbliebenen Eintragung mei- 
ner Person im Wahlregister und damit der durch 
diese wissentliche und vorsätzliche Verbrechenslei- 
stung bewirkten Nichtzulassung meiner Person zu 
dieser Bundestagswahl“ angefochten. 

Die Stadt Heidelberg — Kreiswahlleiter — hat mit 
Schreiben vom 21. Oktober 1980 den Einspruch dem 
Deutschen Bundestag zugeleitet. Diesem Schreiben 
ist in Kopie eine Mitteilung des Amtsgerichts Hei- 
delberg vom 30. September 1976 — Az. 41 VII E 
769/72 — an die Stadtverwaltung Heidelberg beige- 
fügt. Danach ist Frau Irma Eberhard, Heidelberg, 
Liegnitzer Str. 35, durch Beschluß des Landgerichts 
Heidelberg vom 13. April 1976 — 4 T 10/73 — wegen 
Geistesschwäche rechtswirksam entmündigt wor- 
den. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist jedoch unzuläs- 
sig. 


Nach § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) ist 
vom Wahlrecht ausgeschlossen, wer entmündigt ist 
oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft 
steht, sofern er nicht durch eine Bescheinigung des 
Vormundschaftsgerichts nachweist, daß die Pfleg- 
schaft auf Grund seiner Einwilligung angeordnet ist. 
Die Einspruchsführerin ist durch Beschluß des 
Landgerichts Heidelberg vom 13. April 1976 rechts- 
wirksam entmündigt worden und somit nicht wahl- 
berechtigt. 

Gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes können 
nur Wahlberechtigte wirksam Einspruch gegen die 
Gültigkeit einer Bundestagswahl einlegen. Da die 
Einspruchsführerin gern. § 13 Nr. 2 BWG vom Wahl- 
recht ausgeschlossen ist, konnte ihr Schreiben vom 
7. Oktober 1980 nicht als Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag gewertet 
werden. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußffassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 12 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 27/80 der Frau 
Klothilde Tiberia, wohnhaft: Fasanenweg 67, 6620 Völklingen, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1980 an den Ober- 
bürgermeister der Mittelstadt Völklingen hat die 
Einspruchsführerin mitgeteilt, als sie in dem für 
sie zuständigen Wahllokal — Bezirk 29 — ihre 
Stimme habe abgeben wollen, sei ihr von einem 
der dort zuständigen Herren erklärt worden, ihre 
„Stimme sei ungültig, weil bereits eine Briefwahl 
vorläge“. Da sie aber keine Briefwahl vorgenom- 
men und der betreffende Herr ihren Wahlum- 
schlag vernichtet habe und sie somit an der Aus- 
übung ihres Wahlrechts gehindert worden sei, 
fechte sie die Wahl an. 

Der Oberbürgermeister der Mittelstadt Völklin- 
gen hat den Einspruch mit Schreiben vom 15. Ok- 
tober 1980 über den Kreiswahlleiter des Wahl- 
kreises 245 — Saarbrücken II — dem Landes- 
wahlleiter für das Saarland zugeleitet und dazu 
berichtet, der Wahlvorsteher des zuständigen 
Wahlbezirkes habe auf Befragen mitgeteilt, Frau 
Tiberia sei zur Stimmabgabe nicht zugelassen 
worden, weil hinter ihrem Namenseintrag ein 
Briefwahl-Vermerk angebracht gewesen sei. 
Eine Klärung mit dem Wahlbüro, ob tatsächlich 
Briefwahlunterlagen ausgestellt worden seien, 
habe nicht sofort vorgenommen werden können, 
weil der Wahlvorstand zu diesem Zeitpunkt nur 
mit drei Personen besetzt gewesen sei und sich 
das Telefon für Rückfragen in einem anderen 
Raum befunden habe. Frau Tiberia sei auf die ge- 
setzliche Vorschrift hingewiesen worden, wo- 
nach der Wahlvorstand während der Wahlhand- 
lung mit mindestens drei Personen besetzt sein 
müsse und aus diesem Grunde eine sofortige 
Klärung nicht vorgenommen werden könne. Sie 
sei daraufhin vom Wahlvorsteher gegen 
15.00 Uhr gebeten worden, sich wegen des fragli- 
chen Briefwahl-Vermerkes direkt an das Wahl- 
büro der Stadt Völklingen zu wenden, was sie je- 
doch nicht getan habe. Nach erneuter Vorsprache 
von Frau Tiberia im Wahlbezirk gegen 19.00 Uhr 
habe eine Stimmabgabe aus den gesetzlichen 
Gründen (Ende der Wahlhandlung 18.00 Uhr) 
nicht mehr erfolgen können. 


Eine nachträgliche Überprüfung im Wahlbüro 
habe ergeben, daß der Briefwahl-Vermerk eine 
Zeile zu hoch angebracht gewesen und Frau Ti- 
beria somit irrtümlich als Briefwählerin ausge- 
wiesen worden sei. 

Der Landeswahlleiter hat mit Schreiben vom 
21. Oktober 1980 den Einspruch und die Stellung- 
nahme des Oberbürgermeisters der Mittelstadt 
Völklingen dem Deutschen Bundestag zugelei- 
tet. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. la Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

E nt scheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtich unbegründet. 

Gemäß § 30 der Bundeswahlordnung (BWO) wird im 
Wählerverzeichnis in der Spalte für den Vermerk 
über die Stimmabgabe „Wahlschein“ oder „W“ einge- 
tragen, wenn ein Wahlberechtigter einen Wahl- 
schein erhalten hat. 

Wie aus der Stellungnahme des Oberbürgermeisters 
der Mittelstadt Völklingen ersichtlich ist, wurde der 
Briefwahlvermerk eine Zeile zu hoch angebracht 
und somit irrtümlich die Einspruchsführerin als 
Briefwählerin ausgewiesen und damit zu Unrecht 
von der Teilnahme an der Bundestagswahl ausge- 
schlossen. Aufgrund des „Sperrvermerks“ kann 
nämlich der Wahlberechtigte nur noch mit einem 
Wahlschein wählen. 

Obwohl aufgrund der Stellungnahme des Oberbür- 
germeisters der Mittelstadt Völklingen feststeht, 
daß die Einspruchsfüherin wegen eines Wahlfehlers 
vom Wahlrecht ausgeschlossen wurde, kann ihr Ein- 
spruch keinen Erfolg haben; dabei ist es unerheb- 
lich, ob der Einspruchsführerin zugemutet werden 
konnte, der Anregung des Wahlvorstehers zu folgen 


29 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


und sich direkt an das Wahlbüro der Stadt Völklin- 
gen zu wenden. 

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- 
gerichts zu Wahleinsprüchen gegen die Gültigkeit 
von Bundestagswahlen vermögen nämlich nur sol- 
che Wahlfehler einen Wahleinspruch zu begründen, 
die auf die Mandatsverteilung von Einfluß waren 
oder hätten sein können. Infolge dessen scheiden 
alle Verstöße von vornherein als unerheblich aus, 
die auf das Wahlergebnis keinen Einfluß gehabt ha- 
ben. Aber auch solche Wahlfehler, die das Wahler- 
gebnis betreffen, sind dann unerheblich, wenn sie 
angesichts des Stimmverhältnisses keinen Einfluß 
auf die Mandatsverteilung haben können [seit 
BVerfGE 4, 370 (372 f.) ständige Rechtsprechung des 
Bundesverfassungsgerichts, der sich der Bundestag 
angeschlossen hat]. 


Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


30 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 13 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 28/80 des Herrn Gerhard 
Baeyer, wohnhaft: Hermann-Herder-Straße 8, 7800 Freiburg i.Br., 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1980 an den Deut- 
schen Bundestag hat der Einspruchsführer „ge- 
gen die Art und Weise der Durchführung der 
Wahl zum Deutschen Bundestag 1980 — für den 
Raum Konstanz-Baden-Württemberg nach- 
drücklich Einspruch“ eingelegt. Er mache als 
Strafgefangener, der die materiellen Wahlbe- 
rechtigungsvoraussetzungen erfülle, geltend, daß 
er während seines Zwangsaufenthaltes (Verle- 
gungsschub) in der Vollzugsanstalt Konstanz 
keine Gelegenheit erhalten habe, vom Wahlrecht 
Gebrauch zu machen. 

Da er von seinem Vermieter gegen seinen Willen 
in Freiburg i. Br. „von amtswegen nach unbe- 
kannt abgemeldet worden“ sei und er jegliche 
Fehlerquellen bezüglich örtlicher und sachlicher 
Zuständigkeit von vornherein habe ausschalten 
wollen, habe er den anstaltsinternen Weg der 
Amts- und Rechtshilfe für Wahl-Streitfragen, 
nämlich der Abgabe von Rapportscheinen, am 
12, September 1980 und am 30. September 1980 
gewählt. Der Beamte, der seinen Rapportschein- 
antrag entgegengenommen habe, heiße Dudei. 
Es sei seines Erachtens in Konstanz möglich ge- 
wesen, ihm in der dortigen Anstalt Wahlscheine 
auszuhändigen. Weiter W'eist der Einspruchsfüh- 
rer in einem Fragesatz darauf hin, es wäre nicht 
uninteressant zu prüfen, ob vielleicht deshalb das 
Interesse der Anstalt gering gewesen sei, weil er 
niemals ein Geheimnis daraus gemacht habe, 
daß er SPD-Wähler sei. „Eine gründliche Über- 
prüfung skandalöser Vorgänge in Konstanz wäre 
empfehlenswert! Viele Gefangene be- 
klagten sich dort nämlich bitter über Wahlrechts- 
behinderungen!“ 

Auf Aufforderung des Wahlprüfungsausschusses 
hat die Vollzugsanstalt Konstanz mit Schreiben 
vom 24. Oktober 1980 zu dem Vorbringen des Ein- 
spruchsführers wie folgt Stellung genommen: 

„Der Einspruch des Gefangenen Gerhard 

Baeyer ist in sich unverständlich. 


Herr Gerhard Baeyer, geb. am 27. April 1951, 
war am 4. Mai 1980 festgenommen und am 
14. Mai 1980 in die Vollzugsanstalt Freiburg 
überstellt worden. Wegen eines Hauptverhand- 
lungstermines beim Amtsgericht Konstanz am 
2. Oktober 1980 wurde er am 29, September 
1980 von der Vollzugsanstalt Freiburg in die 
Vollzugsanstalt Konstanz überstellt und am 
6, Oktober 1980 nach Freiburg zurückgebracht. 
Erst seit dem 3. November 1980 befindet er sich 
wieder in der Vollzugsanstalt Konstanz als Un- 
tersuchungsgefangener. Am 12. September 
1980 will er sich bei einem Beamten namens 
‘Dudei’ in der Vollzugsanstalt Konstanz gemel- 
det haben. Dies kann angesichts der obigen 
Daten nicht zutreffen; im übrigen war der So- 
zialarbeiter in Konstanz, Herr Duddey, im Sep- 
tember nicht in der Vollzugsanstalt Konstanz, 
Am 30. September 1980 hat sich Herr Baeyer 
tatsächlich bei einem Beamten in der Anstalt 
Konstanz mündlich gemeldet wegen der Teil- 
nahme an der Wahl, er wollte sich in das Wäh- 
lerverzeichnis eintragen lassen. Ein Rückruf 
bei dem Sachbearbeiter der Stadtverwaltung 
Konstanz ergab jedoch die ohnehin bekannte 
Tatsache, daß es hierfür zu dem genannten 
Zeitpunkt wesentlich zu spät war. 

Es wäre Herrn Baeyer unbenommen geblie- 
ben, sich in der für ihn zuständigen Vollzugs- 
anstalt, in der er sich bis zum 29. September 
1980 auf gehalten hat, rechtzeitig um die Teil- 
nahme an der Wahl zu kümmern.“ 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 3 gilt als Wohnung im Sinne 
des § 12 Abs. 1 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) 
für Wahlberechtigte im Vollzug gerichtlich angeord- 
neter Freiheitsentziehung die Anstalt oder die ent- 
sprechende Einrichtung. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 der 
Bundeswahlordnung (BWO) sind von Amts wegen in 
das Wählerverzeichnis die Wahlberechtigten einzu- 
tragen, die am 35. Tage vor der Wahl (Stichtag) bei 
der Meldebehörde für eine Justizvollzugsanstalt 
oder eine entsprechende Einrichtung (§ 12 Abs. 4 
Nr. 3 BWG) gemeldet sind. 

Da der Einspruchsführer erst am 29. September 1980 
in die Vollzugsanstalt Konstanz verlegt wurde, 
konnte er nicht von Amts wegen gemäß § 16 Abs. 1 
BWO in das Wählerverzeichnis der Gemeinde Kon- 
stanz eingetragen werden. Als er am 30. September 
1980 die Eintragung in das Wählerverzeichnis der 
Gemeinde Konstanz erbat, war die Frist des § 18 
Abs. 1 Satz 1 BWO bereits verstrichen, da ein An- 
trag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis 
schriftlich bis spätestens zum 21. Tage vor der Wahl 
bei der zuständigen Gemeindebehörde zu stellen ist. 
Aus der Stellungnahme der Vollzugsanstalt Kon- 
stanz und den dort angegebenen Daten ergibt sich, 
daß ein entsprechendes Begehren am 12. September 
1980 jedenfalls nicht in der Vollzugsanstalt Kon- 
stanz seitens des Einspruchsführers vorgebracht 
worden sein kann. 

Zwar kann nicht absolut ausgeschlossen werden, 
daß in der Vollzugsanstalt Freiburg, wo sich der Ein- 
spruchsführer bis zum 29. September 1980 auf hielt, 
die an sich notwendige Aufklärung der Insassen der 


Vollzugsanstalt bezüglich der Möglichkeiten zur 
Teilnahme an der Bundestagswahl unterblieben ist, 
der Einspruchsführer selbst hätte jedoch die Ver- 
pflichtung gehabt, wenn er an der Wahl teilnehmen 
wollte, sich rechtzeitig um die Eintragung in ein 
Wählerverzeichnis und ggf. um die Ausstellung ei- 
nes Wahlscheines zu bemühen. 

Auch wenn unterstellt werden kann, daß ein Wahl- 
fehler seitens der Justizvollzugsanstalt Freiburg 
nicht völlig ausgeschlossen werden kann, ist der 
Einspruch jedoch offensichtlich unbegründet, da er 
angesichts des Stimmverhältnisses keinen Einfluß 
auf die Mandatsverteilung haben konnte [seit 
BVerfGE 4, 370 (372 f.) ständige Rechtsprechung des 
Bundesverfassungsgerichts, der sich der Deutsche 
Bundestag angeschlossen hat]. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 14 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 38/80 — des Herrn 
Niels-Uwe Rieck, wohnhaft: Kiwittsmoor 39, 2000 Hamburg, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 25. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt. 
Zur Begründung seines Einspruchs trägt er 
vor: 

a) Der Kreiswahlvorschlag der Partei DIE GRÜ- 
NEN im Bundestagswahlkreis Hamburg- 
Wandsbek sei rechtswidrig vom Kreiswahl- 
ausschuß und vom Landeswahlausschuß 
Hamburg abgelehnt worden. 

Dieser Verstoß sei bedeutsam, da ein Wahler- 
gebnis nicht vorhersehbar sei bei fehlender 
Teilnahme eines Bewerbers. Aus diesem 
Grunde handele es sich um einen schwerwie- 
genden Eingriff in das Wahl verfahren. 

Er beantragt daher die Wiederholung der 
Wahlen mit Erst- und Zweitstimmen im Wahl- 
kreis 16 — Hamburg-Wandsbek, 

b) Der Einspruchsführer rügt ferner, die nicht 
im Deutschen Bundestag bereits vertretenen 
Parteien, die sich zur Wahl gestellt hätten, 
seien bei der Berichterstattung in den öffent- 
lich-rechtlichen Anstalten wie in den staatli- 
chen Zeitungen, insbesondere im „Parla- 
ment”, nicht hinreichend berücksichtigt wor- 
den; besonders gelte dies für die Zeit der 
Wahlvorbereitung. In den Wahlprogrammen 
der nationalen Fernsehanstalten seien diese 
Parteien kaum berücksichtigt worden. Selbst 
in einer Spezialsendung der ARD über die 
nicht im Bundestag vertretenen Parteien 
seien nicht alle berücksichtigt worden, deren 
Landeslisten zugelassen worden seien. 
Ferner seien sie bei Wahlhearings und Inter- 
views nicht angemessen zugelassen worden. 
Ungeachtet fehlender feststehender Maß- 
stäbe über die Medienwirkung in der For- 
schung stelle dies eine Wahlbehinderung dar, 
die auch eine Parlamentssitz-Verschiebung 
zu Folge haben könnte. 


c) Weiter rügt der Einspruchsführer, in Gefäng- 
nissen sei die Wahlfreiheit beeinträchtigt 
worden. Dies zeige sich daran, daß die in 
Strafhaft einsitzenden Kandidaten durch 
mangelnde Urlaubsgewährung u. a. in ihrer 
Arbeit behindert worden seien. Auch seien 
Wahlveranstaltungen in Gefängnissen, so in 
Fuhlsbüttel, verhindert worden. 

d) Ferner macht der Einspruchsführer geltend, 
die neue Form der Erbringung der Unterstüt- 
zungsunterschriften auf Einzelblättern er- 
schwere die Möglichkeit der Wahlteilnahme. 
So hätten nur sechs Parteien die geforderte 
Anzahl von Unterschriften erbringen können. 
Darin liege eine schwere Wahlbehinderung, 
die die Gültigkeit der Wahl in Frage stelle. 

e) Ferner trägt der Einspruchsführer vor, die So- 
zialliberale Partei Deutschlands sei als Partei 
vom Bundeswahlausschuß nicht zur Bundes- 
tagswahl zugelassen worden. Da die Nichtzu- 
lassung lediglich aus formellen Gründen er- 
folgte, stelle sie einen schwerwiegenden Ein- 
griff in die Wahlfreiheit dar. 

f) Schließlich bittet der Einspruchsführer um 
eine Wiederholung der Wahl im Wahlkreis St. 
Wendel aufgrund des knappen strittigen 
Wahlergebnisses in diesem Wahlkreis (vgl. 
Wahleinspruch WP 24/80, Anlage 10). 

In der vom Wahlprüfungsausschuß angeforder- 
ten Stellungnahme des Landeswahlleiters der 
Freien und Hansestadt Hamburg vom 22. Dezem- 
ber 1980 wird zu dem Vorbringen des Einspruchs- 
führers Stellung genommen. Soweit der Ein- 
spruchsführer die Nichtzulassung des Kreisvor- 
schlages DIE GRÜNEN rügt, werden die Nieder- 
schriften der Sitzungen des Landeswahlaus- 
schusses und des Kreiswahlausschusses mit aus- 
führlicher Stellungnahme des Kreiswahlleiters 
beigefügt. Im übrigen wird darauf verwiesen, mit 
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 
hätten DIE GRÜNEN im Wahlkreis 16 (Ham- 
burg-Wandsbek) kein Direktmandat errungen. 
Der gewählte Direktbewerber der SPD habe 


33 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


95403 Stimmen erhalten. Auf den Bewerber der 
CDU seien 57 943 Erststimmen entfallen. DIE 
GRÜNEN hätten in diesem Wahlkreis 
3 320 Zweitstimmen erhalten. 

Soweit der Einspruchsführer das Verhalten der 
Justizbehörden der Freien und Hansestadt Ham- 
burg rügt, wird auf eine Stellungnahme der Ju- 
stizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg 
vom 11. Dezember 1980 verwiesen. Zum diesbe- 
züglichen Vorbringen des Einspruchsführers 
wird in der Stellungnahme ausgeführt, der Vor- 
wurf, in den Justizvollzugsanstalten sei die Wahl- 
freiheit beschränkt, sei unbegründet. Aufgrund 
eines bereits im Juni 1947 gefaßten Senatsbe- 
schlusses seien Wahl- und Werbeveranstaltun- 
gen für Parteien in Justizvollzugsanstalten wie 
in sonstigen Diensträumen Hamburgischer Be- 
hörden nicht zugelassen worden. Diese seit Jah- 
ren geübte Praxis diene dem Zweck, jeden Zwei- 
fel an einer unparteiischen Wahrnehmung ihrer 
Aufgaben durch die öffentliche Verwaltung aus- 
zuschließen. Dieses Verbot richte sich ausnahms- 
los gegen alle Parteien. Diese Regelung schränke 
jedoch weder die Informationsfreiheit von Straf- 
gefangenen ein, noch stelle sie eine Verletzung 
des § 73 des Strafvollzugsgesetzes dar. Im übri- 
gen sei in den Hamburgischen Justizvollzugsan- 
stalten kein Inhaftierter daran gehindert wor- 
den, sich in der Anstalt die zur Ausübung seines 
Wahlrechts erforderlichen Informationen durch 
Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften, durch 
Rundfunk- und Fernsehberichte und aus demje- 
nigen Informationsmaterial zu verschaffen, das 
durch die politischen Parteien in den Anstalten 
zur Ausgabe und Weitergabe an die Gefangenen 
gelangt sei. 

Zum Vorwurf, ein in Strafhaft einsitzender Kan- 
didat für den 9. Deutschen Bundestag habe nicht 
den erforderlichen Urlaub für die Wahlkampfvor- 
bereitungen bekommen, wird ausgeführt, in 
Hamburgischen Vollzugsanstalten habe sich nur 
ein Kandidat befunden, dabei handele es sich um 
einen Kandidaten der Partei DIE GRÜNEN. Die- 
ser habe sich bereits mit Schreiben vom 3. Sep- 
tember 1980 an den Landeswahlleiter mit einer 
Beschwerde wegen Wahlbehinderung gewandt. 
Diese Beschwerde habe das Strafvollzugsamt am 
2. Oktober 1980 entschieden. Die Rechtsauffas- 
sung des Strafvollzugs amte s werde auch vom 
Landgericht Hamburg geteilt. Die entsprechen- 
den Bescheide und Entscheidungen sind der Stel- 
lungnahme als Anlage beigefügt. In dem Be- 
schluß des Landgerichts Hamburg wird u. a. aus- 
geführt, der Antrag des Antragstellers, im Wege 
einer einstweiligen Anordnung eine Beurlau- 
bung gemäß Artikel 48 Abs. 1 GG zu erreichen, 
sei unbegründet, weil Artikel 48 Abs. 1 GG dem 
Antragsteller als Strafgefangenen kein Recht 
einräume, eine Beurlaubung aus der Strafhaft zu 
erreichen. Artikel 48 Abs. 1 GG gewähre nach all- 
gemeiner Auslegung nur dem gegenüber einem 
privaten oder Öffentlichen Arbeitgeber Dienst- 
verpflichteten, der sich ernsthaft um ein Mandat 
im Deutschen Bundestag bewerben wolle, einen 
diesem Zweck entsprechenden Urlaubsanspruch. 


Die Beurlaubung eines Gefangenen vom Vollzug 
der Freiheitsstrafe komme danach nicht in Be- 
tracht, weil der Vollzug der Freiheitsstrafe mit ei- 
nem Beschäftigungsverhältnis nicht vergleich- 
bar sei, ebensowenig wie die jeweiligen Möglich- 
keiten der Gewährung von Urlaub. 

Weiter wird ausgeführt, im Rahmen einer Frei- 
stellung von der Arbeitspflicht könnte Artikel 48 
Abs. 1 GG insofern für einen Gefangenen Bedeu- 
tung haben, der sich ernsthaft um ein Mandat im 
Deutschen Bundestag bewerbe. Diese Frage sei 
jedoch hier nicht zu entscheiden, weil der An- 
tragsteller mit seinem Antrag ein anderes Ziel 
verfolge. 

Soweit der Antragsteller mit seinem Hilfsantrag 
erreichen wolle, daß der Justizvollzugsanstalt 
aufgegeben werde, dem Antragsteller Urlaub 
oder eine Strafunterbrechung zu gewähren, 
müsse dieser ebenfalls als unbegründet zurück- 
gewiesen werden, da die Kammer nicht ihr Er- 
messen an die Stelle des der Antragsgegnerin zu- 
stehenden Ermessens setzen könne, das jener 
gemäß §§ 13, 35 des Strafvollzuggesetzes bei Be- 
urlaubung aus der Strafhaft zustehe. Hieran sei 
die Kammer gemäß §115 Abs. 5 des Strafvoll- 
zugsgesetzes gehindert, weil das Gericht Ermes- 
sensentscheidungen nur auf Ermessensfehler 
überprüfen könne. 

In der Stellungnahme der Justizbehörde der 
Freien und Hansestadt Hamburg wird abschlie- 
ßend darauf hingewiesen, der Kandidat der 
GRÜNEN habe im Rahmen der §§11 und 13 des 
Strafvollzugsgesetzes zur Vorbereitung auf die 
Bundestagswahl im üblichen Rahmen Vollzugs- 
lockerungen erhalten. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Soweit der Einspruchsführer die Ablehnung des 
Kreiswahlvorschlages der GRÜNEN durch den 
Landeswahlausschuß rügt, kann der Einspruch kei- 
nen Erfolg haben. DIE GRÜNEN haben ihre Mitglie- 
der schriftlich und interessierte Bürger durch öf- 
fentliche Bekanntmachung zu einer Bürgerver- 
sammlung eingeladen. In dieser Versammlung 
wurde der Wahlkreisbewerber von den Mitgliedern 
und den anwesenden Bürgern aufgestellt. Dieses 
Verfahren hat zwar in der Satzung der GRÜNEN 
eine ausdrückliche „Rechtsgrundlage“, entspricht 
aber nicht den wahlrechtlichen Bestimmungen. Die 
rechtlichen Erwägungen des Kreiswahlausschusses, 
den Kreiswahlvorschlag der GRÜNEN nicht zuzu- 
lassen, ergibt sich aus der Stellungnahme des Kreis- 
wahlleiters gegenüber dem Landeswahlleiter der 
Freien und Hansestadt Hamburg vom 5. September 
1980, in der es u. a. heißt: 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


„Die Versammlung der GRÜNEN, auf der der 
Wahlkreisbewerber gewählt wurde, war keine 
Mitgliederversammlung i. S. v. §21 Abs. 1 Satz 1 
des Bundeswahlgesetzes, weil auch Nichtmitglie- 
der mitgewählt haben. 

Die Personen, die aufgrund von § 2 Abs. 2 der Be- 
zirkssatzung der GRÜNEN (Wortlaut: vgl. Sach- 
verhalt im Bezugsschreiben) mitstimmen durften, 
sind — entgegen gegenteilig lautender Satzungs- 
bestimmung — keine Parteimitglieder. 

Zur Parteimitgliedschaft gehört zunächst einmal 
— wie bei jedem Verein — eine hinreichende orga- 
nisatorische Eingliederung. Dies ist hier wegen 
der von vornherein befristeten, auf Auflösung ge- 
richteten und in seinen Rechten und Pflichten be- 
grenzten (z. B. fehlende Verpflichtung zur Bei- 
tragszahlung) Mitgliedschaft bereits fraglich.“ 

Unter Hinweis, daß der Begriff der Parteimitglied- 
schaft aus dem Zweck der Parteien, wie er dem Par- 
teiengesetz zu entnehmen sei, abzuleiten sei, wird 
festgestellt, deshalb könne hinsichtlich der Perso- 
nen, die bei der Kandidatenaufstellung der GRÜ- 
NEN eine zeitlich begrenzte „Mitgliedschaft“ gemäß 
§ 2 Abs, 2 der Bezirkssatzung der GRÜNEN erwor- 
ben haben könnten, keine Parteimitgliedschaft vor- 
liegen, da hier von vornherein die Einflußnahme auf 
die gewählten Abgeordneten ausgeschieden sei. 

Zur Begründung der Zurückweisung der gegen die 
Entscheidung des Landeswahlausschusses einge- 
legten Beschwerde wird aufgeführt: 

„Die Aufstellung von Parteibewerbern darf nur 
durch Parteimitglieder erfolgen (§21 Abs. 1 BWG). 
Durch die befristete beitragsfreie Mitgliedschaft 
wird § 21 Abs. 1 BWG umgangen. Diese Vorschrift 
geht von der Parteimitgliedschaft im überkomme- 
nen Sinne aus, die ihrem Wesen nach auf Dauer 
angelegt ist und in der Regel die Pflicht zur Zah- 
lung von Mitgliedsbeiträgen begründet.“ 

Gegen diese Feststellungen bestehen keine rechtli- 
chen Bedenken (vgl. hierzu Zurückweisung des Ein- 
spruchs DIE GRÜNEN, Az.: WP 45/80). 

Soweit der Einspruchsführer rügt, die nicht im Deut- 
schen Bundestag bereits vertretenen Parteien seien 
in den Massenmedien nicht hinreichend berücksich- 
tigt worden, kann der Einspruch keinen Erfolg ha- 
ben. Die Anwendung des Grundsatzes der gleichen 
Wettbewerbschancen der Parteien im Bereich der 
Wahlpropaganda erfordert nicht, wie das Bundes- 
verfassungsgericht in mehreren Entscheidungen 
festgestellt hat, daß alle Parteien in gleichem Um- 
fang zu Wort kommen; die den einzelnen Parteien 
zuzuteilenden Sendezeiten dürfen entsprechend der 
Bedeutung der Partei verschieden bemessen wer- 
den [s. BVerfGE 48, 271 (277)]. 

Auch hinsichtlich der von den Rundfunkträgern 
selbst gestalteten oder zu verantwortenden Sendun- 
gen ist kein Rechtsverstoß erkennbar, der als Wahl- 
fehler angesehen werden könnte. Im übrigen hat der 
Einspruchsführer für einen derartigen Verstoß 
keine substantiierten Tatsachen vorgetragen, die ei- 
ner Nachprüfung fähig gewesen wären. 


Auch die Behauptung des Einspruchsführers, die 
neue Form der Erbringung der Unterstützungsun- 
terschriften erschwere die Möglichkeit der Wahlteil- 
nahme, vermag den Einspruch nicht zu stützen. Ab- 
gesehen davon, daß es der Wahlprüfungsausschuß in 
ständiger Praxis abgelehnt hat, wahlrechtliche Be- 
stimmungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prü- 
fen, hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger 
Rechtsprechung anerkannt, daß Zulassungsbedin- 
gungen zur Wahl auf gestellt werden können, und 
daß die Forderung eines angemessenen Unterschrif- 
tenquorums bei der Einreichung von Wahlvorschlä- 
gen eine mit dem Grundsatz der formalen Wahl- 
rechtsgleichheit und Wettbewerbschancengleich- 
heit der Parteien i. S. der Artikel 3, 21 und 38 GG ver- 
einbare Einschränkung der Zulassung von Wahlvor- 
schlägen enthält. Darüber hinaus hat das Bundes- 
verfassungsgericht das Quorum von 200 Unter- 
schriften von Wahlberechtigten für einen Wahl- 
kreisvorschlag bestätigt [s. BVerfGE 24, 260 (265)]. 

Auf die Nichtzulassung der Sozialliberalen Partei 
Deutschlands durch den Bundeswahlausschuß kann 
der Einspruchsführer seinen Einspruch ebenfalls 
nicht stützen. 

Der Bundeswahlausschuß hat in seiner ersten Sit- 
zung vom 28. August 1980 die Sozialliberale Partei 
Deutschlands nicht zugelassen, mit der Begrün- 
dung: 

„weil sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen 
Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Fe- 
stigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer 
Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der 
Öffentlichkeit keine ausreichende Gewähr für die 
Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzung bietet. Denn 
trotz mehrfacher Aufforderung waren keine hin- 
reichenden Angaben oder Anhaltspunkte über 
eine entsprechende Organisation, Mitgliederzahl 
und ein entsprechendes Hervortreten in der Öf- 
fentlichkeit zu erlangen.“ 

Abgesehen davon, daß vom Einspruchsführer keine 
Gründe vorgetragen werden, die die Entscheidung 
des Bundeswahlausschusses in Frage stellen könn- 
ten, besteht für den Wahlprüfungsausschuß keine 
Veranlassung, die vom Bundeswahlausschuß getrof- 
fene Entscheidung rechtlich in Zweifel zu ziehen. 

Schließlich kann der Einspruchsführer seinen Ein- 
spruch auch nicht auf das knappe „strittige“ Wahler- 
gebnis im Wahlkreis St. W^'endel stützten. 

Der Hinweis auf ein „knappes” strittiges Wahlergeb- 
nis allein vermag keinen Wahleinspruch zu begrün- 
den, da nur ein Verstoß wahlrechtlicher Bestimmun- 
gen, die Einfluß auf das Wahlergebnis gehabt haben 
oder hätten haben können, im Rahmen einer Wahl- 
prüfung aufgegriffen werden können. 

Da die einzelnen vom Einspruchsführer vorgetrage- 
nen Begründungen weder alleine noch in ihrer Ge- 
samtheit geeignet sind, einen Wahleinspruch zu 
stützen, war der Einspruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


35 



Drucksache 9/316 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


36 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 15 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 40/80 — der Bürgerpartei — 
Landesverband Schleswig-Holstein, vertreten durch den Vertrauens- 
mann der Landesliste der Bürgerpartei, Herrn Fritz Zickler, wohn- 
haft: 2322 Gottesgabe, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 3. November 1980 hat die Ein- 
spruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt 
und beantragt, das Ergebnis der Bundestagswahl 
vom 5. Oktober 1980 für ungültig zu erklären und 
eine Wiederholungswahl anzuordnen. 

Zur Begründung des Einspruchs wird ausge- 
führt, der Grundsatz der Gleichheit vor dem Ge- 
setz, Artikel 38 des Grundgesetzes und das Wahl- 
geheimnis seien verletzt worden. Ferner sei die 
Bürgerpartei unnötig behindert sowie gegen das 
Datenschutzgesetz verstoßen worden. Schließ- 
lich stützt die Einspruchsführerin ihren Ein- 
spruch auf „Begünstigung”. 

Den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz 
sieht die Einspruchsführerin dadurch verletzt, 
daß für sie und weitere Parteien Unterstützungs- 
unterschriften erforderlich seien. Dies sei eine 
erhebliche und belastende Benachteiligung des 
„Unterstützungsunterschrifts-leistenden Bür- 
gers.” 

Gemäß Artikel 38 GG seien die Abgeordneten in 
unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer 
Wahl zu wählen. Drs Wahlgeheimnis werde aber 
durch das Erfordernis der Unterstützungsunter- 
schriften gefährdet. Darüber hinaus werde das 
Wahlgeheimnis durch verschiedene Behörden 
dadurch verletzt, daß sie die persönlichen Daten 
von Unterschriftsleistenden festhielten, wobei es 
unerheblich sei, ob die Daten abgeschrieben, ko- 
piert oder auf Listen eingetragen worden seien. 
Damit würde dem überprüfenden Gemeindebe- 
amten, den Hilfskräften des Landes- bzw. Kreis- 
wahlleiters, den Vertrauensleuten des Vor- 
schlags, der Bundespost und den Unterschriften 
Sammelnden die persönlichen Daten des Unter- 
schriftsleistenden bekannt. Das heiße, ein Ge- 
meindebeamter könne feststellen, wie persönli- 
che Bekannte wählten und welche politische An- 


schauung sie verträten. Das Wahlgeheimnis 
könne durch die Anlagen Nummern 13 und 20 
der Bundeswahlordnung nicht gewahrt werden. 
Diese Vorschrift bringe vielmehr eine Kriminali- 
sierung des Bundeswahlvorganges mit sich. 

Die Einspruchsführerin verweist in diesem Zu- 
sammenhang auch auf ein angebliches Schrei- 
ben der Landeshauptstadt Kiel vom 28. August 
1980, in dem festgestellt werde, daß ein Herr X 
bereits für eine andere Partei seine Wahlberech- 
tigung entsprechend den §§ 107 c und 108 d des 
Strafgesetzbuches wahrgenommen habe. Seine 
Unterstützungsunterschrift sei dem Landes- 
wahlleiter und von dort der zuständigen Staats- 
anwaltschaft zugeleitet worden. 

Wenn solche Vorgänge in dieser Weise behandelt 
würden, könne von einem Wahlgeheimnis nicht 
mehr die Rede sein. 

Eine Wahlbehinderung sieht die Einspruchsfüh- 
rerin darin, daß die Strafandrohung auf dem Un- 
terstützungsformblatt zahlreiche Wähler wegen 
dieser Strafandrohung davon abhielte, eine Un- 
terstützungsunterschrift zu leisten. 

Die Verletzung des Datenschutzgesetzes sieht 
die Einspruchsführerin darin, daß die persönli- 
chen Daten aufgrund der Unterstützungsunter- 
schriften einem größeren Personenkreis zugäng- 
lich gemacht worden und damit nicht nur Beam- 
te, sondern auch Privatpersonen in den Besitz 
dieser Daten gekommen seien. 

Eine Begünstigung sieht die Einspruchsführerin 
in der geänderten Wahlgesetzgebung, deren 
Zweck es gewesen sei, daß eine neue politische 
Partei und Kraft nicht in den Bundestag hinein- 
komme. 

Mit Schreiben vom 9. November 1980 hat die Ein- 
spruchsführerin ihre Einspruchsbegründung er- 
gänzt, jedoch im wesentlichen die Einspruchs- 
gründe konkretisiert und versucht darzulegen, 
daß bei einer Beteiligung der Bürgerpartei die 


37 



DrUCkS8Ch6 9/316 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Mandatsverteilung im Deutschen Bundestag er- 
heblich anders gewesen wäre. 

In der ersten Sitzung des Bundeswahlausschus- 
ses vom 28. August 1980 wurde die Bürgerpartei 
gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes 
(BWG) als Partei anerkannt, weil sie die Bedin- 
gungen der §§18 Abs. 2 BWG, 33 Abs. 1 der Bun- 
deswahlordnung (BWO) und § 2 Abs. 1 des Partei- 
engesetzes erfüllte. 

Am 5. September 1980 legte der Vertrauensmann 
der Bürgerpartei Beschwerde gegen die Zurück- 
weisung ihrer Landesliste in Schleswig-Holstein 
ein. In der Beschwerdebegründung macht der 
Vertrauensmann der Einspruchsführerin im we- 
sentlichen dieselben Gründe geltend, die er für 
seine Einspruchsbegründung vorgetragen hat. 
Der Bundeswahlausschuß beschloß in seiner 
zweiten Sitzung am 11. September 1980, die Be- 
schwerde der Einspruchsführerin als unbegrün- 
det zurückzuweisen. Zur Begründung wurde aus- 
geführt: 

„Der Landeswahlausschuß hatte die Landesli- 
ste mit Recht zurückgewiesen, da ihr nur 608 
Unterstützungsunterschriften beigefügt waren 
und damit die nach § 27 Abs. 1 BWG zwingend 
vorgeschriebenen 1 865 Unterstützungsunter- 
schriften nicht Vorlagen. 

Die Beschwerdeführer können auch — wie 
schon dargelegt — mit den Einwendungen ge- 
gen die der Entscheidung zu Grunde liegenden 
Rechtsvorschriften keinen Erfolg haben.” 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer Öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Da es Aufgabe des Wahlprüfungsausschusses ist 
festzustellen, ob durch Verletzung von Wahlrechts- 
bestimmungen das Ergebnis der Bundestagswahl 
beeinflußt worden ist, vermag das Vorbringen der 
Einspruchsführerin den Einspruch nicht zu begrün- 
den. Soweit sie behauptet, Bestimmungen des Bun- 
deswahlgesetzes bzw. der Bundeswahlordnung ver- 
stießen gegen Bestimmungen des Grundgesetzes, 
weist der Wahlprüfungsausschuß darauf hin, daß im 
Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfas- 
sungsmäßigkeit wahlrechtlicher Bestimmungen 
nicht nachgeprüft werden kann. 


Da sich die Einspruchsbegründung im wesentlichen 
auf die gemäß § 34 Abs. 4 bzw. 39 Abs. 3 BWO zu lei- 
stenden Unterschriften auf amtlichen Formblättern 
richtet, in deren Kopf darauf hingewiesen wird, daß 
jeder Wahlberechtigte mit seiner Unterschrift nur 
einen Kreiswahlvorschlag bzw. nur eine Landesliste 
unterstützen darf und sich nach § 108 d i. V, mit 
§107a StGB strafbar macht, wer mehrere Kreis- 
wahlvorschläge bzw. mehrere Landeslisten unter- 
zeichnet, weist der Wahlprüfungsausschuß auf die 
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu 
dieser Regelung hin [s. BVerfGE 3, 19 (31)]. 

Die Festlegung einer bestimmten Zahl von Unter- 
schriften von Wahlberechtigten soll dazu dienen, 
daß sich nur solche „neuen Parteien” an der Wahl be- 
teiligen, die in der Öffentlichkeit bereits eine ge- 
wisse Anhängerschaft unter den Wählern gefunden 
haben. Außerdem dient das Unterschriftserforder- 
nis dem Zweck, schon bei der Wahl einer Zersplitte- 
rung der Stimmen und der Bildung von Zwergpar- 
teien vorzubeugen. Diese sich aus den gesetzlichen 
Bestimmungen ergebenden Ziele können nur dann 
hinreichende Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie 
auch strafbewehrt sind. 

Da das Wahlgeheimnis auch nicht in einem weiteren 
Umfang preisgegeben werden darf als das Zulas- 
sungsverfahren für Wahlvorschläge es erfordert, 
wird durch die Unterschriftsklausel in § 20 Abs. 2 
Satz 2 und § 27 Abs. 1 BWG der Grundsatz der gehei- 
men Wahl auch nicht verletzt. Die Unterzeichner 
von Wahlvorschlägen werden jedoch durch das 
Wahlgeheimnis insoweit nicht geschützt, als das 
Wahlverfahren eine Offenlegung ihrer Namen not- 
wendig macht. Insoweit müssen sie hinnehmen, daß 
ihre Unterschriften von anderen Wahlberechtigten 
bzw. von Bediensteten der Gemeindebehörde zur 
Kenntnis genommen werden. 

Aufgrund der Bestimmungen des Bundeswahlgeset- 
zes und der Bundeswahlordnung kann auch in der 
Überprüfung der Unterschriften für die Wahlvor- 
schläge keine Verletzung des Datenschutzgesetzes 
erblickt werden. 

Da somit der Einspruch in allen Punkten nicht als 
begründet anzusehen war, war er im Sinne des § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet 
zurückzuweisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


38 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 16 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 41/80 — des Herrn 
Helmut Rietschel, wohnhaft: 4444 Bad Bentheim — Ortsteil Bardel, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 3. November 1980 an den 
Wahlprüfungsausschuß des Deutschen Bundes- 
tages hat der Einspruchsführer mitgeteilt, daß er 
das Ergebnis der Bundestagswahl 1980 insofern 
anfechte, als es ihm nicht ermöglicht worden sei, 
seine Stimme abzugeben. Die Wahlunterlagen 
seien ihm, auch auf schriftliche Anforderung hin, 
nicht zugestellt worden. Hierüber könne schriftli- 
cher Beweis erhoben werden. 

Auf Anfrage des Wahlprüfungsausschusses hat 
die Stadt Bentheim mit Schreiben vom 22. De- 
zember 1980 zu dem Vorbringen u. a. wie folgt 
Stellung genommen: 

„Die Wohnung des Herrn Helmut Rietschel 
wurde am 6. März 1975 zwangsweise ge- 
räumt. 

Herr Rietschel hat von dem Zeitpunkt an der 
Stadt in Bentheim keine andere Wohnung 
nachweisen können. Auch ist der Aufenthalts- 
ort des Genannten seit der Zeit nicht bekannt. 
Herr Rietschel wurde daher in der hiesigen 
Meldekartei am 5. November 1977 von amtswe- 
gen gelöscht und polizeilich abgemeldet. 

Erstmals im Oktober 1974 hatte sich die Stadt 
Bentheim als Obdachlosenbehörde mit Herrn 
Rietschel zu befassen. Ein umfangreicher Ver- 
waltungsaufwand mußte seither seinetwegen 
betrieben werden, da der Genannte es immer 
wieder versteht, den Behördenapparat in Be- 
wegung zu halten.” 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes 
(BWG) führen die Gemeindebehörden für jeden 


Wahlbezirk ein Wählerverzeichnis der Wahlberech- 
tigten. Diese Vorschrift ergänzt die Bestimmung des 
§ 14 Abs. 1 BWG, wonach nur wählen kann, wer in 
ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen 
Wahlschein hat. Gemäß § 16 Abs. 1 der Bundeswahl- 
ordnung (BWO) sind von Amts wegen in das Wähler- 
verzeichnis alle Wahlberechtigten einzutragen, die 
am 35. Tage vor der Wahl (Stichtag) bei der Meldebe- 
hörde gemeldet sind. Da diese Voraussetzungen 
beim Einspruchsführer, wie aus der Stellungnahme 
der Stadt Bentheim ersichtlich ist, nicht Vorlagen, 
konnte er nicht von Amts wegen in das Wählerver- 
zeichnis eingetragen werden. Der Einspruchsführer 
hätte jedoch die Möglichkeit gehabt, gemäß § 16 
Abs. 2 BWO zu versuchen, auf Antrag in das Wähler- 
verzeichnis eingetragen zu werden. Hierzu hätte für 
ihn um so mehr Veranlassung bestanden, als nach 
seiner eigenen Mitteilung er die von ihm angefor- 
derten Wahlunterlagen nicht erhalten hatte. 

Da somit der Einspruchsführer selbst zu vertreten 
hat, daß er an der Bundestagswahl nicht teilnehmen 
konnte, scheidet ein Wahlfehler aus. Auch selbst, 
wenn ein Mitverschulden seitens der Wahlbehörden 
unterstellt wird, hätte der Einspruch keinen Erfolg 
haben können, da dieser Wahlfehler angesichts des 
Stimmverhältnisses keinen Einfluß auf die Man- 
datsverteilung im 9. Deutschen Bundestag hätte ha- 
ben können [seit BVerfGE 4, 370, (372 f.) ständige 
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 
der sich der Deutsche Bundestag angeschlossen 
hat]. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


39 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 17 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 42/80 — des Herrn Karl- 
Heinz Otte, wohnhaft: Braunsberger Straße 34, 3200 Hildesheim, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben ohne Datum — eingegangen beim 
Deutschen Bundestag am 5. November 1980 — 
hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die 
Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
eingelegt. 

Zur Begründung trägt er vor, er sei seit dem 

9. Mai 1968 in Hildesheim gemeldet, dies habe 
das Einwohnermeldeamt Berlin (West) am 

15. Februar 1969/2. Juni 1969 durch amtliche 
Rückmeldung bestätigt. Aufgrund dieser Anmel- 
dung hätte er seiner Auffassung nach in Hildes- 
heim einen Wahlschein erhalten und in das Wäh- 
lerverzeichnis eingetragen werden müssen. Dies 
sei ihm verweigert worden, obwohl er seit 16 Jah- 
ren in Hildesheim angemeldet sei. 

Die Stadt Hildesheim hat auf Anforderung zu 
dem Einspruchsschreiben mit Schreiben vom 

10. November 1980 Stellung genommen und aus- 
geführt, der Einspruchsführer habe mit einge- 
schriebener Karte vom 12. September 1980 bean- 
tragt, ihm die Briefwahlunterlagen für die Bun- 
destagswahl auszustellen und ihn gleichzeitig in 
das Wählerverzeichnis einzutragen. Der Antrag- 
steller sei aber weder am Stichtag 31. August 
1980, noch gegenwärtig in der Stadt Hildesheim 
weder mit Haupt- noch mit Nebenwohnung ge- 
meldet. Es sei vielmehr festgestellt worden, daß 
der Einspruchsführer zu diesem Zeitpunkt in der 
Stadt Braunschweig mit Hauptwohnung gemel- 
det sei. Daraufhin sei er mit Schreiben vom 

16. September 1980 an die Stadt Braunschweig 
verwiesen worden, der für die Eintragung in das 
Wählerverzeichnis gemäß § 17 Abs. 1 der Bundes- 
wahlordnung (BWO) zuständigen Gemeinde. 

Auf Anfrage des Wahlprüfungsausschusses hat 
das Amtsgericht Hildesheim am 2. Dezember 
1980 — Geschäfts-Nr.: 27 VIII 0 141 — mitgeteilt, 
daß für den Einspruchsführer Gebrechlichkeits- 
pflegschaft ohne Einwilligung des Betroffenen 
eingeleitet worden sei. Der Anordnungsbeschluß 
datiere vom 16. Oktober 1980. 


Der Einspruchsführer hatte bereits gegen die 
Wahl zum 6. Deutschen Bundestag und gegen die 
Wahl zum 8. Deutschen Bundestag Einspruch 
eingelegt. Seine Einsprüche wurden als offen- 
sichtlich unbegründet zurückgewiesen, da sein 
allgemeines und dazu noch nach Form und Inhalt 
zusammenhangloses Vorbringen nicht Gegen- 
stand eines Wahlprüfungsverfahrens sein konn- 
te. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) ist 
vom Wahlrecht ausgeschlossen, wer entmündigt ist 
oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft 
steht, sofern er nicht durch eine Bescheinigung des 
Vormundschaftsgerichts nachweist, daß die Pfleg- 
schaft aufgrund seiner Einwilligung angeordnet ist. 
Da jedoch der Zeitpunkt der Entscheidung des Ge- 
richts maßgeblich ist, war der Einspruchsführer am 
Tag der Bundestagsvrahl noch nicht vom W^'ahlrecht 
ausgeschlossen. 

Der Einspruch ist deshalb als zulässig anzusehen, 
jedoch nicht begründet. Da der Einspruchsführer 
am 35. Tag vor der Wahl (Stichtag; s. §16 Abs. 1 
BWO) laut Auskunft der Stadt Hildesheim in der 
Stadt Braunschweig gemeldet war, hätte er entspre- 
chend der Anregung der Stadt Hildesheim dort 
seine Eintragung in das Wählerverzeichnis betrei- 
ben müssen, wenn er nicht bereits von Amts wegen 
aufgenommen war. Da der Einspruchsführer nicht 
bereit war, die Konsequenzen aus den erteilten Be- 
lehrungen zu ziehen, hat er es selbst zu vertreten, 
wenn er nicht die Voraussetzungen dafür schaffte, 
an der Bundestagswahl teilnehmen zu können. 


41 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Der Einspruch ist daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


42 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 18 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungs;sache — Az.: WP 44/80 — der Sozialliberalen 
Partei Deutschlands, vertreten durch ihren 1. Vorsitzenden, Herrn 
Ernst Sauer, wohnhaft: 2420 Eutin, Postfach 376, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 4. November 1980 hat die Ein- 
spruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt 
und erneute Prüfung und Anerkennung als Par- 
tei für alle Wahlen beantragt, da die Entschei- 
dung des Bundeswahlleiters nicht als korrekt an- 
gesehen werden könne. 

Die Einspruchsführerin, die sich als Nachfolgeor- 
ganisation des von Ferdinand Lasall vom 23. Mai 
1863 gegründeten Arbeitervereins als Volkspar- 
tei und Partei der goldenen Mitte sieht, hatte am 
3. Juni 1980 ihre Beteiligung an der Bundestags- 
wahl beim Bundeswahlleiter angezeigt. In der er- 
sten Sitzung des Bundeswahlausschusses vom 
28. August 1980 faßte der Bundeswahlausschuß 
folgenden Beschluß: 

„Nicht als Parteien (in alphabetischer Reihen- 
folge) wurden anerkannt: 

3. Sozialliberale Partei Deutschlands (SLPD), 

weil sie nach dem Gesamtbild der tatsächli- 
chen Verhältnisse, insbesondere nach Um- 
fang und Festigkeit ihrer Organisation, 
nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ih- 
rem Hervortreten in der Öffentlichkeit 
keine ausreichende Gewähr für die Ernst- 
haftigkeit ihrer Zielsetzung bietet. Denn 
trotz mehrfacher Aufforderung waren 
keine hinreichenden Angaben oder An- 
haltspunkte über eine entsprechende Orga- 
nisation, Mitgliederzahl und ein entspre- 
chendes Hervortreten in der Öffenlichkeit 
zu erlangen.” 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 18 Abs. 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) 
hat der Bundeswahlausschuß für alle Wahlorgane 
verbindlich festzustellen, welche Parteien im Deut- 
schen Bundestag oder in einem Landtag seit der 
letzten Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge un- 
unterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten 
vertreten waren bzw. welche Vereinigungen, die 
nach § 18 Abs. 2 BWG ihre Beteiligung angezeigt ha- 
ben, für die Wahl als Parteien anzuerkennen sind. 
Durch das Gesetz über die politischen Parteien (Par- 
teiengesetz) vom 24. Juli 1967 ist der Begriff einer 
Partei gesetzlich festgelegt. Danach sind Parteien 
Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für 
längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines 
Landes auf die politische Willensbildung Einfluß 
nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deut- 
schen Bundestag oder in einem Landtag mitwirken 
wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächli- 
chen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und 
Festigkeit ihrer Organisation, nach der Art ihrer 
Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öf- 
fentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die 
Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzung bieten (vgl. § 2 des 
Parteiengesetzes). 

Die Bestimmung des § 18 Abs. 3 BWG, wonach die 
Feststellungen des Bundeswahlausschusses für alle 
Wahlorgane verbindlich zu treffen sind, schließt 
zwar nicht aus, daß diese Feststellungen im Rahmen 
eines Wahlprüfungsverfahrens nachgeprüft werden 
können (s. § 49 BWG). Die Einspruchsführer haben 
jedoch weder bei der Anzeige ihrer Beteiligung an 
der Bundestagswahl 1980 die erforderlichen Nach- 
weise für die Anerkennung als politische Partei bei- 
gebracht, noch versucht, sie im Rahmen der Begrün- 
dung ihres Einspruchs beizubringen. 

Da somit die Entscheidung des Bundeswahlaus- 
schusses nicht zu beanstanden ist, war der EiYi- 


43 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Spruch im Sinne von § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offen- 
sichtlich unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


44 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 19 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 45/80 — des Landesverban- 
des DIE GRÜNEN — Hamburg, vertreten durch ihren Vorsitzenden 
Friedrich Wilhelm Merck, Hamburg, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 im Wahlkreis Nr. 16 — Hamburg-Wandsbek — 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. November 1980 hat der Vor- 
sitzende des Landesverbandes DIE GRÜNEN — 
Hamburg — Einspruch gegen die Gültigkeit der 
Wahl im Wahlkreis Nr. 16 — Hamburg-Wands- 
bek — eingelegt. 

Zur Begründung seines Einspruchs weist er dar- 
auf hin, auf seiner Sitzung am 10. September 1980 
habe der Landeswahlausschuß der Freien und 
Hansestadt Hamburg in einer Beschwerdever- 
handlung die Zulassung des Wandsbeker Kreis- 
vorschlages der GRÜNEN endgültig abgelehnt 
und zwar mit einer Mehrheit von 4 : 1 Stim- 
men. 

Der Bezirksverband Wandsbek der GRÜNEN 
habe auf der einberufenen Mitgliederversamm- 
lung der Partei im Wahlkreis Nr. 16 — Hamburg- 
Wandsbek — wahlberechtigte Bürger aus dem 
Wahlkreis vor der Kandidatenaufstellung neu 
aufgenommen und ihnen satzungsgemäß gestat- 
tet, eine bis zur Verkündung des amtlichen End- 
ergebnisses der bevorstehenden Bundestags- 
wahl befristete beitragsfreie Mitgliedschaft zu 
erlangen, die dann später auf Antrag in eine un- 
befristete Mitgliedschaft mit vollen Beitrags- 
pflichten umgewandelt werden könne. Durch 
eine schriftliche Bestätigung des Bezirks-, Lan- 
des- und Bundesverbandes der GRÜNEN sei im 
Wahlausschuß nachgewiesen worden, daß diese 
Aufnahme von Mitgliedern im Rahmen des § 10 
Abs. 1 des Parteiengesetzes voll inhaltlich den 
satzungsmäßigen Bestimmungen der GRÜNEN 
entspreche. 

Mit seiner mehrheitlichen Entscheidung habe 
der Hamburger Landeswahlausschuß den Stand- 
punkt vertreten, daß die im Rahmen des § 10 
Abs. 1 des Parteiengesetzes nach der Satzung der 
GRÜNEN zweifelsfrei bestehende Mitgliedschaft 
nicht als Mitgliedschaft im Sinne des § 21 des 
Bundeswahlgesetzes (BWG) zu betrachten sei, 
obwohl das Bundeswahlgesetz keinerlei beson- 


dere Art der Mitgliedschaft vorsehe. Durch diese 
eigenwillige Art des Gesetzesinterpretation wür- 
den die grundlegenden Prinzipien der Volkssou- 
veränität sowie des demokratischen Bundesstaa- 
tes angetastet, zumal an eine nachträgliche Lega- 
lisierung derartigen Vorgehens durch Gesetzes- 
änderung gedacht sei. 

Der vom Einspruchsführer zitierten Sitzung des 
Landeswahlausschusses vom 10. September 1980 
war die Kreiswahlausschußsitzung des Wahl- 
kreises 16 vom 5. September 1980 vorausgegan- 
gen, in der der Kreiswahlvorschlag der GRÜNEN 
einstimmig zurückgewiesen worden war, weil er 
nicht rechtmäßig zustande gekommen sei. Dieser 
Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu- 
grunde: 

Die GRÜNEN hatten ihre Mitglieder schriftlich 
und interessierte Bürger durch öffentliche Be- 
kanntmachung auf Stellschildern zu einer von ih- 
nen so bezeichneten „Bürgerversammlung“ zum 
25. August 1980 in ein Versammlungslokal zur 
Wahl des Wahlkreisbewerbers eingeladen. Das 
Plakat enthielt eine zusätzlich aufgeklebte Auf- 
schrift mit folgendem Wortlaut: 

„Bürgerversammlung zur Aufstellung unseres 
Direktkandidaten 

Jeder darf mitwählen! 

25. 8. 1980, 19.30, Bürgerhaus in Meiendorf, Ba- 
seler Str.21.” 

In dieser Versammlung, bei der es vier Bewerber 
um die Kandidatur gab, wurde der Wahlkreisbe- 
werber von den anwesenden Mitgliedern und 
Bürgern, insgesamt 37 Personen, in geheimer 
Abstimmung gewählt. 

Dieses Verfahren ist in § 2 Abs. 2 der beigefügten 
Bezirkssatzung der GRÜNEN ausdrücklich vor- 
gesehen. § 2 Abs. 2 hat folgenden Wortlaut: 

„Zur Aufstellung von Wahlbewerbern (Parla- 
mentskandidaten) sollen Bürgerversammlun- 
gen einberufen werden; die Entscheidung liegt 
beim zuständigen Gebietsverband. Durch Teil- 


45 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


nähme an der Bürgerversammlung können 
wahlberechtigte Bürger eine zeitlich begrenz- 
te, beitragsfreie Mitgliedschaft erlangen, kraft 
welcher sie insbesondere berechtigt sind, bei 
der Aufstellung von Wahlbewerbern an dem 
Nominierungsverfahren im Rahmen der Wahl- 
gesetze teilzunehmen. Sie sind darüber aufzu- 
klären, daß sie mit ihrer Eintragung in die Teil- 
nehmerliste kurzfristig Mitglied der Partei 
werden und sich damit zu deren Grundsätzen 
bekennen. 

Die zeitlich begrenzte Mitgliedschaft endet mit 
der Bekanntgabe des betreffenden amtlichen 
Wahlergebnisses, ohne daß es einer Kündi- 
gung bedarf.” 

Den so zustande gekommenen Kreiswahlvor- 
schlag haben DIE GRÜNEN am 27. August 1980 
beim Kreiswahlleiter eingereicht Dieser hat 
rechtzeitig vor Ablauf der Einreichungsfrist den 
Vertrauensmann darauf hingewiesen, daß er den 
Kreiswahlvorschlag wegen Verstoßes gegen § 21 
Abs. 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) für 
mangelhaft halte, weil auch Nichtmitglieder ge- 
wählt hätten. Er hat den Vertrauensmann am 
27. August 1980 aufgefordert, diesen Mangel 
rechtzeitig zu beseitigen. Dies ist nicht gesche- 
hen. DIE GRÜNEN haben daraufhin dem Kreis- 
wahlleiter eine Stellungnahme zugeleitet. In die- 
ser Stellungnahme wird behauptet, der Kreis- 
wahlleiter gehe fälschlicherweise davon aus, daß 
neben Mitgliedern auch anwesende Bürger bei 
der Aufstellung des Kandidaten mitgewirkt hät- 
ten. Entgegen dieser Feststellung sei festzuhal- 
ten, daß am Nominierungsverfahren nur Partei- 
mitglieder mitgewirkt hätten. Die Mitglieder hät- 
ten der Partei mit unterschiedlicher Befristung 
entsprechend § 2 der Bezirkssatzung beitreten 
können, entweder unbefristet oder aber befristet 
bis zur Bekanntgabe des amtlichen Wahlergeb- 
nisses. Alle Mitglieder genössen innerhalb der 
Partei die gleichen Rechte. Die satzungsmäßige 
Mitgliedschaft dieser Bürger sei schriftlich vom 
Bundesverband, Landesverband Hamburg und 
vom Bezirksverband Hamburg-Wandsbek der 
GRÜNEN bestätigt worden. Die ordnungsge- 
mäße Mitgliedschaft sei auch von den anwesen- 
den Parteimitgliedern auf Befragen am 25. Au- 
gust 1980 nicht angezweifelt worden. Vielmehr 
sei der Parteitag in Form der Bürgerversamm- 
lung einberufen worden, weil die davor tagende 
Mitgliederversammlung dies ausdrücklich be- 
schlossen habe. 

Unter Bezugnahme auf § 10 Abs. 1 des Parteien- 
gesetzes, wonach die zuständigen Organe der 
Partei nach näheren Bestimungen der Satzung 
frei über die Aufnahme von Mitgliedern zu ent- 
scheiden hätten, vertreten DIE GRÜNEN die 
Auffassung, diese Bestimmung des Parteienge- 
setzes sei durch den Bezirkswahlausschuß da- 
durch gebeugt worden, daß er den neu eingetrete- 
nen Parteimitgliedern keine Parteizugehörigkeit 
zuerkannt habe. Wenn der Bezirkswahlausschuß 
davon ausgegangen sei, § 21 Abs. 1 BWG gehe bei 
der Parteimitgliedschaft von einer auf Dauer an- 
gelegten und in der Regel die Pflicht zur Zahlung 


von Mitgliedsbeiträgen begründenden Zugehö- 
rigkeit zu einer Partei aus, so könne dieser Auf- 
fassung seitens der GRÜNEN nicht gefolgt wer- 
den, da weder das Wahlgesetz noch das Parteien- 
gesetz ausdrückliche Regeln über diese Frage 
enthielten. 

Im übrigen sei es auch falsch zu behaupten, die 
neuen Mitglieder seien in ihren Rechten und 
Pflichten begrenzt Hinsichtlich der Pflichten 
seien diese neuen Mitglieder nur von der Bei- 
tragspflicht befreit, sie stünden aber, wie alle an- 
deren Mitglieder, unter dem Schutz des Schieds- 
gerichts. Im übrigen sei es durchaus üblich, un- 
terschiedliche Beitragssätze für verschiedene 
Mitglieder einzuführen. 

Wenn zur Begründung der Nichtzulassung der 
GRÜNEN seitens des Wahlausschusses darauf 
hingewiesen werde, das Hinzutreten von Nicht- 
parteimitgliedern bei der Kandidatenwahl sei 
auch hier nicht als unschädlich anzusehen, da 
vier Bewerber zur Auswahl standen und eine an- 
dere Ansicht nur in Frage käme, wenn es nur ei- 
nen Bewerber gegeben hätte, müßte dem entge- 
gengehalten werden, daß DIE GRÜNEN, gerade 
weil vier Kandidatenvorschläge Vorgelegen hät- 
ten, eine reale, echte Wahl durchgeführt hätten. 
Es sei deshalb vollkommen undemokratisch, 
wenn DIE GRÜNEN seitens des Kreiswahlleiters 
aufgefordert würden, unter Bruch der eigenen 
Satzung eine neue Mitgliederversammlung ein- 
zuberufen und die Nominierung zu wiederholen. 
Dies würde in mehrfacher Hinsicht ein Verstoß 
gegen einen Mitgliederbeschluß bzw. gegen die 
Bezirkssatzung bedeuten. 

Über die Beschwerde wurde in der Sitzung des 
Landeswahlausschusses vom 10. September 1980 
entschieden. Wie aus der Niederschrift ersicht- 
lich ist, beschloß der Landeswahlausschuß mit 
Stimmenmehrheit in öffentlicher Sitzung, die 
Beschwerde der GRÜNEN zurückzuweisen. Als 
Begründung wurde ausgeführt: 

„Die Aufstellung von Parteibewerbern darf nur 
durch Parteimitglieder erfolgen (§21 Abs. 1 
BWG). Durch die befristete beitragsfreie Mit- 
gliedschaft wird §21 Abs. 1 BWG umgangen. 
Diese Vorschrift geht von der Parteimitglied- 
schaft im überkommenen Sinne aus, die ihrem 
Wesen nach auf Dauer angelegt ist und in der 
Regel die Pflicht zur Zahlung von Mitglieds- 
beiträgen begründet.” 

Gegen diese Entscheidung hat der Landesver- 
band DIE GRÜNEN Hamburg am 30. September 
1980 das Bundesverfassungsgericht angerufen 
mit dem Antrag, durch eine einstweilige Anord- 
nung gemäß § 32 Abs. 1 und 2 BVerfGG die Nicht- 
zulassung des Kreisvorschlages der GRÜNEN im 
Wahlkreis Nr. 16 — Hamburg-Wandsbek — 
durch den Landeswahlausschuß der Freien und 
Hansestadt Hamburg aufzuheben und die sofor- 
tige Zulassung zur Wahl am 5. Oktober 1980 an- 
zuordnen. 

Das Bundesverfassungsgericht hat am 3. Okto- 
ber 1980 gemäß § 93 a Abs. 3 des Gesetzes über 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


das Bundesverfassungsgericht einstimmig be- 
schlossen: 

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur 
Entscheidung angenommen, weil sie unzuläs- 
sig ist 

Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Er- 
laß einer einstweiligen Anordnung. 

Zur Begründung hat das Bundesverfassungsge- 
richt ausgeführt, daß Entscheidungen und Maß- 
nahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlver- 
fahren beziehen, nur mit den in den Wahlvor- 
schriften vorgesehenen Rechtsbehelfen und im 
Wahlprüfungsverfahren angefochten werden 
könnten. Das Bundesverfassungsgericht könne 
wegen der Ablehnung eines Wahlvorschlages im 
Rahmen einer Bundestagswahl nicht unmittel- 
bar, sondern erst nach Durchführung der Wahl- 
prüfung durch den Bundestag angerufen wer- 
den. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 18 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) 
können Wahlvorschläge von Parteien und nach 
Maßgabe des § 20 von Wahlberechtigten eingereicht 
werden. Da DIE GRÜNEN nicht unter die Negativ- 
Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 BWG fallen — sie 
sind in zwei Landtagen seit deren letzter Wahl auf- 
grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit 
mindestens fünf Abgeordneten vertreten — findet 
auf sie § 21 BWG Anwendung, wonach als Bewerber 
einer Partei in einem Kreiswahlvorschlag nur be- 
nannt werden kann, wer in einer Mitgliederver- 
sammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers oder 
in einer besonderen oder allgemeinen Vertreterver- 
sammlung hierzu gewählt worden ist. Gemäß § 21 
Abs. 1 Satz 2 BWG ist die Mitgliederversammlung 
zur Wahl eines Kreiswahlbewerbers eine Versamm- 
lung der zum Zeitpunkt ihres Zusammentritts im 
Wahlkreis zum Deutschen Bundestag wahlberech- 
tigten Mitglieder der Partei. Mit der Regelung des 
Wahlvorschlagsrechts in § 18 BWG und den sich dar- 
aus ergebenden Konsequenzen in §§ 20 und 21 BWG 
berücksichtigt das Bundeswahlgesetz die verfas- 
sungsrechtliche Ausgangslage. Der Verfassungs- 
wirklichkeit folgend, hat das Grundgesetz die politi- 
schen Parteien in Artikel 21 GG als verfassungs- 
rechtlich notwendige Instrumente für die politische 
Willensbildung des Volkes anerkannt und sie in den 
Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erho- 
ben. Durch ihre verfassungsrechtliche Anerken- 
nung als politische Handlungseinheiten, deren 
heute die Demokratie bedarf, um die Wähler zu poli- 
tisch aktionsfähigen Gruppen zusammenzuschlie- 


ßen und ihnen so überhaupt erst einen wirksamen 
Einfluß auf das staatliche Geschehen zu ermögli- 
chen, ist von Bundesverfassungs wegen der mo- 
derne demokratische Parteienstaat legalisiert wor- 
den [vgl. BVerfGE 11, 266 (273); 41, 399 (416 f.)]. Wenn 
die Möglichkeit, Wahlvorschläge zu machen, ein 
Kernstück des Bürgerrechts auf aktive Teilnahme 
an der Wahl ist und sich die Grundsätze der Allge- 
meinheit und Gleichheit der Wahl deshalb auch auf 
das Wahl vor schlagsrecht beziehen (vgl. BVerfGE 
a.a.O.) und deshalb eine Monopolisierung des Wahl- 
vorschlagsrechts bei den politischen Parteien so- 
wohl gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl 
wie gegen den Grundsatz der freien Wahl verstieße, 
bedeutet die Priviligierung der politischen Parteien, 
die im Deutschen Bundestag oder einem Landtag 
seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvor- 
schläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abge- 
ordneten vertreten waren (s. § 18 Abs. 1 und 2 i. V. m. 
§ 20 Abs. 2 BWG), gegenüber anderen Wahlvor- 
schlagsträgern, daß sich diese politischen Parteien 
auch streng an das formalisierte Wahlvorschlags- 
verfahren halten und daran messen lassen müs- 
sen. 

Aus Artikel 21 Abs. 1 Satz 3 GG ergibt sich, daß die 
Aufstellung von Wahlbewerbern nach demokrati- 
schen Grundsätzen zu erfolgen hat. Wenn die Partei 
DIE GRÜNEN ihre Kreiswahlbewerber in einer 
Mitgliederversammlung wählt (§21 Abs. 1 Satz 2), 
bedeutet dies eine Beschränkung auf die „wahlbe- 
rechtigten” Mitglieder der Partei; sie unterscheidet 
sich insofern von der Mitgliederversammlung nach 
dem Parteiengesetz, Voraussetzung für die Teilnah- 
meberechtigung ist deshalb nicht nur die Mitglied- 
schaft in der Partei selbst, sondern auch das Recht 
zur Teilnahme an der Wahl, für die der Bewerber 
aufgestellt werden soll. Wie es unzulässig wäre, das 
Stimmrecht in der Mitgliederversammlung (§ 21 
Abs. 1 Satz 2 BWG) an bestimmte Voraussetzungen, 
etwa bestimmte Dauer der Mitgliedschaft, zu knüp- 
fen, muß es auch als unzulässig angesehen werden, 
diese Mitgliederversammlungen als Bürgerver- 
sammlungen durchzuführen, so wie sie beim Ein- 
spruchsführer stattgefunden haben. Vorübergehen- 
de, nur auf die Erreichung eines bestimmten Zwek- 
kes vorgesehene Mitgliedschaften in einer politi- 
schen Partei widersprechen dem verfassungsrecht- 
lich anerkannten Status der Parteien als notwen- 
dige Instrumente für die politische Willensbildung 
des Volkes. Wenn sie als politische Handlungsein- 
heiten, deren heute die Demokratie bedarf, um die 
Wähler zu politisch aktionsfähigen Gruppen zusam- 
menzuschließen und ihnen so überhaupt erst einen 
wirksamen Einfluß auf das staatliche Geschehen zu 
ermöglichen (s. BVerfGE a. a. O.) angesehen werden, 
gehen diese Feststellungen unverkennbar von der 
Voraussetzung aus, daß die Mitgliedschaft in einer 
Partei entsprechend der Begriffsbestimmung der 
Partei in § 2 Abs. 1 des Parteiengesetzes nicht nur 
vorübergehend und von vornherein befristet, auf 
Auflösung gerichtet und in Rechten und Pflichten 
begrenzt sein kann. Zwar kann aus § 2 Abs. 1 Satz 1 
des Parteiengesetzes, wonach Parteien Vereinigun- 
gen von Bürgern sind, die dauernd oder für längere 
Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes 
auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen. . ., 


47 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


nicht geschlossen werden, daß auch die Mitglied- 
schaft auf Dauer angelegt sein muß. Parteien sind, 
wie auch Vereine, vom Wechsel der Mitglieder unab- 
hängig. Die Voraussetzungen für die Anerkennung 
einer Partei bzw. für die Zulassung zu den Wahlen 
würden jedoch unterlaufen, wenn unter Außeracht- 
lassung der privilegierten Stellung von Parteien aus- 
schließlich auf die formelle Existenz einer Partei ab- 
gestellt würde. Wenn deshalb das Bundeswahlgesetz 
die Aufstellung von Kreisbewerbern der Parteien 
ausschließlich den parteigebundenen Wählern vor- 
behält, so kann in der Aufstellung eines Wahlbewer- 
bers durch eine Bürgerversammlung keinesfalls der 
zulässige Versuch gesehen werden, diese auf eine 
breitere, demokratischere Grundlage zu stellen. 
Wenn das Bundeswahlgesetz das Nominierungs- 
recht ausdrücklich auf die parteigebundenen Wäh- 
ler beschränkt, hat es damit implizite „Vorwahlen“ 
ähnliche Nominierungsverfahren in Bürgerver- 
sammlungen abgelehnt Der Versuch, diese aus- 
drückliche Regelung durch — ein im amerikani- 
schen Wahlrecht übliches Vorwahlverfahren — vor- 
übergehende, hinsichtlich der Beitragspflicht auch 
noch privilegierte Mitgliedschaften zu umgehen, 
muß als unzulässig angesehen werden. 

Nachdem aus diesen Gründen der Landeswahlaus- 
schuß DIE GRÜNEN im Wahlkreis 16 — Hamburg- 
Wandsbek — zu Recht nicht zugelassen hat und die 
Einspruchsführer trotz des Hinweises auf die 
Rechtsgrundlage und der Bitte, den Mangel recht- 
zeitig zu beheben, von dieser Möglichkeit keinen Ge- 
brauch gemacht haben, sondern versuchten, im 
Wege des Beschwerdeverfahrens ihre falsche 
Rechtsauffassung durchzusetzen, kann der Ein- 


spruch insoweit keinen Erfolg haben. Selbst, wenn 
der Wahlvorschlag zu Unrecht zurückgewiesen wor- 
den sein sollte, hätte dieser Wahlfehler keinen Ein- 
fluß auf die Mandatsverteilung im Deutschen Bun- 
destag haben können, da davon auszugehen ist, daß 
DIE GRÜNEN mit an Sicherheit grenzender Wahr- 
scheinlichkeit nicht das Direktmandat im Wahl- 
kreis 16 — Hamburg-Wandsbek — errungen hätten. 
Der gewählte Direktbewerber der SPD hat 
95403Stimmen erhalten, während auf den Bewerber 
der CDU 57 943 Erststimmen entfielen; DIE GRÜ- 
NEN aber konnten in diesem Wahlkreis nur 
3 320 Zweitstimmen auf sich vereinigen. Da nach 
ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs- 
gerichts nur solche Wahlfehler einen Wahleinspruch 
zu begründen vermögen, die auf die Mandatsvertei- 
lung von Einfluß waren oder hätten sein können, er- 
gibt sich aufgrund der genannten Stimmergebnisse 
im Wahlkreis 16, daß auch bei unterstelltem Wahl- 
fehler der Wahleinspruch unbegründet ist, weshalb 
er im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensicht- 
lich unbegründet zurückzuweisen war. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 20 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 48/80 — der Frau 
Selma Schuch, wohnhaft: Bergstraße 7, 6541 Woppenroth, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. November 1980 hat die Ver- 
bandsgemeindeverwaltung Kirchberg (Huns- 
rück) die Beanstandung bei der Durchführung 
der Wahl seitens der Einspruchsführerin über- 
mittelt, die die Einspruchsführerin aufgrund ih- 
rer Erklärung gegenüber der Verbandsgemein- 
deverwaltung als Anfechtung im Sinne des § 2 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) angesehen ha- 
ben will. 

Aufgrund der Verhandlung vor der Verbandsge- 
meindeverwaltung Kirchberg rügt die Ein- 
spruchsführerin folgendes: 

Am Wahltag habe sie ihrer Schwester Ella 
Schuch, die geistig behindert sei, bei der Wahl- 
handlung behilflich sein wollen. Nachdem sie in 
der Wahlkabine gewählt habe, habe sie ihre 
Schwester in die Wahlkabine begleitet und sei 
selbst etwas außerhalb der Wahlkabine stehen 
geblieben. Sie habe dann ihrer Schwester zu ver- 
stehen gegeben, welche Kennzeichnung sie auf 
dem Stimmzettel machen sollte. Ihre Schwester 
habe persönlich in der Wahlkabine dann die 
Wahlvorschläge gekennzeichnet. Ihre Schwester 
habe den Stimmzettel zusammengefaltet und in 
den Briefumschlag gelegt. Danach habe sie ihren 
Umschlag mit Stimmzettel auf die Wahlurne ge- 
legt und ihre Schwester habe ihren dazugelegt. 
Daraufhin habe der Wahlvorsteher, Ortsbürger- 
meister Sulzbacher, erklärt, daß der Brief ihrer 
Schwester nicht in die Wahlurne gelegt werden 
könne, weil sie ihrer Schwester bei der Abgabe 
der Stimme behilflich gewesen sei. Daraufhin 
habe sie erklärt, daß sie den Wahlbrief mit nach 
Hause nehmen würde. Sie sei der Auffassung, 
daß der Wahlvorsteher nicht richtig gehandelt 
habe und daß ihre Schwester berechtigt gewesen 
sei, an der Wahl teilzunehmen. Ihre Schwester 
stehe nicht unter Pflegschaft 

Der Ortsbürgermeister Sulzbacher, zugleich 
Wahlvorsteher der Ortsgemeinde Woppenroth, 


hat am 16. Oktober 1980 zu Protokoll gegeben, die 
Einspruchsführerin sei mit ihrer Schwester ge- 
meinsam in das Wahllokal gekommen. Beiden 
sei je ein Stimmzettel und ein Wahlumschlag 
ausgehändigt worden. Die Einspruchsführerin 
habe sich in die Kabine begeben, während ihre 
Schwester davor stehen geblieben sei. Nach 
mehrmaliger Aufforderung durch ihn an Ella 
Schuch habe sie keine Wahlkabine auf gesucht. 
Die Einspruchsführerin habe sich in der Wahlka- 
bine umgedreht, ihre Schwester am Arm gegrif- 
fen und sie ruckartig in die Kabine gezogen. Er 
habe die Einspruchsführerin darauf aufmerk- 
sam gemacht, daß dies nicht zulässig sei und daß 
er den Stimmzettel der Frau Ella Schuch nicht 
zulasse, wenn sie keine Wahlkabine aufsuche. 
Daraufhin habe die Einspruchsführerin erklärt: 
„Das machen wir wie wir wollen”. Wer den 
Stimmzettel gekennzeichnet habe, sei ihm unbe- 
kannt, da er keine Einsicht in die Kabine gehabt 
habe. Den Stimmzettel der Frau Ella Schuch 
habe er deshalb nicht zur Wahl zugelassen. 

Diese Erklärung entspricht im wesentlichen ei- 
nem Vermerk, der außer vom Wahlvorsteher 
auch von seinem Stellvertreter Becker und von 
einem Beisitzer Fram unterschrieben ist. 

In dem Schreiben der Verbandsgemeindeverwal- 
tung vom 5. November 1980 wird nach erneuter 
Darlegung des Rechtsstandpunktes ergänzend 
darauf hingewiesen, Frau Ella Schuch habe dem 
Wahlvorsteher nicht mitgeteilt, daß sie sich einer 
Person ihres Vertrauens bedienen wolle. Außer- 
dem sei Frau Ella Schuch nicht körperlich, son- 
dern geistig behindert und nicht in der Lage zu 
erfassen, was die Stimmabgabe bedeute. Sie 
könne zwar lesen, erwecke jedoch den Eindruck, 
daß sie den Sinn des Gelesenen nicht erfasse. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer Öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Die Schwester der Einspruchsführerin, Frau Ella 
Schuch, war gemäß § 12 des Bundeswahlgesetzes 
(BWG) wahlberechtigt, da sie gemäß § 13 BWG nicht 
vom Wahlrecht ausgeschlossen war. Dies ergibt sich 
daraus, daß sie in das Wählerverzeichnis der für sie 
zuständigen Gemeinde eingetragen war. Es ist nicht 
Aufgabe des jeweiligen Wahlvorstandes, darüber zu 
befinden, ob, ohne daß die Voraussetzungen des § 13 
BWG vorliegen, der Wahlberechtigte „geistig behin- 
dert und nicht in der Lage (ist) er erfassen, was die 
Stimmabgabe bedeutet.“ Aus diesen Gründen jeden- 
falls hatte der Wahlvorsteher nicht das Recht, den 
Wahlumschlag der Schwester der Einspruchsführe- 
rin zurückzuweisen. 

§ 56 Abs. 2 Satz 2 der Bundeswahlordnung (BWO) be- 
stimmt zwar, daß der Wahlvorstand darauf zu ach- 
ten hat, daß sich immer nur ein Wähler und dieser 
nur so lange wie notwendig, in der Wahlzelle auf hält. 
§ 57 Abs. 1 BWO legt jedoch fest, daß ein Wähler, der 
des Lesens unkundig oder durch körperliche Gebre- 
chen behindert ist, den Wahlstimmzettel zu kenn- 
zeichnen, in den Wahlumschlag zu legen, diesen 
selbst in die Wahlurne zu legen oder dem Wahlvor- 
steher zu übergeben, eine Person seines Vertrauens 
bestimmen kann, deren er sich bei der Stimmabgabe 
bedienen will. Dem Wahlvorstand ist dies bekannt- 
zumachen. § 57 Abs. 2 BWO legt fest, daß sich die Hil- 
feleistung auf die Erfüllung der Wünsche des Wäh- 
lers zu beschränken hat. Die Vertrauensperson darf 
jedoch gemeinsam mit dem Wähler die Wahlzelle 
aufsuchen, soweit das zur Hilfestellung erforderlich 
ist. 

Selbst wenn unterstellt wird, daß es die Schwester 
der Einspruchsführerin unterlassen hat, darauf hin- 


zuweisen, sie bediene sich ihrer Schwester als Ver- 
trauensperson bei der Wahlhandlung, hätte der 
Wahlvorsteher, wenn er das Verhalten der Ein- 
spruchsführerin und ihrer Schwester nicht als kon- 
kludente Bekanntgabe der Vertrauensperson anse- 
hen wollte, die Möglichkeit gehabt, die entspre- 
chende Erklärung abzufragen oder je nach Umstän- 
den die Einspruchsführerin bzw. ihre Schwester auf 
die Möglichkeit des § 56 Abs. 8 BWO aufmerksam 
machen können, wonach sie nach Zurückweisung 
gemäß § 56 Abs. 6 Nr. 4 auf Verlangen einen neuen 
Stimmzettel bekommen könnte. Auch wenn in der 
nicht ausdrücklichen Bekanntgabe der Vertrauens- 
person gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BWO seitens der 
Einspruchsfüherin bzw. ihrer Schwester ein Mitver- 
schulden am Ausschluß des Wahlrechts der Schwe- 
ster der Einspruchsführerin gesehen werden muß, 
hat zu dem Ausschluß auch das Verhalten des Wahl- 
vorstehers beigetragen. 

Da dieser Wahlfehler jedoch angesichts des Stim- 
menverhältnisses keinen Einfluß auf die Mandats- 
verteilung im 9. Deutschen Bundestag haben konnte 
[seit BVerfGE 4, 370 (372 f.) ständige Rechtspre- 
chung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der 
Bundestag angeschlossen hat], war der Einspruch 
im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich 
unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 21 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 49/80 — der Frau Irene Kat- 
harina Danullis, wohnhaft: Rethelstraße 8, 4000 Düsseldorf, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 16. Oktober 1980 an das Bun- 
despräsidialamt, das von dort am 27. Oktober 
1980 an den Deutschen Bundestag weitergeleitet 
wurde, teilt die Einspruchsführerin mit, bedingt 
durch ihren Urlaub habe sie sich für die Brief- 
wahl entscheiden müssen. Am 10. September 
1980 sei ihr die Wahlbenachrichtigung zugegan- 
gen. Diese habe sie ordnungsgemäß mit der 
Schreibmaschine ausgefüllt und noch am glei- 
chen Tage abgesandt. Am 3. Oktober 1980 sei der 
Luftpostbrief (Poststempel 15. September 1980) 
bei ihr am Urlaubsort eingetroffen. Der Brief sei 
vom Wahlamt falsch adressiert worden, so daß 
dieser erst in Italien gewesen und dann nach 
Spanien weitergeleitet worden sei. Dadurch habe 
sie nicht an der für sie wichtigen Wahl teilneh- 
men können. Sie bitte deshalb um eine entspre- 
chende Erklärung. 

Der ihrem Schreiben beigefügte Luftpostbrief 
enthält folgende handschriftliche Anschrift: 

„Danullis, Irene Katharina 

Torre del Mar/Malaga 

Edificio Casa Roma VIII (Lahnstein) 

Italia.“ 

Auf entsprechende Anfrage durch den Wahlprü- 
fungsausschuß teilte die Einspruclisführerin am 
10. November 1980 mit, daß sie ihr Schreiben vom 
16. Oktober 1980 als Einspruch behandelt sehen 
wolle, da durch das Verhalten des Wahlamtes der 
Stadt Düsseldorf ihr eine Wahlbeteiligung un- 
möglich gewesen sei. 

Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat auf Auffor- 
derung des Wahlprüfungsausschusses am 3. De- 
zember 1980 zu dem Vorbringen der Einspruchs- 
führerin Stellung genommen. Es sei richtig, daß 
Frau Danullis sofort nach Erhalt der Wahlbe- 
nachrichtigung ihren Antrag auf Ausstellung ei- 
nes Wahlscheines übersandt habe. Das Wahlamt 
habe mit Datum vom 12. September 1980 den 
Wahlschein an die von Frau Danullis genannte 
Adresse gesandt. Da jedoch ein Land nicht ange- 


geben worden sei, habe eine Mitarbeiterin des 
Wahlamtes in Unkenntnis der geographischen 
Lage der angegebenen Adresse, vielleicht irrege- 
leitet durch die Bezeichnung „Casa Roma“, den 
Wahlschein an die von Frau Danullis genannte 
Anschrift, jedoch mit der Landesbezeichnung 
„Italia“ abgeschickt. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 28 Abs. 4 der Bundeswahlordnung (BWO) 
übersendet die Gemeindebehörde dem Wahlberech- 
tigten Wahlschein und Briefwahlunterlagen mit der 
Luftpost, wenn sich aus seinem Antrag ergibt, daß er 
aus einem außereuropäischen Gebiet wählen will, 
oder wenn die Verwendung der Luftpost sonst gebo- 
ten erscheint. Dieser Verpflichtung ist die zustän- 
dige Gemeinde nachgekommen. Wenn auch nach 
der Neufassung der Bundeswahlordnung gemäß § 28 
Abs. 9 BWO das Risiko für den rechtzeitigen Zugang 
der Briefwahlunterlagen nicht mehr wie in § 25 
Abs. 8 BWO a. F. der Wahlberechtigte trägt, sondern 
§ 28 Abs. 9 BWO nunmehr vorschreibt, daß einem 
Wahlberechtigten, der glaubhaft versichert, ihm sei 
der beantragte Wahlschein nicht zugegangen, ein 
neuer Wahlschein erteilt werden kann, kann diese 
Neuregelung bezüglich der Verteilung des Risikos 
für den betroffenen Wahlberechtigten nur dann von 
Vorteil sein, wenn er tatsächlich noch in der Lage ist, 
bis zum Tag vor der Wahl, 12.00 Uhr, einen neuen 
Wahlschein zu beantragen. 

Wurden deshalb die Briefwahlunterlagen irrtümli- 
cherweise zunächst nach Italien geschickt, liegt 
hierin sicher ein Wahlfehler, an dessen Zustande- 


51 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


kommen die Einspruchsführerin jedoch nicht ganz 
schuldlos ist, weil sie versäumt hat, bei ihrer Ur- 
laubsadresse das Urlaubsland anzugeben. Auch bei 
Unterstellung eines Wahlfehlers seitens der zustän- 
digen Gemeinde kann der Einspruch keinen Erfolg 
haben, weil dieser Wahlfehler angesichts des Stim- 
menverhältnisses keinen Einfluß auf die Mandats- 
verteilung im 9. Deutschen Bundestag haben konn- 
te. Der Einspruch war daher gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
WPG als offensichtlich unbegründet zurückzuwei- 
sen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 22 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 50/80 — der Frau Maria Else 
Ludwig, wohnhaft: Stresemannallee 56 I, 2000 Hamburg 54, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen. 


Tatbestand 

Mit Schreiben vom 7. November 1980 an den Deut- 
schen Bundestag hat Frau Maria Else Ludwig Wi- 
derspruch gegen den Bescheid des Kreiswahlleiters 
vom 19. September 1980 erhoben, weil sie nicht an 
der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 habe teil- 
nehmen dürfen. Ihrem Schreiben sind 18 Anlagen 
beigefügt, die überwiegend im Zusammenhang mit 
der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei der 
Deutschen Bundespost stehen. In der Folgezeit 
übersandte die Einspruchsführerin dem Wahlprü- 
fungsausschuß mit mehreren Schreiben ein Konvo- 
lut von Unterlagen, die für die Wahlprüfung uner- 
heblich sind. 

Die Freie und Hansestadt Hamburg/Bezirksamt 
Eimsbüttel hat mit Schreiben vom 18. November 
1980 zu dem Vorbringen der Einspruchsführerin 
mitgeteilt, der Antrag auf Eintragung in das Wähler- 
verzeichnis sei abgelehnt worden, weil Frau Ludwig 
gemäß Beschluß des Amtsgerichts Hamburg unter 
Pflegschaft wegen geistiger Gebrechen stehe und 
somit gemäß § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes 
(BWG) vom Wahlrecht ausgeschlossen sei. Gegen 
diesen Bescheid habe Frau Ludwig Einspruch einge- 
legt. Ihr sei erklärt worden, dieser Einspruch könne 
nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie nach- 
weisen könne, daß die Pflegschaft aufgrund ihrer 
Einwilligung angeordnet worden sei und daß sie die- 
ses durch Vorlage einer schriftlichen Bescheinigung 
des zuständigen Vormundschaftsgerichts nachwei- 
sen müsse. Frau Ludwig habe dazu erklärt, daß sie 
nicht in der Lage sei, eine solche Bescheinigung vor- 
zulegen. Die Einspruchsführerin habe auf einen ge- 
sonderten Einspruchsbescheid verzichtet und am 
17. September 1980 gleich Beschwerde durch Erklä- 
rung zur Niederschrift eingelegt. 

Mit Schreiben vom 19. September 1980 habe das Be- 
zirksamt Eimsbüttel in seiner Eigenschaft als Ge- 
meindebehörde über den Einspruch und zugleich als 
zuständige Dienststelle des Kreiswahlleiters für den 
Kreiswahlleiter über die Beschwerde entschieden 
und die Beschwerde zurückgewiesen, weil die Vor- 
aussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 3 des BWG nicht ge- 
geben gewesen seien. 


Auf Anfrage des Wahlprüfungsausschusses hat das 
Amtsgericht Hamburg mit Schreiben vom 10. De- 
zember 1980 mitgeteilt, daß für Frau Maria Else Lud- 
wig die Pflegschaft durch Beschluß vom 19. März 
1979 wegen geistiger Gebrechen aufgrund einer gut- 
achtlichen Stellungnahme des Bezirksamtes Eims- 
büttel, Bezirksgesundheitsamt, eingerichtet worden 
sei. Die gegen diesen Beschluß eingelegte Be- 
schwerde sei durch Beschluß des Landgerichts 
Hamburg (IT 85/79) zurückgewiesen worden. Die 
gegen diesen Beschluß eingelegte weitere Be- 
schwerde sei durch Beschluß des Hanseatischen 
Oberlandesgerichts Hamburg vom 10. September 
1979 ebenfalls zurückgewiesen worden. Eine Einwil- 
ligungserklärung des Pfleglings liege nicht vor. 
Nach der Stellungnahme des Bezirksgesundheits- 
amtes sei eine Verständigung mit Frau Ludwig über 
das Wesen einer Pflegschaft nicht möglich gewe- 
sen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist jedoch unzuläs- 
sig. 

Nach § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) ist 
vom Wahlrecht ausgeschlossen, wer entmündigt ist 
oder wegen geistigen Gebrechens unter Pflegschaft 
steht, sofern er nicht durch eine Bescheinigung des 
Vormundschaftsgerichts nachweist, daß die Pfleg- 
schaft aufgrund seiner Einwilligung angeordnet ist. 
Für die Einspruchsführerin ist durch Beschluß des 
Amtsgerichts Hamburg vom 19. März 1979 wegen 
geistiger Gebrechen eine Pflegschaft angeordnet 
worden. 

Wie aus der Stellungnahme der Freien und Hanse- 
stadt Hamburg/Bezirksamt Eimsbüttel und aus der 
Mitteilung des Amtsgerichts Hamburg ersichtlich 
ist, liegt eine Einwilligungserklärung des Pfleglings 
nicht vor. Gemäß § 13 Nr. 2 BWG ist die Einspruchs- 
führerin somit nicht wahlberechtigt. Dabei ist es un- 
erheblich, unter welchen Umständen und in welchen 


53 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Bereichen (in bezug auf welche Angelegenheiten) 
die Pflegschaftsanordnung wegen geistigen Gebre- 
chens erfolgt ist. 

Gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes können 
nur Wahlberechtigte wirksam Einspruch gegen die 
Gültigkeit einer Bundestagswahl einlegen. Da die 
Einspruchsführerin — wie oben ausgeführt — vom 
Wahlrecht ausgeschlossen ist, konnte ihr Schreiben 
vom 7. November 1980 nicht als Einspruch gegen die 
Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag ge- 
wertet werden. 


Rechtsmittelbelehning 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 23 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 52/80 — 

1. der Frau Maria Witzany, 

2. des Herrn Wenzel Witzany, 

3. des Herrn Wenzel Klaus Witzany, 
wohnhaft: Ziegelgasse 16, 6920 Sinsheim, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Die Einspruchsführer haben mit folgendem 
Schreiben vom 23. Oktober 1980 (Briefkopf: Wem 
zel Witzany, Ziegelgasse 16, 6920 Sinsheim) die 
Wahl zum 9. Deutschen Bundestag angefochten: 

„Betrifft: Bundestagswahl vom 5, Oktober 
1980 

Sehr geehrter Herr Wahlleiter! 

Bei der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 
wurden wir von Ihnen an der Ausübung unse- 
res Wahlrechtes (Stimmenabgabe) abgewie- 
sen. Da dies zu Unrecht passiert ist legen wir 
hiermit Beschwerde ein und fechten die Wahl 
an. 

Hochachtungsvoll 
Farn. Witzany” 

Die Gemeinde Schefflenz hat diesen Einspruch 
am 4. November 1980 zusammen mit einer Foto- 
kopie der Seite 89 der Wählerliste für den Wahl- 
bezirk HI dem Kreiswahlleiter des Wahlkrei- 
ses 181 — Odenwald-Tauber — zugeleitet und 
ausgeführt, die Eheleute Witzany seien in das 
Wählerverzeichnis für den Wahlbezirk Unter- 
schefflenz aufgenommen worden, da sie in 
Schefflenz mit Hauptwohnsitz gemeldet gewe- 
sen seien. Zwischenzeitlich seien die Eheleute 
Witzany nach Sinsheim verzogen. Nach der Ein- 
tragung in der Wählerliste seien für die Eheleute 
Witzany Briefwahlunterlagen ausgestellt wor- 
den. Am Wahltage hätten die Eheleute ihr Wahl- 
recht jedoch persönlich ausüben wollen, sie seien 
aber vom Wahlvorsitzenden nicht zur Stimmaus- 
übung zugelassen worden, weil die Wählerliste 
den Vermerk enthalten habe, daß ein Wahlschein 
ausgestellt worden sei. 

Aus der dem Schreiben beigefügten Fotokopie 
der Seite 89 der Wählerliste für den Wahlbe- 
zirk III ist ersichtlich, daß hinter den Namen 


Witzany, Maria, 

Witzany, Wenzel, 

Witzany, Wenzel Klaus, 

in der Spalte „Stimmabgabe” die Abkürzung 
„Wsch.” vermerkt ist. 

Der Kreiswahlleiter des Bundestagswahlkrei- 
ses 181 — Odenwald-Tauber — hat mit Schreiben 
vom 12. November 1980 den Einspruch dem Deut- 
schen Bundestag zugeleitet. Zu dem Vorbringen 
der Einspruchsführer teilt er mit, Familie Wit- 
zany hätte zur Ausübung ihres Wahlrechts auf 
Antrag vom Bürgermeisteramt Schefflenz Wahl- 
scheine und Briefwahlunterlagen erhalten. Ohne 
Vorlage bzw. Rückgabe der ausgestellten Wahl- 
scheine hätten sie dann am Wahlsonntag in ei- 
nem Wahllokal der Gemeinde Schefflenz wählen 
wollen. Familie Witzany sei somit vom Wahlvor- 
stand zu Recht zur Stimmabgabe im Wahllokal 
nicht zugelassen worden. 

Auf erneute Befragung seitens des Wahlprü- 
fungsausschusses hat die Gemeinde Schefflenz 
mit Schreiben vom 24. März 1981 ausdrücklich 
mitgeteilt, die Eheleute Witzany hätten durch Ab- 
gabe ihrer Wahlbenachrichtigungskarte die Aus- 
stellung von Briefwahlunterlagen beantragt. 
Dem Antrag sei entsprochen worden. Die Brief- 
wahlunterlagen seien den Eheleuten Witzany am 
24. September 1980 per Brief zugesandt worden. 

Da die Eheleute Witzany zu diesem Zeitpunkt 
vermutlich nicht mehr in Schefflenz wohnhaft 
gewesen seien und die neue Anschrift nicht be- 
kannt gewesen sei, bestehe die Möglichkeit, daß 
die Briefwahlunterlagen an die Schefflenzer 
Adresse gegangen und von den Eheleuten Wit- 
zany nicht mehr in Empfang genommen worden 
seien. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 


55 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Aus der in Fotokopie beigefügten Wählerliste geht 
hervor, daß die Eheleute Witzany im Wählerver- 
zeichnis eingetragen und somit wahlberechtigt wa- 
ren. Der Vermerk „Wsch.” bedeutet, daß die Ein- 
spruchsführer einen Wahlschein erhalten haben, 
weshalb gemäß § 30 der Bundeswahlordnung (BWO) 
ein entsprechender Vermerk in das Wählerverzeich- 
nis aufgenommen werden mußte. Wer aber einen 
Wahlschein erhalten hat, kann gemäß § 14 des Bun- 
deswahlgesetzes (BWG) an der Wahl im Wahlkreis 
teilnehmen durch Stimmabgabe in einem beliebigen 
Wahlbezirk dieses Wahlkreises oder durch Brief- 
wahl. Gemäß § 56 Abs. 6 Nr. 2 BWO hat der Wahlvor- 
stand jedoch einen Wähler zurückzuweisen, der kei- 
nen Wahlschein vorlegt, obwohl sich im Wählerver- 
zeichnis der Sperrvermerk gemäß § 30 BWO befin- 
det. Aufgrund dieser Bestimmungen hatten die Ein- 
spruchsführer nur die Möglichkeit, ihre Stimme per 
Briefwahl abzugeben oder persönlich nach Vorlage 
des von ihnen beantragten Wahlscheines. Die ge- 
nannten Bestimmungen haben den Zweck, die Mög- 


lichkeit einer Doppelwahl auszuschließen. Der 
Wahlvorstand handelte daher korrekt, wenn er die 
Einspruchsführer auf die rechtliche Situation hin- 
wies und sie nicht zur Wahl ohne Vorlage des Wahl- 
scheines (§ 56 Abs. 6 Nr. 2 i. V. mit § 59 BWO) zuließ. 
Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, daß die 
Einspruchsführer trotz ihres Umzuges nach Sins- 
heim aufgrund ihrer Eintragung in das Wählerver- 
zeichnis der Gemeinde Schefflenz der Meinung wa- 
ren, sie seien auch ohne Vorlage des Wahlscheines 
zur Abgabe ihrer Stimme berechtigt, diesen Irrtum 
müssen sich die Einspruchsführer jedoch selbst zu- 
rechnen lassen. 

Da somit ein Wahlfehler nicht feststellbar war, war 
der Einspruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG 
als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 24 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 56/80 — des Herrn Dr. Wolf- 
ram Rohde-Liebenau, wohnhaft: Eberlestraße 9, 8000 München 71, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

(am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 7. Oktober 1980 an das Kreis- 
wahlamt der Stadt München hat der Einspruchs- 
führer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl 
zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
die Stadt München habe ihn aufgrund eines un- 
zutreffenden Sachverhaltes nicht in das Wähler- 
verzeichnis aufgenommen. 

Bereits mit Schreiben vom 19. September 1980 
hatte der Einspruchsführer zugleich im Namen 
seiner Ehefrau Anke Rohde-Liebenau sich an 
das Landeswahlamt in München gewandt und 
Widerspruch dagegen eingelegt, daß er nicht in 
das Wählerverzeichnis der Stadt München einge- 
tragen worden war. Auf seinen Anruf vom 
19. September 1980 sei ihm von einem Sachbear- 
beiter und anschließend vom Behördenleiter mit- 
geteilt worden, für ihn bestehe keine Möglichkeit 
zur Teilnahme an der Wahl. Dazu weist er in sei- 
nem Schreiben darauf hin, diese Behauptung, die 
davon ausgehe, er hätte seinen Hauptwohnsitz 
von München nach Berlin verlegt, sei falsch. Da 
er Behörden nicht mit vorsorglichen Anträgen 
etc. zu belasten pflege, habe er erst nach seiner 
Rückkehr aus dem Urlaub feststellen können, 
daß ihm keine Wahlbenachrichtigungskarte zu- 
gestellt worden sei. Er halte den Hinweis auf an- 
gebliches Fristversäumnis für unberechtigt und 
stelle deshalb erneut den Antrag auf Aufnahme 
in die Wählerliste und erhebe vorsorglich An- 
fechtung gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl in 
seinem Wahlbezirk. 

Vom Kreiswahlleiter wurde dem Einspruchsfüh- 
rer mit Schreiben vom 29. September 1980 mitge- 
teilt, die Überprüfung seiner Angelegenheit habe 
ergeben, daß dem Einspruch nicht entsprochen 
werden könne. Eine Aufnahme in das Wählerver- 
zeichnis von Amts wegen sei für die Bundestags- 
wahl am 5. Oktober 1980 nicht möglich, da er 
durch Erklärung gegenüber der Einwohnermel- 


debehörde im Jahre 1979 seinen Wohnsitz in Ber- 
lin zum Hauptwohnsitz und seine Münchener 
Wohnung zur Nebenwohnung erklärt habe. Nach 
§ 16 Abs. 2 der Bundeswahlordnung (BWO) wäre 
die Aufnahme in das Wählerverzeichnis nur auf 
Antrag möglich gewesen. Dieser Antrag auf Ein- 
tragung hätte schriftlich bis spätestens zum 
21. Tag vor der Wahl (14. September 1980) beim 
Sachgebiet Wahlangelegenheiten des Kreisver- 
waltungsreferates gestellt werden müssen (§ 18 
Abs. 1 BWO). Diesem Antrag hätte eine Beschei- 
nigung des zuständigen Bezirkseinwohnermel- 
deamtes Berlin beigegeben werden müssen (§18 
Abs. 2 Satz 1 BWO). 

Sein Einwand, daß er bei den bisherigen Wahlen 
Wahlbenachrichtigungskarten erhalten habe, sei 
hierbei ohne Bedeutung, da er bis 1979 in Mün- 
chen mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen und 
somit von Amts wegen in die Wählerverzeich- 
nisse aufzunehmen gewesen sei (§ 16 Abs. 1 
BWO). 

Abschließend heißt es in dem Schreiben, die vor- 
stehende Beschwerdeentscheidung sei vorbe- 
haltlich einer anderen Entscheidung im Wahl- 
prüfungsverfahren endgültig (§ 22 Abs. 5 BWO). 
Hinzugefügt wird der Satz, dieser Sachverhalt 
treffe in vollem Umfang auch für seine Frau 
zu. 

Mit Schreiben vom 7. Oktober 1980 an das Kreis- 
wahlamt (Einspruchsschreiben) wendet er sich 
gegen diese Sachdarstellung und erklärt, die 
Wahl anfechten zu wollen. 

Mit Schreiben vom 14. November 1980 hat der 
Kreiswahlleiter dieses Schreiben dem Deut- 
schen Bundestag zugeleitet; es ging am 25. No- 
vember 1980 beim Deutschen Bundestag ein. In 
diesem Schreiben wird ergänzend darauf hinge- 
wiesen, fernmündlich sei zwischenzeitlich mit 
den zuständigen Meldebehörden in Berlin in die- 
ser Sache Kontakt aufgenommen worden. Von 
Berlin seien die Eintragungen in München bestä- 
tigt worden; nach den Aufzeichnungen in Berlin 


57 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


sei die gesamte Familie in Berlin mit Haupt- 
wohnsitz gemeldet. Eine Eintragung ins Münche- 
ner Wählerverzeichnis hätte somit nur auf An- 
trag erfolgen können. Dem Einspruch vom 
19. September 1980 gegen die nichterfolgte „auto- 
matische” Eintragung ins Wählerverzeichnis sei 
nicht abgeholfen worden, weil er verspätet einge- 
legt worden sei. 

Gemäß Auskunft des Polizeipräsidenten in Ber- 
lin vom 2. Dezember 1980 ist der Einspruchsfüh- 
rer mit seiner Familie seit dem 11. Juni 1969 in 
Berlin 33, Reichensteiner Weg 19, mit Haupt- 
wohnsitz gemeldet; als Nebenwohnung ist Mün- 
chen vermerkt. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist formgerecht eingelegt worden; der 
Wahlprüfungsausschuß hat ihn auch noch als recht- 
zeitig eingelegt betrachtet 

Gemäß § 2 Abs. 4 WPG muß ein Einspruch binnen ei- 
nes Monats nach Bekanntmachung des Wahlergeb- 
nisses beim Deutschen Bundestag eingegangen 
sein. Da das Wahlergebnis am Freitag, dem 24. Okto- 
ber 1980 vom Bundeswahlleiter in Nummer 200 des 
Bundesanzeigers bekanntgemacht worden war, lief 
die Frist am 24. November 1980, 24.00 Uhr, ab. Da 
nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Weiter- 
leitungsschreiben des Kreiswahlleiters der Landes- 
hauptstadt München infolge des Streiks bei der 
Deutschen Bundespost erst einen Tag nach Ablauf 
der Einspruchsfrist (§ 2 Abs. 4 WPG) beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen ist, hat der Wahlprü- 
fungsausschuß — da es im Wahlprüfungsrecht eine 
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht geben 
kann (vgl. Drucksache 8/3579, S. 47 f.) — es dahinge- 
stellt sein lassen, ob in diesem konkret gelagerten 
Fall der Einspruch schon als nicht mehr fristgerecht 
und damit unzulässig zurückgewiesen werden müß- 
te, Er ist jedoch nach Prüfung der Sach- und Rechts- 
lage zu dem Ergebnis gekommen, daß der Einspruch 
gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG offensichtlich unbe- 
gründet ist. 

Aufgrund der Mitteilung der Stadt München und der 
Auskunft des Polizeipräsidenten in Berlin hat der 


Einspruchsführer mit seiner Familie in Berlin sei- 
nen Hauptwohnsitz und seine Nebenwohnung in 
München. Gemäß § 16 Abs. 2 BWO sind auf Antrag in 
das Wählerverzeichnis Wahlberechtigte gern. § 12 
Abs. 1 BWG einzutragen, die ihren Hauptwohnsitz 
im Land Berlin und eine Nebenwohnung im übrigen 
Geltungsbereich des Bundeswahlgesetzes haben. 
Dieser Antrag ist gemäß § 18 Abs. 1 BWO spätestens 
bis zum 2 1 . Tag vor der W ahl bei der zuständigen Ge- 
meindebehörde zu stellen. 

Für Wahlberechtigte mit Hauptwohnsitz im Land 
Berlin hat der Antragsteller gemäß § 18 Abs. 2 BWO 
zusammen mit seinem Antrag auf Eintragung in das 
Wählerverzeichnis der Gemeindebehörde gegen- 
über durch Abgabe einer Erklärung den Nachweis 
für das Innehaben einer Wohnung im Sinne des Mel- 
derechts zu erbringen. Das für den Hauptwohnsitz 
zuständige Bezirksamt (Bezirks-Einwohneramt) im 
Land Berlin hat den Antrag auf Vollständigkeit zu 
prüfen und zu bestätigen, daß der Antragsteller mit 
Hauptwohnsitz im Land Berlin gemeldet ist, die 
Wahlrechtsvoraussetzungen des § 12 BWG erfüllt 
und nicht nach § 13 BWG vom Wahlrecht ausge- 
schlossen ist. Außerdem muß angegeben werden, 
welche Nebenwohnungen im Melderegister ver- 
zeichnet sind. 

Da der Einspruchsführer es unterlassen hat, den 
entsprechenden Antrag form- und fristgerecht ein- 
zureichen, ist die von der Stadtverwaltung München 
getroffene Entscheidung unter wahlrechtlichen Ge- 
sichtspunkten nicht zu beanstanden. Daß der Ein- 
spruchsführer sich bei seinem Schreiben vom 
19. September 1980 möglicherweise in einem Irrtum 
bezüglich der melderechtlichen Vorgänge befand, ist 
für diese Entscheidung ohne Bedeutung. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 25 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 3/80 — der Bürgerpartei — 
Die Partei der Steuerzahler, vertreten durch den Bundesvorsitzenden, 
Dipl.-Kaufmann Bolko Hoffmann, wohnhaft: 4630 Bochum, Post- 
fach 102569 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 18. September 1980 an den 
Bundeswahlleiter, das dieser dem Deutschen 
Bundestag zugeleitet hat, hat der Bundesvorsit- 
zende der Bürgerpartei, Dipl.-Kaufmann Bolko 
Hoffmann, Einspruch gegen die Gültigkeit der 
Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt 

Zur Begründung des Einspruchs trägt er vor, der 
Landeswahlleiter — gemeint ist offensichtlich 
der Landeswahlleiter des Landes Nordrhein- 
Westfalen — wäre verpflichtet gewesen, die 
Staatsanwaltschaft in Bochum fachlich in der 
Weise zu unterrichten, daß eine Wählertäu- 
schung aufgrund der Abfassung des Unterschrif- 
tenformblattes in der Strafanzeige gegen ihn gar 
nicht möglich sei, und er hätte vor allen Dingen 
verhindern müssen, daß das Wahlgeheimnis 
durch Offenlegung der Unterschriftenblätter der 
Bürgerpartei grob fahrlässig verletzt werden 
konnte. Die Staatsanwaltschaft Bochum habe bei 
ihm sogar eine Hausdurchsuchung durchgeführt, 
obwohl der zuständige Staatsanwalt auf sein Be- 
fragen erklärt habe, daß er das Unterschriften- 
blatt vorher überhaupt noch nicht gesehen habe. 
Dabei seien auch Unterlagen beschlagnahmt 
worden, die in gar keinem Zusammenhang mit 
der Untersuchung stehen konnten. 

Anlaß der Untersuchung sei ein Satz in einem in- 
ternen Schreiben, das an die Bundesvorstands- 
und Landesvorstandsmitglieder gerichtet gewe- 
sen sei und für den Außenstehenden aus dem Zu- 
sammenhang gerissen, vielleicht hätte mißver- 
ständlich sein können, jedoch nicht für die Bun- 
des- oder Landesvorstandsmitglieder oder über- 
haupt für Personen wie den Landeswahlleiter, 
die mit den Wahlformalitäten vertraut seien. 

Aus dem vom Einspruchsführer beigefügten Be- 
schluß des Amtsgerichts Bochum ergibt sich, daß 
die zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens 
gegen den Einspruchsführer in seinem genann- 


ten Schreiben an alle Landes- und Bundesvor- 
standsmitglieder der Bürgerpartei enthaltene 
Formulierung folgenden Wortlaut hatte: 

„Schließlich zum z. Zt. wichtigsten Problem der 
Unterschriftensammlung. Ich habe das Gefühl, 
daß einige Bundes- und Landesvorstandsmit- 
glieder die Sache als zu einfach einstufen und 
damit kostbare Zeit verloren geht. Wir müssen 
jetzt in jeder Woche 500 Unterschriften in je- 
dem Land sammeln (Hamburg nur insgesamt 
1 200, Saarland nur insgesamt . . ., Bremen nur 
insgesamt 500) oder wir werden nicht zu den 
Bundestagswahlen zugelassen und erleiden 
damit ein ähnliches Schicksal wie die „Vierte 
Partei” des Herrn Bahner bei den letzten Bun- 
destagswahlen, 

Dabei gehen einige von der Unterschriften- 
sammlung m. E, nicht richtig vor. Der sinnvoll- 
ste Weg ist, sich mit Info-Ständen in Fußgän- 
gerzonen von Städten mit besonderen Pro- 
blemen zu stellen (Kernkraftwerke, Mülldepo- 
nien, Autobahnprojekte oder Ausländerkolo- 
nien). Dabei ist es sehr wichtig zu sagen, wir 
sammeln Unterschriften z. B. gegen eine Auto- 
bahn, gegen die Einrichtung einer Mülldeponie 
oder gegen eine Ausländerflut usw. Von der 
Bürgerpartei sollten Sie so gut wie kaum etwas 
erwähnen. 

Natürlich gibt es auch andere Wege, aber die- 
ser hat sich als der bisher erfolgreichste erwie- 
sen.“ 

Der Einspruchsführer behauptet, es sei eine 
schwere Verunglimpfung aufgrund des etwas un- 
glücklich formulierten Briefes, das gesamte 
Wahlgeheimnis der Bürgerpartei zu brechen, 
eine erhebliche Zahl von Personen durch Krimi- 
nalbeamte aufsuchen zu lassen und bei diesen 
mit falschen Unterstellungen — wie in Essen 
nachweislich geschehen — zu behaupten, in Bo- 
chum sei eine Unkorrektheit geschehen, was 
durch nichts bewiesen sei. Es bedeute eine erheb- 
liche Benachteiligung der Bürgerpartei für die 


59 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Bundestagswahlen, denn der Vorgang gehe ge- 
rüchteweise nicht nur durch Essen, sondern auch 
durch andere benachbarte Städte des Ruhrgebie- 
tes. 

Der Vorgang sei durch nichts gerechtfertigt, auch 
nicht, wenn vielleicht das eine oder andere Un- 
terschritte nblatt — was bei allen Parteien in ge- 
ringer Zahl vorkomme — falsch sei. Er frage sich, 
wie eine Partei, die an öffentlichen Info-Ständen 
Unterschriften sammle, sich dagegen schützen 
könne, daß von Personen vorsätzlich falsche An- 
gaben gemacht würden oder — ein beliebtes Ver- 
fahren der Konkurrenzparteien — , daß richtige 
Angaben mit falschen Unterschriften versehen 
würden. Die Bürgerpartei habe dagegen eine 
ausreichende Überzahl von 160 Unterschriften 
auf Empfehlung der Landeswahlleiter abgege- 
ben. Der Gesetzgeber wolle ja im übrigen nur den 
Nachweis, daß in etwa eine bestimmte Bevölke- 
rungszahl eine Partei für wählbar halte; schon 
aus diesem Grunde werde durch die von ihm dar- 
gestellten Vorgänge grob fahrlässig das Wahlge- 
heimnis verletzt. 

Im übrigen müsse man den Eindruck haben, daß 
durch diese Vorgänge die Bürgerpartei seitens 
einer Behörde öffentlich bewußt verunglimpft 
worden sei, um damit ihre Wahlchancen erheb- 
lich einzuengen. 

Mit einem Ergänzungsschreiben vom 31. Okto- 
ber 1980 erklärt der Einspruchsführer unter Be- 
zugnahme auf die von ihm dargestellten Vorgän- 
ge, er sähe darin einen klaren Verstoß gegen das 
Datenschutzgesetz und weist darauf hin, daß alle 
Unterlagen bei den Staatsanwaltschaften in Bo- 
chum, Essen, Düsseldorf und der Generalstaats- 
anwaltschaft in Hamm beigezogen werden könn- 
ten. Darüber hinaus werde die Wahl wegen des 
Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz ange- 
fochten, weil nachweislich Unterschriftenblätter 
fotokopiert worden seien. Zum Beweis dieser Be- 
hauptung fügt er Kopie eines Schreibens einer 
Frau Hertha Verhoeven aus Rheinbach bei, in 
dem diese dem Einspruchsführer mitteilt, ihre 
Tochter Heike habe ihr berichtet, daß die Stadt 
Rheinbach — Einwohnermeldeamt — Wahlamt 
— von nachfolgenden Personen geleistete Unter- 
schriften fotokopiert hätte: Hertha, Michael, 
Uwe, Heike, Ullrich, Renate Verhoeven. 

Beigefügt hat er diesem Schreiben ferner ein 
Schreiben des Landesverbandes Baden-Würt- 
temberg — Stellvertretender Landesvorsitzen- 
der Erwin Brettschneider — vom 23. Oktober 
1980 an den Einspruchsführer. In diesem Schrei- 
ben wird u. a. behauptet, am 1. September 1980 
seien im Rathaus in Konstanz Formulare der Un- 
terstützungsunterschriften auf einer Datenliste 
erfaßt worden. Außerdem sei eine Reihe von ver- 
gessenen Unterstützungsunterschrifts-Formula- 
ren zunächst zur Datenerfassung gegangen und 
dann eine weitere Liste erstellt und bearbeitet 
worden. Von der Gemeinde Mülheim sei eine 
eingereichte Unterstützungsunterschrift vom 
28. Juli 1980 erst am 5. September 1980 — Post- 
stempel — zurückgeleitet worden. Von den Ge- 


meinden Buchheim und Friedingen seien die ein- 
gereichen elf und neun Unterstützungsunter- 
schriften nicht zurückgeleitet worden. Schließ- 
lich sei die Unterstützungsunterschrift vielfach 
verweigert worden, weil die Bürger Befürchtun- 
gen geäußert hätten, daß sie erfaßt würden. 

Mit Schreiben vom 3. November 1980 hat der Ein- 
spruchsführer ein Schreiben vom 15. Oktober 
1980 des Kreisverbandes Bad Kreuznach-Birken- 
feld der Bürgerpartei nachgereicht, in dem versi- 
chert wird, daß bei der Stadtverwaltung in Bad 
Kreuznach die Unterstützungsunterschriften für 
die Bundestagswahl 1980 fotokopiert worden sei- 
en. Die fotokopierten Unterstützungsunterschrif- 
ten-Formulare seien alle in zwei Ordner gesam- 
melt worden. 

Mit Schreiben vom 10. November 1980 hat der 
Einspruchsführer ein weiteres Schreiben des K.- 
Bodo Kleeves nachgereicht, in dem dieser be- 
hauptet, als er sich seinerzeit die Unterschriften 
von seiner Frau und sich beim Einwohnermelde- 
amt der Apehner Gemeinde habe bescheinigen 
lassen, habe der Verwaltungsangestellte diese 
Anmeldung fotokopiert und auf Protest hin er- 
klärt, daß sei so von der Regierung in Oldenburg 
angeordnet worden und diene dem Verfassungs- 
schutz als Unterlage. Auch der Gemeindedirek- 
tor hebe sich solche Unterlagen aus Interesse 
auf. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Nicht nur die Durchführung, sondern bereits die 
Vorbereitung der Wahl ist formalisiert und steht un- 
ter dem besonderen Schutz strafrechtlicher Bestim- 
mungen. Wenn für Kreiswahlvorschläge bzw. Lan- 
deslisten von Parteien, die im Deutschen Bundestag 
oder in einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht 
aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen 
mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, 
die persönliche und handschriftliche Unterschrift 
von mindestens 200 bzw. höchstens 2 000 Wahlbe- 
rechtigten erforderlich ist [§ 18 Abs. 2 i. V. m. § 20 
Abs. 2 und § 27 des Bundeswahlgesetzes (BWG) und 
§ 34 Abs. 4 sowie § 39 Abs. 4 Bundeswahlordnung 
(BWO)], so bedeutet es keine Verletzung wahlrecht- 
licher Bestimmungen, wenn seitens der Strafverfol- 
gungsbehörden Maßnahmen ergriffen werden, die 
sichern sollen, daß die Bestimmungen des Bundes- 
wahlgesetzes und der Bundeswahlordnung bei der 
Vorbereitung der Wahl eingehalten werden. 

Gemäß § 34 Abs. 4 bzw. § 39 Abs. 3 und 4 BWO sind 
die gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 27 Abs. 1 BWG er- 
forderlichen Unterschriften auf amtlichen Form- 
blättern zu leisten, die auf Anforderung vom Kreis- 


60 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Wahlleiter kostenfrei geliefert werden (§ 34 Abs. 4 
Nr. 1 BWO). Im Kopf dieser Formblätter wird darauf 
hingewiesen, daß jeder W’ahiberechtigte mit seiner 
Unterschrift nur einen Kreiswahlvorschlag bzw. nur 
eine Landesliste unterstützen darf und sich nach 
§ 108 d i. V. mit § 107 a StGB strafbar macht, der 
mehrere Kreiswahlvorschläge bzw. mehrere Lan- 
deslisten unterzeichnet. Die Festlegung einer be- 
stimmten Zahl von Unterschriften von Wahlberech- 
tigten soll dazu dienen, daß sich nur solche „neue” 
Parteien an der Wahl beteiligen, die in der Öffent- 
lichkeit bereits eine gewisse Anhängerschaft unter 
den Wählern gefunden haben. Darüber hinaus hat 
diese vom Bundesverfassungsgericht für verfas- 
sungsgemäß erklärte Regelung [BVerfGE 3, 19 (31)] 
den Zweck, schon bei der Wahl einer Zersplitterung 
der Stimmen und der Bildung von Zwergparteien 
vorzubeugen [BVerfGE 41, 399, (421)]. Diese sich aus 
den gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Ziele 
können nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg 
haben, wenn sie auch strafbewehrt sind. Hat aber 
der Einspruchsführer selbst durch sein angezogenes 
Schreiben mindestens den Anschein einer unzuläs- 
sigen Beschaffung der erforderlichen Unterschrif- 
ten erweckt, kann er sich nicht darauf berufen, 
durch die Ermittlungsbehörden sei seiner Partei ein 
erheblicher Nachteil entstanden. Soweit durch die 
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn 
seiner Partei überhaupt ein Nachteil entstanden ist, 
hat er ihn selbst zu vertreten. 

Wird aber durch die Unterschriftsklauseln in §20 
Abs. 2 Satz 2 und § 27 Abs. 1 BWG der Grundsatz der 
geheimen Wahl nicht verletzt, gilt dies auch, soweit 
die Ermittlungsbehörden im Rahmen des Ermitt- 
lungsverfahrens gegen den Einspruchsführer bei 
Dritten Nachforschungen angestellt haben. Zwar 
darf das Wahlgeheimnis nicht in einem weiteren 
Umfang preisgegeben werden, als das Zulassungs- 
verfahren für Wahlvorschläge erfordert. Die Unter- 
zeichner von Wahlvorschlägen werden jedoch durch 
das Wahlgeheimnis insoweit nicht geschützt, als das 


Wahlverfahren eine Offenlegung ihrer Namen not- 
wendig macht. Müssen sie somit hinnehmen, daß 
ihre Unterschriften von anderen Wahlberechtigten 
bzw. von Bediensteten der Gemeindebehörden zur 
Kenntnis genommen werden, dann ist nicht als Ver- 
letzung des Grundsatzes der geheimen Wahl anzuse- 
hen, wenn Ermittlungsbeamte nachprüfen, ob die 
Unterschriften unter Wahlvorschlägen ordnungsge- 
mäß eingeholt worden sind oder nicht. 

Aufgrund der Bestimmungen des Bundeswahlgeset- 
zes und der Bunde swahlordnung kann auch in der 
Überprüfung der Unterschriften für die Wahlvor- 
schläge keine Verletzung des Datenschutzgesetzes 
erblickt werden. Damit vermögen auch die weiteren 
vom Einspruchsführer nachgereichten Schreiben 
und die darin dargestellten Vorgänge den Einspruch 
nicht zu begründen; abgesehen davon, daß ein Ver- 
stoß gegen das Datenschutzgesetz nicht Gegenstand 
einer Wahlprüfung sein kann. Aufgabe der Wahlprü- 
fung ist es ausschließlich festzustellen, ob die Verlet- 
zung wahlrechtlicher Bestimmungen bei der Wahl 
auf die Mandatsverteilung von Einfluß war oder 
hätte sein können. 

Da eine Verletzung wahlrechtlicher Bestimmungen 
nicht erkennbar ist, war der Einspruch im Sinne des 
§ 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet 
zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


61 




Deutscher Bundestag — Q.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 26 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 6/80 — des Herrn 
Hermann Fritz, wohnhaft: Markgrafenstraße 40, 7830 Emmendingen, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 21. September 1980, gerichtet 
„an den Wahlausschuß des Deutschen Bundesta- 
ges“, hat der Einspruchsführer Einspruch gegen 
die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bun- 
destag eingelegt, im Betreff jedoch angegeben: 
„Meine Wiedergutmachung”. 

Da aus seinem Einspruchsschreiben nicht er- 
sichtlich war, womit er seinen Einspruch begrün- 
den wollte, — er nahm im wesentlichen auf sei- 
nen Wiedergutmachungsfall Bezug — , wurde er 
mit Schreiben vom 26. September 1980 gebeten, 
seine Gründe für die Wahlanfechtung darzule- 
gen. 

In seinem Schreiben vom 8. Oktober 1980 nimmt 
er zwar erneut auf seine Wiedergutmachungsan- 
gelegenheit Bezug, bezeichnet sich als Opfer des 
Nationalsozialismus, der eine „schäbige Bezah- 
lung nach dem Kriegsfolgegesetz” erhalten habe 
und erklärt, aus diesem Grunde habe er zur Bun- 
destagswahl für „die Partei der aktiv. Wider- 
standsgruppe gegen das III. Reich sprechen” wol- 
len. Da man ihm das Sprechen im Rundfunk ver- 
weigert habe, fechte er die Wahl an. 

In einem weiteren Schreiben vom 24. Oktober 
1980 läßt sich der Einspruchsführer erneut über 
die Frage der Wiedergutmachung nazistischen 
Unrechts aus, ohne weitere Gründe für seinen 
W’^ahleinspruch vorzutragen. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Voraussetzung eines Einspruchs ist ein konkreter 
und substantiierter Sachvortrag. Da der Einspruchs- 
führer mit Ausnahme der Behauptung, ihm sei das 
Sprechen im Rundfunk verweigert worden, keine 
konkreten Tatsachen vorträgt — ein Anspruch auf 
Zuteilung einer Sendezeit während des Wahlkamp- 
fes steht nur den an der Wahl beteiligten politischen 
Parteien zu — , entsprechen seine Ausführungen 
nicht der Substantiierungspflicht des § 2 Abs. 3 
WPG. Wie das Bundesverfassungsgericht in einem 
Wahlprüfungsbeschwerde-Verfahren festgestellt 
hat, befreit der Grundsatz der Amtsermittlung den 
Einspruchsführer nicht von der Darlegungslast 
[BVerfGE 48, 271 (280)]. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


63 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 27 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 8/80 — des Herrn Rudolf 
Werner, wohnhaft: Antoniusstraße 78, 6418 Hünfeld-Großenbach, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 12. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt. 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
bei der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 habe 
er im Stadtteil Großenbach feststellen können, 
daß 60 Stimmen der Briefwahl nicht zu dem an- 
teiligen Stimmergebnis vom Stadtteil angerech- 
net worden seien. Diese 60 Briefwahlstimmen 
hätten somit auch nicht die Endkontrolle im 
Stadtteil Großenbach durchlaufen. Von einem 
endgültigen und gültigen Wahlergebnis könne 
daher keine Rede mehr sein. 

Auf Aufforderung des Wahlprüfungsausschusses 
vom 17. November 1980 hat die Stadt Hünfeld mit 
Schreiben vom 27. November 1980 zu den Aus- 
führungen des Einspruchsführers Stellung ge- 
nommen und u. a, ausgeführt: 

Die vom Beschwerdeführer gegebene Begrün- 
dung sei nicht stichhaltig. 

Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 BWG sei bestimmt, daß 
Briefwahlvorsteher und Briefwahlvorstände für 
jeden Wahlkreis für einzelne oder mehrere Ge- 
meinden oder für jeden Kreis innerhalb des 
Wahlkreises eingesetzt werden könnten. Der 
Hessische Minister des Innern habe angeordnet 
[§ 8 Abs. 3 Satz 2 BWG i. V. m. § 1 Abs. 1 der Ver- 
ordnung über die Zuständigkeit zur Bildung der 
Wahlorgane für die Wahl des Deutschen Bundes- 
tages vom 25. Februar 1980 (GVBl. I S. 85)], daß 
bei jeder Gemeinde ein oder mehrere Briefwahl- 
vorstände zu bilden seien. 

Der Magistrat der Stadt Hünfeld habe entschie- 
den, daß für den Bereich der Stadt ein Briefwahl- 
vorstand gebildet werde. Von diesem seien dann 
die 1 134 Briefwahlstimmen der Stadt Hünfeld 
ausgezählt und dem Kreiswahlleiter gemeldet 
worden. 


Die Möglichkeit der Endkontrolle des Wahler- 
gebnisses sei dem Einspruchsführer dadurch 
entzogen gewesen, daß der Magistrat für den 
Wahlbezirk Nr. 6 — Stadtteil Großenbach — 
keinen besonderen Briefwahlvorstand gebildet 
hatte. 

Zu dieser Stellungnahme äußert sich der Ein- 
spruchsführer mit Schreiben vom 18. Dezember 
1980 und führt aus: Bürgermeister Dr. Fennel 
gebe selbst zu, daß der Magistrat der Stadt Hün- 
feld für den Wahlbezirk Nr. 6 — Stadtteil Großen- 
bach — keinen besonderen Briefwahlvorstand 
gebildet habe. Der zuständige Wahlvorsteher An- 
ton Dörfler habe ihm erklärt, daß sich die 60 
Briefwahlstimmen im Sack der Stadt Hünfeld 
befänden. Durch den Verlust von diesen Stim- 
men könne es nicht zu einem endgültigen noch 
gültigen Wahlergebnis kommen. Aufgrund dieser 
Tatsache vertrete er die Auffassung, daß nicht 
alle Wahlbestimmungen eingehalten worden 
seien. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Die Entscheidung der Stadt Hünfeld, für den Be- 
reich dieser Stadt einen Briefwahlvorstand zu bil- 
den, ist aufgrund der in der Stellungnahme der Stadt 
Hünfeld genannten Rechtsvorschriften nicht zu be- 
anstanden. Nach § 8 Abs. 3 BWG, der durch das 
Fünfte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgeset- 
zes vom 20. Juli 1979 in das Bundeswahlgesetz einge- 
führt worden ist, kann die Landesregierung oder die 
von ihr bestimmte Stelle durch besondere Anord- 
nung die mit der Briefwahl zusammenhängenden 


65 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


organschaftlichen Aufgaben in Abweichung von der 
Regelung des § 8 Abs. 1 BWG, wonach grundsätzlich 
mindestens ein Briefwahlvorsteher und ein Brief- 
wahlvorstand für jeden der 248 Bundestagswahl- 
kreise zu bilden ist, Briefwahlorganen auf Gemein- 
de- oder auf Kreisebene zuweisen. Zur Ermittlung 
und Feststellung der Briefwahlergebnisse können 
danach anstelle von Briefwahlorganen auf der 
Ebene der Wahlkreise des jeweiligen Landes ein 
Briefwahlvorsteher und ein Briefwahlvorstand oder 
mehrere Briefwahlvorsteher und mehrere Brief- 
wahlvorstände entweder für einzelne Gemeinden 
oder für mehrere Gemeinden zusammen oder für je- 
den Kreis innerhalb eines Wahlkreises gebildet wer- 
den. Wieviel Briefwahlvorstände in den einzelnen 
Gemeinden oder Kreisen zu bilden sind, damit das 
Ergebnis der Briefwahl noch am Wahltage festge- 
stelltwerden kann, entscheidet die Landesregierung 
oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 8 Abs. 3 BWG). 

Da der Magistrat der Stadt Hünfeld aufgrund der 
Anordnung des Hessischen Ministers des Innern für 
die Stadt Hünfeld entschieden hatte, nur einen 
Briefwahlvorstand zu bilden, waren alle Wahlbriefe 
gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 BWO an die Gemeinde Hün- 
feld zu richten. Da für den Wahlbezirk 6 — Stadtteil 
Großenbach — kein gesonderter Briefwahlvorstand 
gebildet war, konnte höchstens aufgrund der Ver- 
merke im Wählerverzeichnis für diesen Wahlbezirk 
festgehalten werden, wie viele Wähler von der Mög- 
lichkeit zur Briefwahl Gebrauch machen wollten, 
aber nicht festgestellt werden, wer von dieser einge- 
räumten Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch ge- 
macht hat. Mußten aufgrund des § 66 Abs. 2 BWO 


alle Wahlbriefe direkt an die Gemeinde Hünfeld ge- 
richtet werden, unterlagen diese Wahlbriefe nicht 
der Kontrolle durch den Wahlvorstand des Wahlbe- 
zirkes Nr. 6 — Stadtteil Großenbach — . 

Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der 
Einspruchsführer aufgrund der Unkenntnis über die 
Rechtsgrundlagen und die daraus zu ziehenden 
Rechtsfolgen von der Annahme ausgeht, die im 
Wählerverzeichnis des Wahlbezirks Nr. 6 — Stadt- 
teil Großenbach — als Briefwähler ausgewiesenen 
Wahlberechtigten hätten ihre Wahlbriefe auch dem 
Wahlvorstand dieses Stadtteiles zuleiten müssen. 
Da aufgrund der Stellungnahme der Stadt Hünfeld 
davon auszugehen ist, daß auch die Wahlbriefe des 
Wahlbezirks 6 — Stadtteil Großenbach — ordnungs- 
gemäß der Gemeinde der Stadt Hünfeld zugeleitet 
wurden, vermag der Wahlprüfungsausschuß keinen 
Wahlfehler festzustellen, weshalb der Einspruch im 
Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich 
unbegründet zurückzuweisen war. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 28 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 9/80 — des Diplom-Inge- 
nieurs Joachim Goepfert, wohnhaft; Taubenweg 21, 3014 Laatzen 1, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen; 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit einem Telegramm vom 7. Oktober 1980, er- 
gänzt durch ein Schreiben vom 22. Oktober 1980 
an den Bundeswahlleiter, die dieser dem Deut- 
schen Bundestag zugeleitet hat, hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt. 
Nach Bestätigung des Eingangs seines Ein- 
spruchs beim Deutschen Bundestag hat er seine 
Einspruchsbegründung mit Schreiben vom 7. De- 
zember 1980 konkretisiert und diesem Schreiben 
statistisches Material sowie Kopien von Zei- 
tungsausschnitten beigefügt. 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er 
vor; 

Das Wahlergebnis für die Bundestagswahl vom 
5. Oktober 1980 sei durch Wählertäuschung zu- 
stande gekommen. Da nur jeder sechste Wahl- 
bürger, wie aus Zeitungsberichten bekannt sei, 
die Bedeutung der Zweitstimme gekannt habe, 
sei es der FDP aufgrund ihrer Wahlpropaganda 
gelungen, der SPD, CDU/CSU, den Grünen und 
der DKP bundesweit bezüglich der Zweitstim- 
men erhebliche Verluste zuzufügen. Während 
die genannten vier Parteien an Erststimmen 
1256447 Stimmen verloren hätten, habe die FDP 
an Zweitstimmen 1309751 Stimmen dazugewon- 
nen, das seien 53 304 Stimmen mehr als die vier 
Parteien eingebüßt hätten. 

Dieser FDP-Zugewinn beruhe deshalb auf Roß- 
täuscher-Tricks, Halbwahrheiten, Halblügen, 
Mißbrauch der Wähler, vor allem der Uninfor- 
miertheit, Ausnutzung der Tatsache, daß die Un- 
terteilung in Erst- und Zweitstimmen vom Ge- 
setzgeber seinerzeit unglücklich und verwirrend 
vorgenommen worden sei. 

Der Einspruchsführer stellt den Antrag; 

— Nur die Erststimmen zu werten, sowohl für 
die Direktkandidaten als auch für die prozen- 
tuale Sitzverteilung, 

— die Zweitstimme für ungültig zu erklären. 


Oder hilfsweise: 

Das gesamte Wahlergebnis für nichtig zu er- 
klären und die sich daraus ergebenden 
Schritte einzuleiten. 

Zusätzlich; 

Die Wahlgeldzuschüsse nach den Erststim- 
men aufzuteilen. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

In § 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) hat der Ge- 
setzgeber die Zusammensetzung des Deutschen 
Bundestages und die Wahlrechtsgrundsätze festge- 
legt, die für die Zusammensetzung des Deutschen 
Bundestages entscheidend sind. Danach sind die 
Mitglieder des Deutschen Bundestages „nach den 
Grundsätzen einer mit der Personenwahl verbunde- 
nen Verhältniswahl” zu wählen. Diese Grundsätze 
werden in § 1 Abs. 2 BWG normiert, wonach die 
Häfte der Mitglieder des Bundestages als Direktbe- 
werber auf der Grundlage von Vorschlägen in den 
Wahlkreisen nach den Grundsätzen der relativen 
Mehrheitswahl (§ 5 Abs. 1 BWG), die übrigen nach 
„gebundenen” Landeslisten der Parteien in den Län- 
dern nach den Grundsätzen der Verhältniswahl — 
Proportionalwahl — über Landeslisten gewählt wer- 
den. 

Der Gesetzgeber ist bei der Ausgestaltung der ver- 
schiedenen Wahlsysteme - Mehrheitswahl bzw. Ver- 
hältniswahl — verpflichtet, diese einheitlich und fol- 
gerichtig auszugestalten; er darf insbesondere keine 
strukturwidrigen Elemente einführen [BVerfGE 11, 
351 (362)]. Danach ist zwar jede Vermischung von 


67 


Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Wahlsystemen, die deren Grundsätze verunklärt, 
unzulässig, nicht jedoch ein System, das nebenein- 
ander, aber getrennt zwei verschiedene Wahlsy- 
steme für Teile der zu wählenden Abgeordneten zur 
Anwendung bringt. Das Bundeswahlgesetz enthält 
in § 1 Abs. 1 Satz 2 eine solche Kombination, deren 
Ausgestaltung im Bundeswahlgesetz vom Bundes- 
verfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung als 
verfassungskonform beurteilt worden ist [BVerf- 
GE 41, 399 (423)]. 

Auch der in § 6 Abs. 2 BWG geregelte „Verhältnis- 
ausgleich”, wonach der für jede Landesliste ermittel- 
ten Abgeordnetenzahl die Zahl der von der Partei in 
den Wahlkreisen des betroffenen Landes errunge- 
nen Wahlkreissitze abgezogen werden, ist nach stän- 
diger Rechtsprechung des Bundesverfassungsge- 
richts verfassungskonform. Nach Auffassung des 
Bundesverfassungsgerichts kommt es allein darauf 
an, daß „dem prinzipiellen Gebot des gleichen Er- 
folgswertes jeder Wähler stimme als der spezifi- 
schen Ausprägung, die die Wahlrechtsgleichheit un- 
ter dem Verhältniswahlsystem erfährt”, Rechnung 
getragen wird [BVerfGE 11, 351 (362)]. 

Kann der Einspruch daher nicht auf die Verfas- 
sungswidrigkeit der Ausgestaltung der Wahlrechts- 
grundsätze im Bundeswahlgesetz gestützt werden, 
reicht auch der Hinweis auf die Ausnutzung der im 
Bundeswahlgesetz eingeräumten Möglichkeiten für 
die Wahlvorschlagsträger bzw. Wähler nicht aus, den 
Wahleinspruch zu begründen. 

Nicht erst bei der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
ist von allen politischen Parteien, die an den Bundes- 
tagswahlen teilnahmen, auf die Bedeutung der 


Zweitstimmen hingewiesen worden. Entsprechende 
Hinweise enthielten auch politische Sendungen in 
den Medien oder Beiträge in den Publikationen, so- 
weit sie sich mit den bevorstehenden Wahlen befaß- 
ten. Wenn gleichwohl ein Teil der Wähler in Un- 
kenntnis der Rechtslage bei der Abgabe der Stimme 
der Zweitstimme nicht die Bedeutung beigemessen 
haben sollte, die ihr nach dem Bundeswahlgesetz zu- 
kommt, so kann diese Unkenntnis nicht als ausrei- 
chende Begründung eines Wahleinspruchs angese- 
hen werden. Auch wenn politische Parteien oder 
Gruppen hauptsächlich um Zweitstimmen werben, 
ganz gleich in welcher Form, weil sie aufgrund vor- 
angegangener Wahlen kaum in der Lage sind, Di- 
rektbewerber aufgrund der Erststimmen durchzu- 
bringen, kann darin keine unzulässige, eine Wahlan- 
fechtung begründende Wahlpropaganda gesehen 
werden. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


68 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 29 


Beschluß 

in der Wahlanfechtungssache — Az.; WP 13/80 — des Herrn H. Ruff, 
wohnhaft; Am Mühlenteich 39, 2160 Stade, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutschen Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 6. Oktober 1980 an den Kreis- 
wahlleiter, das über den Niedersächsischen 
Landeswahlleiter und den Bundeswahlleiter 
dem Bundestag zugeleitet wurde, hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt. 

Da sein Einspruch nur aus dem Satz „Gegen die 
Bundestagswahl vom 5. Oktober 1980 erhebe ich 
Einspruch” besteht, wurde dem Einspruchsfüh- 
rer mit Schreiben vom 15. Oktober 1980 vom 
Wahlprüfungsausschuß mitgeteilt, nach der 
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 
müsse die Begründung mindestens den Tatbe- 
stand, auf den die Anfechtung gestützt werde, er- 
kennen lassen und genügend substantiierte Tat- 
sachen enthalten. Es wurde ihm anheimgestellt, 
unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt seinen 
Einspruch zu prüfen und ggf. von der Möglichkeit 
Gebrauch zu machen, den Einspruch zurückzu- 
nehmen oder ihn zu konkretisieren. 

Aufgrund dieses Schreibens teilte der Ein- 
spruchsführer mit Schreiben vom 6. November 
1980 mit: 

„Meinen Widerspruch gegen die Bundestagswahl 
halte ich aufrecht”. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 2 
und 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der 
Anberaumung einer öffentlichen mündlichen 
Verhandlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist zwar frist-, aber nicht formgerecht 
beim Deutschen Bundestag eingegangen; er ist aus 
diesem Grunde unzulässig. 

Obwohl dem Einspruchsführer mit Schreibern vom 
15. Oktober 1980 Gelegenheit gegeben wurde, seinen 
Einspruch zu begründen, hat er von dieser Möglich- 
keit keinen Gebrauch gemacht und damit dem Man- 
gel im Sinne des § 2 Abs. 3 WPG nicht abgeholfen. 
Gemäß § 2 Abs. 1 und 3 WPG erfolgt die Wahlprü- 
fung nur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die 
Begründung muß mindestens den Tatbestand, auf 
den die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen 
und genügend substantiierte Tatsachen enthalten 
[vgl. BVerfGE 40, 11 (30); 48, 271 (276)]. 

Da ein nicht begründeter Einspruch als unzulässig 
zurückzuweisen ist (s. Seifert, Bundeswahlrecht, 

3. Aufl., S. 383), hat der Ausschuß im Sinne des § 6 
Abs. 1 a Nr. 2 WPG entsprechend beschlossen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


69 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 30 


Beschluß 

in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 15/80 — des Herrn 
Franz Haase, wohnhaft: Königsberger Straße 2, 2139 Sittensen 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird als unzulässsig zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 11. Oktober 1980, ergänzt 
durch ein Schreiben vom 21. Oktober 1980, hat 
der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gül- 
tigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
eingelegt. 

Zur Begründung trägt er vor, er habe bei der 
Bundestagswahl vom 5. Oktober 1980 erstmalig 
sich aktiv am Wahlkampf beteiligt, sei jedoch 
durch Geheimpolizisten im Wahlkampf behin- 
dert worden. Die weitere Begründung besteht 
aus Beleidigungen von Verfassungsorganen und 
antisemitischen Hetzparolen; darüber hinaus 
verwendet er in seinem zweiten Schreiben Nazi- 
symbole. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 2 
und 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der 
Anberaumung einer öffentlichen mündlichen 
Verhandlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen, er ist jedoch unzu- 
lässig. 

Abgesehen davon, daß der Einspruchsführer seiner 
Begründungspflicht nicht nachgekommen ist — 
nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- 
gerichts muß die Begründung mindestens den Tat- 
bestand, auf den die Anfechtung gestützt ist, erken- 


nen lassen und genügend substantiierte Tatsachen 
enthalten [BVerfGE 40, 11 (30); 48, 271 (276)] — , 
weshalb der Einspruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
WPG als offensichtlich unbegründet zurückgewie- 
sen werden könnte, hat der Wahlprüfungsausschuß 
aufgrund der Beleidigungen und Ausfälle in den 
Schriftstücken des Einspruchsführers, welche die 
gerade noch vertretbaren Grenzen bei weitem über- 
schreiten, beschlossen, seinen Wahleinspruch als 
unzulässig zurückzuweisen. Da die Beleidigungen 
nicht nur als nebenbei gemacht anzusehen sind, son- 
dern den Hauptteil seiner Schriftsätze ausfüllen, 
sieht der Wahlprüfungsausschuß Parallelen zu den 
Grenzen der Erledigungspflicht bei Beleidigungen 
des Petitions adressaten. Der Ausschuß kann auf- 
grund der Schwere der Beleidigungen und Ausfälle 
dem Einspruchsführer einen selbständigen Recht- 
fertigungsgrund nicht zuerkennen (vgl. auch 
Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Kommentar zum 
Grundgesetz, Artikel 17 RandNr. 45 ff). 

Der Einspruch war deshalb im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 2 WPG als unzulässig zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


71 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 31 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.; WP 16/80 — der Frau Elisabeth 
Mackert, wohnhaft: Bruderhof Straße 80, 7700 Singen/Htw., 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 21. September 1980 hat die 
Einspruchsführerin Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl des Direktkandidaten im Wahl- 
kreis 191 — Konstanz — eingelegt. 

Zur Begründung ihres Einspruchs, in dem sie 
auf ihr Schreibern vom 29./30. November 1979 an 
den Regierungspräsidenten in Freiburg Bezug 
nimmt, führt sie aus, der bisherige Wahlkreisab- 
geordnete des Wahlkreises Konstanz habe sein 
Amt zur vollsten Zufriedenheit der Bürger ge- 
führt. Sein Nachfolger in diesem Wahlkreis habe 
seinen Vorgänger dadurch getäuscht, daß er vor- 
gegeben habe, nicht gegen ihn zu kandidieren. 
Da die Qualifikation eines Abgeordneten äußerst 
wichtig sei, vertrete sie die Auffassung, daß der 
im Wahlkreis Konstanz — 191 — gewählte Abge- 
ordnete hinsichtlich seiner Erfahrung seinem 
Vorgänger nicht das Wasser reichen könne. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 


Nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses 
können Anfechtungen einer Wahl auch bereits vor 
dem Wahltag eingereicht werden, wenn sie Mängel 
bei der Wahlvorbereitung zum Gegenstand haben. 
Die Ausschlußfrist des § 2 Abs. 4 WPG — binnen ei- 
nes Monats nach Bekanntmachung des Wahlergeb- 
nisses — dient nur dem öffentlichen Interesse an ei- 
ner alsbaldigen Klarheit über die Gültigkeit der 
Wahl. 

Der Einspruch kann somit als fristgerecht angese- 
hen werden; die Ausführungen der Einspruchsfüh- 
rerin können jedoch einen Einspruch gegen die 
Wahl nicht begründen. Die Einspruchsführerin hat 
keine Formfehler bei der Vorbereitung der Wahl 
vorgetragen, die geeignet gewesen wären, das Wahl- 
ergebnis zu verfälschen. Subjektive Vorstellungen 
von Wahlberechtigten über die Qualifikation eines 
Direktbewerbers vermögen deshalb einen Wahlein- 
spruch nicht zu begründen. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannnten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


73 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 32 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 19/80 — des Herrn 
Joachim Rector, wohnhaft: Benediktiner Weg 26, 7972 Isny/ Allgäu, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen 

„Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt. 

Zur Begründung seines Einspruchs tragt er vor: 
„Im Verlauf der Vorbereitungen für eine Bundes- 
tagswahl, welche für die wählbaren Bürger und 
auch für die wahlberechtigten Bürger mit Recht 
den Anspruch auf — Gleichheit — der Chancen 

vor dem Gesetz erwarten darf”, habe es sich 

offensichtlich herausgestellt, daß dieses Grund- 
recht der Gleichheit vor dem Gesetz einmal für 
den Einzelbewerber als Direktkandidat und ein- 
mal für die wahlberechtigten Bürger — welche 
durch mangelnde Informationen über den Di- 
rektkandidaten als Einzelbewerber und über 
seine politischen Zielsetzungen ihres Grund- 
rechts auf Wahlinformation beraubt blieben — 
nicht gewährleistet worden sei. So sei der bereits 
für den Druckabzug fertige Vorstellungsbericht 
in der Schwäbischen Zeitung, Biberach, über den 
Einspruchsführer als Einzelbewerber nicht ver- 
öffentlich worden. Er vertrittt die Auffassung, 
selbstverständlich sei die freie Presse auch inso- 
weit frei, Wahlinformationen eines amtlich zuge- 
lassenen Direktkandidaten nicht zu veröffentli- 
chen, aber für diesen Eventualfall hätte der Ge- 
setzgeber zumindest den Bundesw’^ahlleiter, die 
Landeswahlleiter und auch die Kreiswahlleiter 
gesetzlich bevollmächtigen müssen, die Wahlin- 
formation des Direktkandidaten bzw. die Infor- 
mation über den Einzelbewerber auf dem Weg 
der „Amtlichen Bekanntmachung zur Bundes- 
tagswahl” an den wahlberechtigten Bürger ge- 
langen zu lassen. In dieser Unterlassung sieht er 
einen Verstoß des Gleichheitssatzes sowie eine 
Verletzung der Grund- und Menschenrechte. 

Er beantragt, eine Neuwahl zum 9. Deutschen 
Bundestag im gesamten Bundesgebiet bzw. hilfs- 
weise im Wahlbezirk 196 — Biberach — anzuord- 
nen. Ergänzend beantragt er, die Wahlwerbeko- 
sten als Schadensersatzanspruch anzuerken- 
nen. 


Für den Fall, daß die Mitglieder des Wahlprü- 
fungsausschusses sich wegen der gegen den Ge- 
setzgeber erhobenen Vorwürfe selbst für befan- 
gen erachten oder erklären sollten, solle der Bun- 
destag beschließen, die Wahlprüfung dem Verfas- 
sungsorgan des Bundespräsidenten zu überge- 
ben. 

In einem weiteren Schreiben vom 9. November 
1980 erklärt der Einspruchsführer, der Einzeibe- 
werber habe auch gegenüber dem Direktkandi- 
daten einer Partei nicht die Chancengleichheit 
der Vor-Finanzierung seiner Wahlwerbekosten. 
Es könne nicht bei jedem Einzelbewerber vor- 
ausgesetzt werden, daß er mindestens Fabrikbe- 
sitzer sei, dessen 20000 Mitarbeiter ihm in jedem 
Falle auch die 10-Prozent-Hürde der Rückerstat- 
tungsberechtigung zu nehmen garantiere. Für 
seine Auffassung beruft er sich auf die „Unge- 
teiltheit und Einklagbarkeit des Internationalen- 
Menschenrechtes für alle Deutschen”, es sei des- 
halb auch Verpflichtung des Bundesverfassungs- 
gerichts, der Bundesregierung die Auflage zu er- 
teilen, die Einklagbarkeit des internationalen 
Menschenrechtes für alle Bürger der KSZE-Un- 
terzeichnerstaaten auf der Nachfolge-Konferenz 
in Madrid als unverzichtbare Forderung zu stel- 
len und dem Deutschen Bundestag die Auflage 
zu erteilen, das „Internationale-Menschenrecht” 
unverzüglich zum einklagbaren Menschenrecht 
vor allen deutschen Gerichten werden zu las- 
sen. 

Abschließend erklärt er, solange dieser Verfas- 
sungsauftrag vom Deutschen Bundestag und 
vom Bundesverfassungsgericht nicht erfüllt sei, 
lehne er den Deutschen Bundestag und das Bun- 
desverfassungsgericht als zur Entscheidung be- 
fugtes Rechtsgremium bzw. Gericht wegen Vor- 
eingenommenheit und Befangenheit ab. 

Der Einspruchsführer hatte bereits gegen die 
Wahl zum 8. Deutschen Bundestag vom 3. Okto- 
ber 1976 Einspruch eingelegt, den er im wesentli- 
chen ebenfalls mit einer Verletzung des Gleich- 
heitsgrundsatzes begründete. Auch damals hatte 
er bereits ausgeführt, er halte den Bundestag für 


75 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


befangen, über seinen Wahleinspruch zu ent- 
scheiden. 

Der Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl 
zum 8. Deutschen Bundestag wurde als offen- 
sichtlich unbegründet (Drucksache 8/263), der 
Antrag, den Bundestag wegen Befangenheit ab- 
zulehnen, als unzulässig zurückgewiesen. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlich mündlichen Verhand- 
lung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Abgesehen davon, daß die Begründung für den 
Wahleinspruch mindestens den Tatbestand, auf den 
die Anfechtung gestützt wird, und genügend sub- 
stantiierte Tatsachen enthalten muß, rügte der Ein- 
spruchsführer die Nichteinhaltung eines Verfas- 
sungsauftrags, deren Nachprüfung nicht im Rah- 
men des Wahlprüfungsverfahrens erfolgen kann. 

Soweit der Einspruchsführer seinen Einspruch da- 
mit begründet, der fertiggestellte Vorstellungsbe- 
richt des Einspruchsführers als Direktkandidat sei 
von der Schwäbischen Zeitung nicht gedruckt wor- 
den, kann er damit keinen Erfolg haben. Anders als 
bei den Rundfunk- und Fernsehanstalten, die als 
Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert 
und damit in der öffentlichen Hand konzentriert 
sind, woraus sich ihre Verpflichtung ergibt, sich im 
Wahlwettbewerb der politischen Parteien grund- 
sätzlich neutral zu verhalten, gelten diese Besonder- 
heiten bei der Presse nicht. Die Wahlwerbung kann 
daher, wie etwa die Propaganda durch Flugblätter, 
dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden [vgl. 


BVerfGE 14, 121 (134)]; Drucksache VI/1311, S. 35]. 
Ist somit die Presse bei der Auswahl der Nachrich- 
ten und der Verbreitung von Meinungen grundsätz- 
lich frei [vgl. BVerfGE 37, 84 (91)], kann dieser 
Grundsatz, insbesondere für die Gestaltung des re- 
daktionellen Teils, etwa hinsichtlich des Anzeigen- 
teils, dann u. U. eingeschränkt werden, wenn Zei- 
tungsverlage eine Monopolstellung ausnützen, um 
einzelne Parteien zu benachteiligen. Der Ein- 
spruchsführer hat aber keine Tatsachen vorgetra- 
gen, die auf eine „totale Pressesperre” hindeuten 
könnten [vgl. BVerfGE 48, 271 (278)]. 

Da die Ablehnung einer Zeitungsveröffentlichung — 
unterstellt die Behauptung des Einspruchsführers 
trifft zu — nicht als totale Pressesperre angesehen 
werden kann, dem Einspruchsführer darüber hin- 
aus als Einzelbewerber auch andere Möglichkeiten 
zur Verfügung stehen, sich als Kandidat zu präsen- 
tieren, das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für 
amtliche Wahlinformationen von Direktkandidaten 
und Einzelbewerbern nicht im Wahlprüfungsverfah- 
ren geltend gemacht werden kann, war sein Ein- 
spruch als offensichtlich unbegründet im Sinne des 
§ 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG zurückzuweisen. 

Über seinen Befangenheitsantrag brauchte nicht 
entschieden zu werden, da dieser unzulässig ist 
[s. BVerfGE 37, 84 (90) und Drucksache 8/263 
S.40]. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


76 



Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 33 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 20/80 — des Herrn 
Hans-Heinrich Kröger, wohnhaft: Krüthstraße 30, 5000 Köln 60, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. September 1980 hat der 
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag ein- 
gelegt. 

In seiner Einspruchsbegründung heißt es wört- 
lich: 

„Ich, der ich den Parteinamen vertrete: „Gottes- 
welt-Gesetze-Partei” bin den Unwahrheiten, der 
Paragraphenreiterei der gelernten Berufsbüro- 
kraten ihr Opfer.” Aus seiner weiteren Begrün- 
dung läßt sich entnehmen, daß er versucht hat, 
seine „Partei” für die Bundestagswahl am 5. Ok- 
tober 1980 anzumelden, weshalb er „3 Unter- 
schriften, 28 Paragraphen, 33 Artikel und das 
Programm des öfteren, letztmals am 4. August 
eingereicht habe.” Alles Gedruckte sei ihm im- 
mer wieder zurückgesandt worden. Die Satzun- 
gen seien auf diese Partei zugeschnitten, die seit 
1948 bis heute bei einem „Schwesterverein“ 
gang und gäbe seien. Der „Schwesterverein” im 
Ausland bestehe seit 32 Jahren mit Tausenden 
von Mitgliedern und einer Million von Interes- 
senten. Er habe jetzt versucht, die Zulassung als 
Partei zu erhalten, um diese Million Anhänger 
anzuschreiben. Als Privatmann habe er das Ri- 
siko nicht auf sich nehmen können, zuerst Hun- 
derttausende DM für Inserate auszuleihen, das 
wäre sofort nach der Parteizulassung geschehen, 
und er hätte dann Hunderttausende Unterschrif- 
ten vorlegen können, denn über fünf Prozent der 
Stimmen wären für diese Partei gewesen. Durch 
die Nichtzulassung als Partei wäre ihm die Mög- 
lichkeit genommen, seine Behauptungen zu be- 
weisen. 

In einem weiteren Schreiben vom 16. Oktober 
1980 führt der Einspruchsführer aus, die „Gottes- 
welt-Gesetze-Partei” sei schnell organisiert, und 
er hätte über eine Million Unterschriften beibrin- 
gen können. Die Wahl zum 9. Deutschen Bundes- 
tag hätte bei einer Beteiligung seiner „Partei” ei- 
nen anderen Ausgang gehabt, der wie folgt aus- 
sähe: 


„Die zwei großen Parteien hätten je über 3 % 
weniger Stimmen, die FDP hätte 5,5 % Stim- 
men weniger. Weil ein Wirrwarr bei den Par- 
teien z. Teil besteht, haben viele Bürger die 
FDP aus lauter Verlegenheit mit 10,5 % ge- 
wählt, das wäre nie geschehen, wenn die „Got- 
te swelt-Gesetzepartei” mit bei der Wahl ange- 
treten wäre, immerhin hätte ihr Prozentsatz 
bei 11 % gelegen.” 

Im übrigen sei es reine Interessensabotage der 
beiden Bundeswahlleiter, durch die Inspiration 
des Teufel-Satanas-Luzifer und seiner bösen Gei- 
ster, sich der Menschen als ihre willigen Werk- 
zeuge zu bedienen. 

Im weiteren Text seines Schreibens nimmt er 
Bezug auf die Ablehnung der „Gotteswelt-Geset- 
ze-Partei” durch den Bundeswahlausschuß. 

In der 1. Sitzung des Bundeswahlausschusses für 
die Bundestagswahl 1980 am 28. August 1980 
wurde die „Gotteswelt-Gesetze-Partei” nicht als 
Partei anerkannt, „weil die Anzeige nicht den Be- 
stimmungen des § 33 Abs. 1 BWO entspricht. Die 
Beteiligungsanzeige ist auch nach entsprechen- 
dem schriftlichen Hinweis durch den Bundes- 
wahlleiter nur von einer Person unterzeichnet. 
Satzung und Nachweis über die satzungsmäßige 
Bestellung eines Bundesvorstandes sind nicht 
beigefügt. Weiter fehlen die Voraussetzungen des 
§ 2 Abs. 1 PartG, da Angaben oder sonstige An- 
haltspunkte für eine entsprechende Organisa- 
tion, Mitgliederzahl und ein entsprechendes Her- 
vortreten in der Öffentlichkeit nicht vorliegen.” 
(Niederschrift der Sitzung des Bundeswahlaus- 
schusses vom 28. August 1980, S. 8). 

Gegen diese Entscheidung des Bundeswahlaus- 
schusses hat der Einspruchsführer keine Be- 
schwerde eingereicht. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


77 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet 

Gemäß § 18 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) 
können Parteien, die im Deutschen Bundestag oder 
in einem Landtag seit der letzen Wahl nicht auf- 
grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit 
mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, als 
solche einen Wahlvorschlag nur einreichen, wenn 
sie spätestens am 47. Tage vor der Wahl dem Bun- 
deswahlleiter ihre Beteiligung an der Wahl ange- 
zeigt haben und der Bundeswahlausschuß ihre Par- 
teieigenschaft festgestellt hat. Gemäß § 33 Abs. 1 der 
Bundeswahlordnung (BWO) sind der Anzeige beizu- 
fügen: die schriftliche Satzung und das schriftliche 
Programm der Partei sowie ein Nachweis über die 
satzungsgemäße Bestellung des Bundesvorstandes. 
Ferner wird vorgeschrieben, daß die Anzeige von 
mindestens drei Mitgliedern des Bundesvorstandes, 
darunter dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertre- 
ter, persönlich und handschriftlich unterzeichnet 
sein muß. 

Gemäß § 18 Abs, 3 Nr. 2 BWG hat der Bundeswahl- 
ausschuß für alle Wahlorgane verbindlich festzustel- 
len, welche Vereinigungen, die ihre Beteiligung an 
der Bundestagswahl angezeigt haben, als Parteien 
anzuerkennen sind. 

Die Bestimmung des § 18 Abs. 3 BWG, wonach die 
entsprechenden Feststellungen des Bundeswahl- 
ausschusses für alle Wahlorgane verbindlich zu tref- 
fen sind, schließt nicht aus, daß diese Feststellungen 
im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens nachge- 
prüft werden können (vgl. Drucksachen VI/361 S. 4, 
8/263 S. 36). 


Wenn der Bundeswahlausschuß die „Gottfeswelt-Ge- 
setze-Partei” gemäß § 18 Abs. 2 BWG nicht als „neue 
Partei” anerkannt hat, so ist dieser Beschluß nicht 
zu beanstanden. Gemäß § 2 PartG sind Parteien Ver- 
einigungen von Bürgern, die dauernd oder längere 
Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes 
auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen 
und an der Vertretung des Volkes im Deutschen 
Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, 
wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen 
Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Fe- 
stigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mit- 
glieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffent- 
lichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaf- 
tigkeit dieser Zielsetzung bieten. 

Da diese Voraussetzungen nach dem eigenen Vor- 
bringen des Einspruchsführers nicht gegeben sind 
und er im übrigen die im § 33 Abs. 1 BWO festgeleg- 
ten Voraussetzungen für die Anzeige gemäß § 18 
Abs. 2 BWG nicht erfüllt hat, war der Einspruch im 
Sinne des § 6 Abs. la Nr. 3 WPG als offensichtlich 
unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


78 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 34 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 22/80 — des Herrn Eugen 
Popp, wohnhaft: Königsbergweg 23, 7170 Schwäbisch-Hall, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 15. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt, 
das er gleichzeitig dem Kreis-, Landes- und Bun- 
deswahlleiter sowie dem Landratsamt Schwä- 
bisch-Hall und dem Landtag von Baden-Würt- 
temberg zugeleitet hat. 

In seinem Schreiben, dem er mehrere Anlagen — 
Zeitungsausschnitte, Urteile u. ä. — beigefügt 
hat, bezeichnet er sich selbst als: „Geschäftsstel- 
le, Gegner, Manöverbeschäftigter und — Scha- 
densersatzgläubiger im — von der Württbg. CDU- 
Regierung gestützten, mitbetriebenen, übernom- 
menen, vertretenen Württbg.-Schw.Haller-Rat- 
haus-Heiligen-Geist-Hospital-Kommunenklo- 
ster-Nachlaßhäscher-Stiftungslügen-Stiftungs- 
raubgiftmord-Entmündigung- u/od. Zwangs- 
pflegschafts-Umwegkommunistenputschisten- 
Manöverfeld ins Württb. Landesgewohnheits- 
recht eingeführten Raubkommunisten-Kapitula- 
tions-Erpresserpapiermuster ” 

Dem Inhalt dieser Selbstvorstellung entspricht 
der Inhalt seines Schreibens vom 15. Oktober 
1980. 

Das Landratsamt Schwäbisch-Hall hat mit 
Schreiben vom 17. Oktober 1980 mitgeteilt, der 
Einspruchsführer erhebe grundsätzlich gegen 
alle Wahlen Einspruch. 

Mit Schreiben vom 4. November 1980 hat das No- 
tariat Schwäbisch Hall IV — Vormundschaftsge- 
richt — dem Wahlprüfungsausschuß bezüglich 
des Einspruchsführers folgendes mitgeteilt: 

„Eine Pflegschaft gern. § 1910 BGB ist für 
Herrn Eugen Popp nicht angeordnet, da eine 
solche nach § 1910 Abs. 3 BGB nur mit seiner 
Einwilligung angeordnet werden dürfte, es sei 
denn, eine Verständigung mit ihm wäre nicht 
möglich. 

Der Vormundschaftsrichter, der im Beschluß 
vom 3. Dezember 1979 die Beendigung der vor- 


läufigen Vormundschaft infolge rechtskräfti- 
ger Abweisung des Entmündigungsantrags 
feststellte, hatte durch Übersendung einer 
Ausfertigung dieses Beschlusses Herrn Popp 
gebeten, dem Vormundschaftsgericht mitzutei- 
len, ob er mit der Anordnung einer Pflegschaft 
einverstanden sei, da feststehe, daß eine Ver- 
ständigung mit ihm möglich sei. 

Herr Popp gab keine Einwilligung zur Anord- 
nung einer Pflegschaft.” 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Aufgrund der Mitteilung des Vormundschaftsge- 
richts ist der Einspruchsführer zwar gemäß § 2 
Abs. 2 WPG berechtigt, Einspruch einzulegen, da er 
vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen war. Seine 
Ausführungen vermögen jedoch einen Einspruch 
nicht zu begründen. Die Begründung eines Ein- 
spruchs muß mindestens den Tatbestand, auf den 
die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen und 
genügend substantiierte Tatsachen enthalten 
[BVerfGE 40, 11 (30); 48, 271 (276)]. 

Die vom Einspruchsführer vorgebrachten Rügen be- 
züglich der gegen ihn eingeleiteten Verfahren bzw. 
der von ihm eingeleiteten Prozesse vermögen diesen 
Anforderungen nicht zu genügen. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


79 



Drucksache 9/316 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Mofiats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


80 



Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 35 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 23/80 — des Herrn Karlheinz 
Wittausch-Schieron, wohnhaft: Promenade 1, 5760 Arnsberg 2, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1980 an den örtli- 
chen Wahlleiter — Wahlamt der Stadt Arnsberg 
über den Landeswahlleiter des Landes Nord- 
rhein-Westfalen und den Bundeswahlleiter — 
hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die 
Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
eingelegt 

Zur Begründung seines Einspruchs führt er 
aus: 

„Da ich vor meinem demokratisch geprägten 
politischen Gewissen und in Ausübung meiner 
Bürgerpflicht als Souverän durch Abgabe mei- 
ner Stimme in Ausübung meines mir durch das 
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 
gesicherten Stimmrechtes als grundsätzliche 
Äußerung meines demokratisch-politischen 
Willens, keinen der zur Wahl stehenden Kandi- 
daten und erst recht keine der zur Wahl ste- 
henden Parteien wählen kann, protestiere ich 
gegen diese Wahl und fechte sie unter Bezug 
auf das Grundgesetz an!“ 

Ferner führt er aus, er gehöre keiner Partei an, 
habe sich niemals einer Handlung schuldig ge- 
macht, seinen Protest und seine Anfechtung lege 
er vielmehr als Einzelperson vor und achte damit 
die freie Meinungs- und Willensäußerung aller 
Mitbürger, ohne sie damit in undemokratischer 
Manier zu beeinflußen. 

Mit Schreiben vom 27. Oktober 1980 erhielt der 
Einspruchsführer seitens des Wahlprüfungsaus- 
schusses eine Bestätigung des Eingangs seines 
Einspruchs. In diesem Schreiben wurde er 
gleichzeitig auf die Rechtsprechung des Bundes- 
verfassungsgerichts hingewiesen, wonach nur 
solche Wahlfehler als erheblich anzusehen seien, 
die auf die Mandatsverteilung von Einfluß seien 
oder hätten sein können. Ferner wurde ihm an- 
heimgestellt, seinen Einspruch unter diesem 
rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen und ggf. von 
der Möglichkeit Gebrauch zu machen, ihn zu- 
rückzunehmen. Darüber hinaus wurde er darauf 


aufmerksam gemacht, es bleibe ihm unbenom- 
men, seinen Einspruch zu konkretisieren. Damit 
war ein Hinweis auf die Rechtsprechung des 
Bundesverfassungsgerichts verbunden, wonach 
die Begründung mindestens den Tatbestand, auf 
den die Anfechtung gestützt wird, erkennen las- 
sen und genügend substantiierte Tatsachen ent- 
halten muß. 

Von den dem Einspruchsführer eingeräumten 
Möglichkeiten hat er keinen Gebrauch ge- 
macht. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Voraussetzung eines formgerechten Einspruchs ist 
ein konkreter und substantiierter Sachvortrag. Da 
der Einspruchsführer für seine Behauptungen keine 
konkreten Tatsachen vorgebracht hat, entsprechen 
seine Ausführungen nicht der Substantiierungs- 
pflicht des § 2 Abs. 3 WPG. Wie das Bundesverfas- 
sungsgericht in einem Wahlprüfungsbeschwerde- 
Verfahren festgestellt hat, befreit der Grundsatz der 
Amtsermittlung den Einspruchsführer nicht von der 
Darlegungslast [BVerfGE 48, 271 (280)]. 

Gemäß § 2 Abs. 1 und 3 WPG erfolgt die Wahlprü- 
fung nur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die 
Begründung muß mindestens den Tatbestand, auf 
den die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen 
und genügend substantiierte Tatsachen enthalten 
[vgl. BVerfGE 40, 11 (30); 48, 271 (276)]. Die Behaup- 
tung des Einspruchsführers, keinen der zur Wahl 
stehenden Kandidaten und erst recht keine der zur 
Wahl stehenden Parteien wählen zu können, stellt 
keine ausreichende Begründung im Sinne des Wahl- 


81 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Prüfungsgesetzes dar. Da der Einspruchsführer dar- 
über hinaus keine substantiierten Tatsachen vor- 
trägt, auf die er die Anfechtung stützen will, war sein 
Einspruch im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als of- 
fensichtlich unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 36 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 29/80 — 
der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), Kreisvorstand, 
Erich-Ollenhauer-Straße 4, 6370 Oberursel/Taunus, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1980 hat die Ein- 
spruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt. 
Ein Schreiben gleichen Inhalts hat sie dem Wahl- 
leiter des Wahlkreises 133 — Hochtaunuskreis — 
am selben Tag zugeleitet. 

Zur Begründung ihres Einspruchs führt sie aus, 
im amtlichen Endergebnis der Bundestagswahl 
vom 5. Oktober 1980 werde mitgeteilt, daß in 
Schmitten, Wahlbezirk Brombach 2, für die DKP 
eine Erststimme und zwei Zweitstimmen abgege- 
ben worden seien. Beide Wähler, die die DKP mit 
ihren Zweitstimmen gewählt hätten, seien ihr be- 
kannt. Sie hätten versichert, daß sie auch beide 
mit ihrer Erststimme die DKP gewählt hätten. 
Das Ergebnis weise jedoch nur eine Erststimme 
für die DKP aus. 

Aus diesen Gründen werde die Wahl angefochten 
und beantragt, eine Neuauszählung der Stimmen 
im Wahlbezirk Brombach 2 vorzunehmen. 

2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung 
der Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) 
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli- 
chen Verhandlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Ohne den Grundsatz der geheimen Wahl zu verletz- 
ten, kann jeder Wähler vor und nach der Wahlhand- 
lung bekanntgeben, welche Wahlentscheidung er 
treffen wird bzw. getroffen hat. Er ist jedoch gesetz- 
lich nicht verpflichtet, bei der Preisgabe seines 
Wahlgeheimnisses die Wahrheit zu sagen. Aus die- 


sem Grunde kann zwar unterstellt werden, daß der 
Einspruchsführerin gegenüber eine entsprechende 
Erklärung des Inhalts abgegeben wurde, beide Wäh- 
ler hätten auch mit ihrer Erststimme die DKP ge- 
wählt. Dagegen kann nicht davon ausgegangen wer- 
den, daß eine entsprechende Versicherung auch den 
Tatsachen entspricht. 

Abgesehen davon, daß im konkreten Fall eine amtli- 
che Nachprüfung ggf. den Grundsatz der geheimen 
Wahl berühren könnte, sieht der Wahlprüfungsaus- 
schuß keine Veranlassung, eine entsprechende 
Nachprüfung vornehmen zu lassen. Aufgabe des 
Wahlprüfungsausschusses ist es vielmehr festzu- 
stellen, ob durch Verletzung der Wahlrechtsbestim- 
mungen das Ergebnis der Bundestagswahl beein- 
fluß worden ist bzw. hätte beeinflußt werden können 
[seit BVerfGE 4, 370 (372 f.) ständige Rechtspre- 
chung]. Selbst wenn versehentlich eine für die Ein- 
spruchsführerin abgegebene Erststimme nicht ge- 
zählt wurde, konnte das auf das Wahlergebnis bzw. 
auf die Sitzverteilung im Bundestag keinen Einfluß 
haben, da im Wahlkreis für den erfolgreichen Be- 
werber 46,5 V. H. der Erststimmen abgegeben wur- 
den, während für die im Bundestag nicht vertrete- 
nen Parteien bzw. Einzelbewerber insgesamt ledig- 
lich 2,5 V. H. gezählt wurden. 

Der Einspruch war daher im Sine des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


83 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 37 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 30/80 — des Herrn Heinrich 
Modder, wohnhaft: Alsenstraße 75, 4600 Dortmund, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 22. Oktober 1980 an das „Bun- 
deswahlamt in Bonn, 5300 Bonn 1, postalisch mit 
Sitz in Wiesbaden, Stresemann Ring 11“, das 
durch den Bundeswahlleiter dem Deutschen 
Bundestag zugeleitet wurde, hat der Einspruchs- 
führer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl 
zum 9. Deutschen Bundestag für das Land Nord- 
rhein-Westfalen eingelegt. 

Zur Begründung führt er aus, in den letzten Wo- 
chen vor der Bundestagswahl seien Personen im 
Stadtgebiet von Dortmund von der Kripo Bo- 
chum und Dortmund in den Wohnungen und an 
Arbeitsplätzen aufgesucht worden, die der Bür- 
gerpartei eine Unterstützungsunterschrift gelei- 
stet hätten. Obwohl gegen den Bundesvorsitzen- 
den, mit Sitz in Bochum, — vergleiche Wahlein- 
spruch des Bundesvorsitzenden der Bürgerpartei 
— Die Partei der Steuerzahler, Diplom-Kauf- 
mann Bolko Hoffmann, WP 3/80 — ermittelt wur- 
de, seien Personen überprüft worden, die nicht in 
dessen Einzugsbereich wohnten und er auch dort 
keine Unterschrift gesammelt hätte, weshalb die 
Personalien nur durch die Unterschriften be- 
kannt geworden seien. Durch dieses Verhalten 
seien die betroffenen Personen verunsichert 
worden und damit gebrandmarkt, weshalb sie 
sich in Zukunft nicht mehr politisch betätigen 
würden. 

Ferner trägt der Einspruchsführer vor, durch 
Veröffentlichung der Musterstimmzettel in der 
Presse sei er darauf aufmerksam gemacht wor- 
den, daß die Bürgerpartei auf den Stimmzetteln 
benachteiligt worden sei. Der Name „Bürgerpar- 
tei” sei nämlich auf den Stimmzetteln so schwach 
abgedruckt worden, daß der Bürger ihn nur 
schwer habe finden können. Da eine Abkürzung 
nach dem Gesetz nicht zwingend vorgeschrieben 
sei, hätte der Name „Bürgerpartei” so deutlich er- 
scheinen müssen, wie die vorhandenen Abkür- 
zungen der übrigen Parteien. 

Bei der Behandlung dieses Wahleinspruchs hat 
der Wahlprüfungsausschuß den Einspruch der 


Bürgerpartei — Die Partei der Steuerzahler — 
beigezogen, der vom Bundesvorsitzenden, Di- 
plom-Kaufmann Bolko Hoffmann, WP 3/80, ein- 
gelegt wurde. Aus den herangezogenen Akten er- 
gibt sich aufgrund eines Beschlusses des Amts- 
gerichts Bochum, daß der Bundesvorsitzende zur 
Erreichung von Unterstützungsunterschriften 
für die Einreichung von Kreiswahlvorschlägen 
bzw. Landeslisten alle Landes- und Bundesvor- 
standsmitglieder aufgefordert hat, sich mit Info- 
Ständen in Fußgängerzonen von Städten mit be- 
sonderen Problemen zu stellen. Wörtlich heißt es 
in diesem Schreiben, dem der Bundesvorsitzende 
der Bürgerpartei in seinem Schreiben vom 
4. September 1980, in dem er zum Beschluß des 
Amtsgerichts Bochum Stellung nimmt, nicht wi- 
dersprochen hat: „Dabei ist es sehr wichtig zu sa- 
gen, wir sammeln Unterschriften z. B. gegen ei- 
nen Autobahnbau, gegen die Errichtung einer 
Mülldeponie oder gegen eine Ausländerflut usw. 
Von der Bürgerpartei sollten sie so gut wie kaum 
etwas erwähnen. — Natürlich gibt es auch an- 
dere Wege, aber dieser hat sich als der bisher er- 
folgreichste erwiesen.“ 

In dem Beschluß des Amtsgerichts Bochum heißt 
es zu diesem Schreiben: „. . . hat der Beschuldigte 
durch Täuschung zumindest versucht zu bewir- 
ken (§ 108 a II), daß jem.and beim Unterschreiben 
eines Wahlvorschlages über den Inhalt seiner Er- 
klärung irrt“. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Nicht nur die Durchführung, sondern bereits die 
Vorbereitung der Wahl ist formalisiert und steht un- 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


ter dem besonderen Schutz strafrechtlicher Bestim- 
mungen. Wenn für Kreiswahlvorschläge von Par- 
teien, die im Deutschen Bundestag oder in einem 
Landtag seit deren letzter Wahl nicht aufgrund eige- 
ner Wahlvorschläge ununterbrochen mit minde- 
stens fünf Abgeordneten vertreten waren, die per- 
sönliche und handschriftliche Unterschrift von min- 
destens 200 Wahlberechtigten erforderlich ist [§ 18 
Abs. 2 i, V. m. § 20 Abs. 2 Bundeswahlgesetz (BWG) 
und § 34 Abs. 4 Bundeswahlordnung (BWO)], so be- 
deutet es keine Verletzung wahlrechtlicher Bestim- 
mungen, wenn seitens der Strafverfolgungsbehör- 
den Maßnahmen ergriffen werden, die sichern sol- 
len, daß die Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes 
und der Bundeswahlordnung bei der Vorbereitung 
der Wahl eingehalten werden. Hat aber der Bundes- 
vorsitzende der Bürgerpartei durch sein angeführ- 
tes Schreiben selbst mindestens den Anschein einer 
unzulässigen Beschaffung der erforderlichen Unter- 
schriften erweckt, kann weder er noch ein Dritter 
sich darauf berufen, durch die Ermittlungsbehörden 
seien die betroffenen Personen verunsichert wor- 
den. Da nach § 27 Abs. 1 für die in § 18 Abs. 2 BWG 
genannten Parteien ein vom Tausend der Wahlbe- 
rechtigten des Landes bei der letzten Bundestags- 
wahl, jedoch höchstens 2000 Wahlberechtigte, per- 
sönlich und handschriftlich den einzureichenden 
Wahlvorschlag bezüglich der Landesliste zu unter- 
schreiben haben, kann es nicht darauf ankommen, 
in welchem „Einzugsbereich“ des Landes die Perso- 
nen wohnen, die in die staatsanwaltschaftlichen Er- 
mittlungen einbezogen wurden. 

Auch soweit der Einspruchsführer die Stimmzettel 
beanstandet, kann diese Beanstandung einen Wahl- 
einspruch nicht begründen. § 30 BWG und § 45 BWO 


regeln die Größe und das Aussehen der Stimmzettel, 
Nach beiden Bestimmungen enthält der Stimmzet- 
tel u. a. den Namen der Parteien und, sofern sie eine 
Kurzbezeichnung verwenden, auch diese. Wenn die 
Bürgerpartei bei der Anmeldung zur Wahl keine 
Kurzbezeichnung angemeldet hat, so hat sie das 
selbst zu vertreten. Dies gilt auch, obwohl auf den 
amtlichen Stimmzetteln die Abkürzung der Parteien 
fetter gedruckt wird als der Name der Partei. Es ist 
zwar richtig, daß keine Partei verpflichtet ist, eine 
Abkürzung des Parteinamens bei der Anmeldung zu 
benutzen, verzichtet sie jedoch darauf, hat sie kei- 
nen Anspruch darauf, daß ihr voller Name im selben 
Fettdruck erscheint, wie die Abkürzung der übrigen 
Parteien. Dies würde vielmehr eine Bevorzugung 
der Parteien bedeuten, die auf eine Abkürzung ver- 
zichten. Aus diesem Grunde hätte die Bürgerpartei, 
wenn eine Benachteiligung überhaupt gegeben sein 
sollte, diese selbst zu vertreten. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 38 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 31/80 — des Herrn 
Klaus Bamberg, wohnhaft: Schillerstraße 5, 5444 Polch, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag in den 
Wahlbezirken der Ortsgemeinde Polch, Wahl- 
kreis 147 — Ahrweiler — eingelegt 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
am 18. September 1980 sei er bei der Gemeinde 
Polch vorstellig geworden, um die Wählerver- 
zeichnisse der Ortsgemeinde Polch einzusehen. 
Ihm sei daraufhin lediglich die ihn betreffende 
Eintragung im Wählerverzeichnis für den Wahl- 
bezirk Polch 2 (Wahlraum Polch, Hauptschule) 
vorgelegt worden. Nachdem er unter Hinweis auf 
die gesetzlichen Bestimmungen darauf bestan- 
den habe, auch die übrigen Seiten des Wählerver- 
zeichnisses und auch das Wählerverzeichnis für 
den Wahlbezirk Polch 1 (Wahlraum, Rathaus) 
einzusehen, sei ihm diese Einsichtnahme vom 
Ortsbürgermeister der Gemeinde Polch verwei- 
gert worden. 

Aufgrund dieses Tatbestandes habe er am 
19. September 1980 beim Wahlamt der Verbands- 
gemeinde Maifeld in Polch Einspruch gegen die 
Richtigkeit des Wählerverzeichnisses eingelegt. 
Dieser Einspruch sei mit Bescheid vom 19. Sep- 
tember 1980, Az.: Abt. l/St-013/00 von der Ver- 
bandsgemeindeverwaltung Maifeld in Polch na- 
mens der Ortsgemeinde Polch zurückgewiesen 
worden. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde 
an den Kreiswahlleiter des Wahlkreises 147 sei 
mit Bescheid vom 26. September 1980 durch den 
Kr eis Wahlleiter ebenfalls zurückgewiesen wor- 
den. 

In der Entscheidung der Verbandsgemeindever- 
waltung Maifeld vom 19. September 1980 wird 
ausgeführt, aufgrund des Einspruchs des Ein- 
spruchsführers sei das Wählerverzeichnis der 
Ortsgemeinde Polch überprüft und für vollstän- 
dig und richtig befunden worden. Aus diesem 
Grunde sei der Einspruch zurückzuweisen. 
Selbstverständlich stehe es ihm wie jedem ande- 


ren zu, das Wählerverzeichnis einzusehen, wobei 
persönliche Daten (Geburtsdaten) ausgenom- 
men werden könnten. 

Zur Begründung seiner Beschwerde an den 
Kreiswahlleiter vom 19. September 1980 führt 
der Einspruchsführer aus, die Ausnahme von 
persönlichen Daten (Geburtsdaten) bei der Ein- 
sichtnahme durch einen Wahlberechtigten in die 
Wählerverzeichnisse sei nur im Einzelfall gesetz- 
lich zulässig, nämlich nur dann, wenn ein Wahl- 
berechtigter vor der Auslegungsfrist des Wähler- 
verzeichnisses bei der Ortsgemeinde, in dessen 
Verzeichnis er eingetragen sei, beantragt habe, 
daß während der Auslegungsfrist sein persönli- 
ches Geburtsdatum unkenntlich gemacht werde. 
Werde ein solcher Antrag nicht gestellt, so 
stimmten die Wahlberechtigten auch der Offen- 
legung ihres Geburtsdatums stillschweigend zu. 

Da ihm die umfassende Einsichtnahme in das 
Wählerverzeichnis der Ortsgemeinde Polch 
durch den Ortsbürgermeister nicht ermöglicht 
worden sei, müsse er das Wählerverzeichnis der 
Ortsgemeinde Polch für unvollständig und un- 
richtig halten. Es bestehe für ihn der hinrei- 
chende Verdacht, daß in dem Wählerverzeichnis 
der Ortsgemeinde Polch Personen eingetragen 
seien, die kein Wahlrecht hätten bzw. die gesetz- 
lich vom Wahlrecht ausgeschlossen worden sei- 
en. Dieser Verdacht könne nur dann ausgeräumt 
werden, wenn ihm die vollständigen Wählerver- 
zeichnisse zur umfassenden Einsichtnahme vor- 
gelegt würden. 

Die Beschwerde wurde am 26. September 1980 
durch den Kreiswahlleiter als unbegründet zu- 
rückgewiesen. Zur Begründung wurde angeführt, 
bei einem Einspruch gegen die Unrichtigkeit 
oder Unvollständigkeit des Wählerverzeichnis- 
ses müsse diese entweder offenkundig sein oder 
vom Einspruchsführer durch Beibringen der er- 
forderlichen Beweismittel nachgewiesen wer- 
den. Da der Einspruchsführer keine Tatsachen 
angegeben habe, worin die Unrichtigkeit oder 
Unvollständigkeit des Wählerverzeichnisses der 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Ortsgemeinde begründet sein solle — eine ent- 
sprechende Behauptung reiche allein nicht aus 
— sei der Einspruch unbegründet. 

Auch sein Einwand, ihm sei die allgemeine Ein- 
sicht in das Wählerverzeichnis der Ortsgemeinde 
Polch verwehrt worden, stelle keine Begründung 
für den Einspruch dar. Abgesehen davon, daß er 
nach Erhalt des Bescheids der Verbandsge- 
meinde Maifeld am 19. September 1980 an die- 
sem Tage noch abends und am darauffolgenden 
Samstag, dem 20. September 1980, bis 18.00 Uhr 
noch Gelegenheit gehabt hätte, in das Wählerver- 
zeichnis Einblick zu nehmen, sei die Überprü- 
fung des ordnungsgemäßen Wahlverfahrens 
nicht Gegenstand des Einspruchsrechts nach § 22 
Abs. 1 der Bundeswahlordnung (BWO), sondern 
nur des Wahlprüfungsverfahrens nach § 49 des 
Bundeswahlgesetzes. 

In einer Stellungnahme der Verbandsgemeinde- 
verwaltung Maifeld in Polch vom 10. Dezember 
1980 an den Wahlprüfungsausschuß wird ergän- 
zend zu dem Vorbringen des Einspruchsführers 
ausgeführt, dem Einspruchsführer sei die Seite 
des Wählerverzeichnisses, auf der er und seine 
Familienangehörigen aufgeführt worden seien, 
zur allgemeinen Einsicht offengelegt worden. 
Am 12. September 1980 sei von etwa 30 Wahlbe- 
rechtigten beantragt worden, während der Ausle- 
gungsfrist der Wählerverzeichnisse vom 15. Sep- 
tember 1980 bis zum 20. September 1980 ihre Ge- 
burtsdaten unkenntlich zu machen und insoweit 
keine Einsichtnahme zu gewähren. Diese Wahl- 
berechtigten hätten sich auf viele Seiten des 
Wählerverzeichnisses erstreckt, so daß insoweit 
keine Einsichtnahme gewährt worden sei. Im üb- 
rigen sei dem Einspruch des Einspruchsführers 
von der Verwaltung im Namen der Ortsgemeinde 
Polch insoweit stattgegeben worden, als ihm wie 
jedem anderen das Recht der allgemeinen Ein- 
sichtnahme in das Wählerverzeichnis zugestan- 
den worden sei, wobei die beantragten persönli- 
chen Daten auszuschließen gewesen seien. Die- 
ser Bescheid sei dem Einspruchsführer am 
19. September 1980 um 16.45 Uhr zugestellt wor- 
den, so daß er noch die Möglichkeit zur allgemei- 
nen Einsichtnahme gehabt habe. Dies sei nicht 
nur möglich, sondern auch zumutbar gewesen, 
weil er nur ca. 400 Meter vom Ortsbürgermeister 
entfernt wohne und keiner geregelten Beschäfti- 
gung nachgehe. Der Antragsteller habe sich je- 
doch für die allgemeine Einsichtnahme offen- 
sichtlich nicht mehr interessiert, sondern sofort 
beim Kreiswahlleiter wegen derselben Angele- 
genheit Beschwerde eingelegt. 

In der Stellungnahme des Kreiswahlleiters wird 
ergänzend darauf hingewiesen, daß im Bereich 
der Verbandsgemeinde Maifeld nur zwei Perso- 
nen in das Wählerverzeichnis Einblick genom- 
men hätten, wovon eine der Einspruchsführer ge- 
wesen sei. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 


raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Mit der Tatsache, daß dem Einspruchsführer einmal 
die Einsicht in die Wählerverzeichnisse der Ge- 
meinde Polch verweigert wurde und seiner daraus 
gezogenen Schlußfolgerung, die Wählerverzeich- 
nisse seien unrichtig, kann der Wahleinspruch nicht 
begründet werden. 

Nach § 22 Abs. 1 BWO kann innerhalb der Ausle- 
gungsfrist jeder, der das Wählerverzeichnis für un- 
richtig oder unvollständig hält, Einspruch einlegen. 
Sind die behaupteten Tatsachen, auf die die Unrich- 
tigkeit oder Unvollständigkeit des Wählerverzeich- 
nisses gestützt werden sollen, nicht offenkundig, hat 
gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 BWO der Einspruchsführer 
die erforderlichen Beweismittel beizubringen. 

Unrichtig ist das Wählerverzeichnis vor allem dann, 
wenn eine nicht wahlberechtigte Person oder eine 
wahlberechtigte Person mit falschen Angaben ein- 
getragen ist, unvollständig, wenn eine wahlberech- 
tigte Person nicht oder mit unvollständigen Anga- 
ben eingetragen ist (s. Seifert, Kommentar zum Bun- 
deswahlrecht 3. Aufl. S. 299 f.). 

Offensichtlich unrichtig oder unvollständig ist das 
Wählerverzeichnis, wenn allgemeinkundig oder be- 
hördenkundig (s. Seifert a. a. O.) Falsches oder nicht 
alles eingetragen worden ist bzw. wenn die Unrich- 
tigkeit oder Unvollständigkeit klar zutage liegt, daß 
sie vernünftigerweise von niemandem bezweifelt 
werden kann (s. Seifert a. a. O. S. 301). 

Wenn gemäß § 21 Abs. 3 BWO in der Fassung vom 
8. November 1979 Wahlberechtigten das Recht ein- 
geräumt wurde, zu verlangen, daß während der Aus- 
legungsfrist der Tag der Geburt unkenntlich zu ma- 
chen ist, kann sich die offensichtliche Unrichtigkeit 
oder Unvollständigkeit nicht mehr, wie nach frühe- 
rem Recht, auf die Geburtstage beziehen. 

Aus all dem ergibt sich, daß der Einspruch des Ein- 
spruchsführers, soweit er sich auf eine Unrichtigkeit 
oder Unvollständigkeit des Wählerverzeichnisses 
berufen hat, durch die Verbandsgemeindeverwal- 
tung Maifeld zu Recht zurückgewiesen wurde und 
seine Beschwerde gegen diese Entscheidung beim 
Kreiswahlleiter ohne Erfolg bleiben mußte. Soweit 
allerdings die Verbandsgemeindeverwaltung Mai- 
feld der Auffassung war, dem Einspruchsführer das 
Wählerverzeichnis nicht in vollem Umfang zur Ein- 
sicht vorlegen zu müssen, kann dieser Auffassung 
nicht gefolgt werden; denn die Auslegungspflicht 
des § 21 Abs. 2 BWO bezieht sich auf das vollständige 
Wählerverzeichnis. § 21 Abs. 3 BWO läßt insoweit le- 
diglich auf Verlangen des betroffenen Wahlberech- 
tigten die Unkenntlichmachung des Tages der Ge- 
burt zu. Indessen konnte dieser Verstoß gegen wahl- 
rechtliche Bestimmungen offensichtlich keinen Ein- 
fluß haben. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


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Drucksache 9/316 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Anlage 39 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 33/80 — des Herrn Ludwig 
Volkholz zugleich als Landesvorsitzender der Christlichen Bayeri- 
schen Volkspartei — Bayerische Patriotenbewegung C.B V. — , wohn- 
haft: 8493 Feßmannsdorf 36 bei Kotzing, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 28. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer „Als Bürger Bayerns und als 
Landesvorsitzender der Christlichen Bayeri- 
schen Volkspartei — Bayerische Patriotenbewe- 
gung C.B.V.“ Einspruch gegen die Gültigkeit der 
Wahl zum 9. Deutschen Bundestag im Land Bay- 
ern eingelegt. 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
während des ganzen Wahlkampf Jahres 1980 sei 
er als Landesvorsitzender der C.B.V. bzw. die 
Landesgeschäftsstelle mit Hunderten von Anzei- 
gen seitens der Staatsanwaltschaft Regensburg 
auf Weisung von Ministerpräsident und Kanzler- 
kandidat F. J. Strauß überzogen worden. Dabei 
sei gegen seine Partei mehr Polizei eingesetzt 
und mehr Verwaltungsaufwand betrieben wor- 
den, als dies bei der Terroristenbekämpfung der 
Fall gewesen sei. Schließlich habe in Österreich 
eine Schreibgeschäftsstelle eingerichtet werden 
müssen, weil sonst überhaupt keine Parteiarbeit 
mehr möglich gewesen wäre. Dabei habe 
F. J. Strauß gegen den Einspruchsführer das so- 
genannte Rechtsberatungsgesetz aus dem Jahre 
1935 anwenden lassen, welches in der Nazizeit 
zur Bekämpfung der ehemaligen jüdischen 
Rechtsanwälte eingesetzt worden sei, um diese 
ins Ausland zu vertreiben. Während des Wahl- 
kampfes sei er für mindestens 300 Anzeigen vor 
Gericht gestellt und verurteilt worden. Gleichzei- 
tig sei angekündigt worden, daß er auf Lebens- 
zeit eingesperrt würde, wenn er die Geldbußen 
nicht bezahlen könne. Hinzu sei noch gekommen, 
daß F. J. Strauß dem Einspruchsführer jede Ver- 
dienstmöglichkeit sowie jede Berufsausübung 
verhindert habe. Sein Fall solle nach dem Willen 
von F. J. Strauß ein abschreckendes Beispiel wer- 
den, was alle Gegner der CSU in Bayern zu er- 
warten hätten. Mit diesen Maßnahmen sei der 
C.B.V. jede Parteiarbeit in Form von Partei- 
sprechstunden und Hilfen für die Mitglieder 
während des Wahlkampfes unmöglich gemacht 


worden. Die genannten Maßnahmen und der Ein- 
satz eines Antijudengesetzes gegen seine Partei 
stellten eine echte Verletzung der Vereinbarun- 
gen über die Menschenrechte in den Schlußak- 
ten von Helsinki dar. 

Zum Beweis seiner vorgetragenen Wahlkampf- 
verstöße verweist er auf die Akten der Staatsan- 
waltschaft Regensburg. 

Ferner weist der Einspruchsführer darauf hin, 
daß die im Bundestag vertretenen Parteien wäh- 
rend des ganzen Wahlkampfes gegen die C. B. V. 
mit dem Argument aufgetreten seien, daß durch 
die Fünfprozent-Klausel alle Stimmen der 
C. B. V. zur Bundestagswahl verloren seien. Da- 
mit seien die Wähler vorsätzlich von einer 
Stimmabgabe für die C. B. V. abgehalten worden, 
und zwar unter verfassungswidriger Anwendung 
der Fünfprozent-Klausel. Zum Beweis dieser Be- 
hauptung verweist er auf Presseanzeigen und 
Presseveröffentlichungen. 

Weiter führt der Einspruchsführer aus, das 
Bayerische Umweltschutz-Ministerium habe in 
Person des Staatssekretärs Dr. M. Fischer auf 
Kosten des Bayerischen Staates extra 20 Sekre- 
tärinnen eingestellt, welche nur Wahlkampfmaß- 
nahmen und Anzeigen gegen die C. B. V. hätten 
bearbeiten müssen. Dabei sei beispielsweise in 
der Passauer Neuen Presse im Mai 1980 ein tota- 
ler Rufmord-Artikel gegen den Einspruchsführer 
veröffentlicht worden, der mit Geldmitteln des 
Umweltministeriums finanziert worden sei. Die- 
ser Artikel sei dann in Fotokopie vom Umwelt- 
schutzministerium an alle Zeitungen der Bun- 
desrepublik Deutschland verschickt worden, teil- 
weise sei sogar eine Veröffentlichung verlangt 
worden. Durch diese Aktionen seien Geldmittel 
des Bayerischen Staatsministeriums im Bundes- 
tagswahlkampf verbotenerweise gegen die 
C. B. V. eingesetzt worden. 

Zum Beweis weist er auf die Veröffentlichung in 
der Passauer Neuen Presse hin und meint auch. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Staatsminister Alfred Dick könne als Zeuge aus- 
sagen, was sein Staatssekretär im Wahlkampf 
unter Mißbrauch von Staatsgeldern getrieben 
habe. 

Ferner stützt der Einspruchsführer seinen Ein- 
spruch auf die Behauptung, F. J. Strauß habe als 
Kanzlerkandidat an alle Rentner Bayerns einen 
Wahlbrief verschickt, um Angst unter den Rent- 
nern zu verbreiten. Dabei habe er sein Amt als 
Ministerpräsident mißbraucht, weil er sich in die- 
ser Eigenschaft von den Landesversicherungsan- 
stalten die Anschriften besorgt habe. Dabei sei 
der Datenschutz zum Zwecke des Wahlkampfes 
vollkommen mißachtet und verletzt worden. 
Strauß habe also mit gesetzwidrigen Mitteln den 
Bundestagswahlkampf geführt. Keiner anderen 
Partei sei dies möglich gewesen, weshalb auch 
hier die Chancengleichheit verletzt worden sei. 

Weiter macht der Einspruchsführer geltend, 
durch den bekannten Hirtenbrief zur Bundes- 
tagswahl, den die katholische Kirche vor der 
Wahl habe verbreiten lassen, sei praktisch alles 
auf den Kopf gestellt worden. Dieser Hirtenbrief 
sei nichts anderes gewesen, als eine Aufzählung 
aller Wahlkampf aussagen der CDU/CSU und 
folglich des Kanzlerkandidaten Strauß. Da die 
katholische Kirche bei den Gläubigen den Ein- 
druck von Unfehlbarkeit verbreite, sei diese ein- 
seitige Wahlkampfunter Stützung eine gesetzwid- 
rige Begünstigung des Kanzlerkandidaten 
Strauß und seiner Partei in Bayern gewesen. 

Darüber hinaus seien in den katholischen Pfar- 
reien Pfarrbriefe und Aufrufe an alle Gläubigen 
in Bayern versandt worden, in denen klar und of- 
fen zur Stimmabgabe für die CSU aufgefordert 
worden sei. Diese Aufrufe seien von dem jeweili- 
gen Ortsvorsitzenden der CSU, dem Bürgermei- 
ster und dem Pfarrer unterzeichnet worden. Als 
Beweis hat der Einspruchsführer einen „Muster- 
aufruf“ beigefügt. 

Aufgrund dieser Vorgänge seien die Wahlen in 
Bayern nicht frei gewesen und vor allem die 
C. B. V. vollkommen in gesetzwidriger Weise aus- 
geschaltet worden. 

Weiter trägt der Einspruchsführer vor, bei einer 
Großkundgebung der CSU auf dem Marienplatz 
in München habe F. J. Strauß unter Mißachtung 
seiner Amtseigenschaft als Ministerpräsident 
verlangt, daß die Polizei Zwischenrufer verhaf- 
ten und Plakate gegen seine Person oder seine 
Partei gewaltsam entfernen sollte. Dadurch sei 
die Chancengleichheit für alle Parteien verletzt 
worden. 

Schließlich macht der Einspruchsführer geltend, 
der C. B. V. sei keine Gelegenheit gegeben wor- 
den, an Fernseh- oder Rundfunkdiskussionen 
teilzunehmen. Für die Diskussion auf dem Fern- 
sehschirm seien nur die im Parlament vertrete- 
nen Parteien zugelassen worden, die dort stun- 
denlang Parteipropaganda hätten machen kön- 
nen. Dies stelle die totale Aussageverhinderung 
zu Tagesfragen in Bayern dar. Dadurch seien un- 
ter Einsatz von ungeheuren Wahlkampfmitteln 


der öffentlich-rechtlichen Anstalten des Rund- 
funks und des Fernsehens einseitig CSU, SPD 
und FDP begünstigt worden. Der Wähler sei irre- 
geführt worden, weshalb die Wahl in Bayern un- 
gültig sei. 

Mit Schreiben vom 30. Oktober 1980 wurde der 
Eingang des Einspruchs bestätigt und der Ein- 
spruchsführer auf die Rechtsprechung des Bun- 
desverfassungsgerichts bezüglich der Erheblich- 
keit von Wahlfehlern hingewiesen und auch dar- 
auf, daß nach der Rechtsprechung des Bundes- 
verfassungsgerichts die Begründung mindestens 
den Tatbestand, auf den die Anfechtung gestützt 
werde, erkennen lassen und genügend substan- 
tiierte Tatsachen enthalten müsse. Dem Ein- 
spruchsführer wurde anheim gestellt, unter die- 
sem Gesichtspunkt seinen Einspruch zu über- 
prüfen, ihn ggf. zu konkretisieren bzw. dem Aus- 
schuß neues Material zuzuleiten. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 2 Abs. 1 und 3 WPG erfolgt die Wahlprü- 
fung nur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die 
Begründung muß mindestens den Tatbestand, auf 
den die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen 
und genügend substantiierte Tatsachen enthalten 
[BVerfGE 48, 271 (279f)]. Die größte Zahl der vom 
Einspruchsführer vorgebrachten Rügen genügen 
diesen Anforderungen nicht. Es handelt sich im we- 
sentlichen um allgemein gehaltene Behauptungen 
und Vermutungen, die der Einspruchsführer trotz 
des Hinweises in dem Eingangsbestätigungsschrei- 
ben vom 30. Oktober 1980 nicht näher belegt hat. In 
diesem Zusammenhang muß sich der Einspruchs- 
führer entgegenhalten lassen, daß ihm die Anforde- 
rungen, die an einen Einspruch zu richten sind, hin- 
reichend bekannt waren, da er auch die Bundestags- 
wahl zum 8. Deutschen Bundestag und die Wahl der 
Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der 
Bundesrepublik Deutschland vom 10. Juni 1979 an- 
gefochten hat und gegen die Entscheidung des Deut- 
schen Bundestages jeweils Beschwerde beim Bun- 
desverfassungsgericht einlegte. In beiden Fällen 
wurden die Beschwerden des Einspruchsführers als 
offensichtlich unbegründet verworfen. 

Zu dem Vorbringen des Einspruchsführers im ein- 
zelnen stellt der Wahlprüfungsausschuß folgendes 
fest: 

a) Soweit der Einspruchsführer seinen Einspruch 
mit der Behauptung begründet, er sei als Landes- 
vorsitzender der C. B. V. bzw. die Landesge- 
schäftsstelle der Partei mit Hunderten von An- 
zeigen seitens der Staatsanwaltschaft Regens- 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


bürg auf Weisung des Ministerpräsidenten und 
Kanzlerkandidaten der CDU/CSU überzogen 
worden, kann sein Einspruch keinen Erfolg ha- 
ben. Diese und die damit im Zusammenhang ste- 
henden Behauptungen des Einspruchsführers 
sind zu allgemein, der Hinweis auf die Akten bei 
der Staatsanwaltschaft Regensburg reicht zur er- 
forderlichen Konkretisierung seines Vorbringes 
nicht aus. Dies gilt um so mehr, als der Ein- 
spruchsführer auch unterlassen hat, die ihm be- 
kannten Aktenzeichen der bei der Staatsanwalt- 
schaft Regensburg geführten Akten in seiner Sa- 
che anzugeben. Im übrigen stellen Strafanzeigen 
gegen einen Wahlbewerber keine Verletzung 
wahlrechtlicher Bestimmungen dar, da diesem 
im Rahmen der Rechtsordnung jederzeit die 
Möglichkeit gegeben ist, sich mit einer Fülle von 
Rechtsmitteln der gegen ihn gerichteten An- 
griffe zu erwehren. 

b) Auch die Behauptung, die im Bundestag vertrete- 
nen Parteien hätten im Wahlkampf die Behaup- 
tung verbreitet, durch die Fünfprozent- Klausel 
gingen alle der C. B. V. gegebenen Stimmen zur 
Bundestagswahl verloren, vermag den Ein- 
spruch nicht zu stützen. Der Hinweis auf die ver- 
fassungsrechtlich unbedenkliche [vgl. dazu 
BVerfGE 6, 84 (92 ff.)] Fünfprozent-Sperrklausel 
hält sich im Rahmen der zulässigen Wahlwer- 
bung und Einflußnahme auf den Wählerwillen. 
Weder der Grundsatz der Wahlfreiheit noch der 
Grundsatz der Wahlgleichheit werden durch der- 
artige Hinweise beeinträchtigt [BVerfGE 48, 271 
(276)]. 

Auch mit der Behauptung, das Bayerische Um- 
weltschutzministerium habe parteiergreifend in 
den Wahlkampf eingegriffen, kann der Ein- 
spruch nicht begründet werden. Die Behauptun- 
gen des Einspruchsführers zu diesem Punkt sind 
zu allgemein; sie lassen insbesondere nicht er- 
kennen, ob es sich bei den von ihm beanstande- 
ten Maßnahmen um verfassungsrechtlich zuläs- 
sige Öffentlichkeitsarbeit der Regierung oder um 
ein verfassungswidriges, parteiergreifendes Ein- 
greifen in den Wahlkampf gehandelt haben soll 
[vgl. BVerfGE 44, 125 (148 ff.)]. In diesem Zusam- 
menhang darf auf die Entscheidung des Bundes- 
verfassungsgerichts bei der Zurückweisung der 
Beschwerde des Einspruchsführers gegen die 
Entscheidung des Deutschen Bundestages be- 
züglich seiner Anfechtung der Wahl zum 8. Deut- 
schen Bundestag verwiesen werden, in der es 
u. a. heißt: „Um ein Einwirken der Regierung in 
den Wahlkampf, durch das die Gültigkeit der 
Bundestagswahl berührt sein könnte, hinrei- 
chend darzulegen, hätte der Beschwerdeführer 
zumindest angeben müssen, durch welche einzel- 
nen konkreten Maßnahmen dies geschehen sein 
soll, zu welcher Zeit und in welchem Ausmaß. So- 
weit der Beschwerdeführer beanstandet, daß mit 
öffentlichen Mitteln erstellte Wandzeitungen 
und Druckschriften der Regierung im Wahl- 
kampf eingesetzt worden seien, hätte er Angaben 
über Inhalt, Aufmachung und Umfang der Ver- 
breitung machen müssen. Der Beschwerdeführer 
hat all dies unterlassen, obwohl ihm die Ergän- 


zung seines Vorbringens möglich und zumutbar 
war und ihn der Deutschen Bundestag hierzu 
aufgefordert hatte. Der Grundsatsz der Amtser- 
mittlung befreit nicht von dieser Darlegungslast“ 
[BVerfGE 48, 271 (279 f.)]. 

Aus all dem ergibt sich, daß der Einspruchsfüh- 
rer mindestens den von ihm angezogenen Artikel 
in der Passauer Neuen Presse seinem Einspruch 
hätte beifügen müssen mit Beweisangeboten, 
daß dieser Artikel tatsächlich mit Geldmitteln 
des Umweltministeriums finanziert worden war. 
Auch fehlt jegliches Beweisangebot für seine Be- 
hauptung, dieser Artikel sei vom Umweltschutz- 
ministerium allen Zeitungen der Bundesrepublik 
zugeschickt und seine Veröffentlichung verlangt 
worden. 

In diesem Zusammenhang vertritt der Wahlprü- 
fungsausschuß die Auffassung, daß ein entspre- 
chendes Verlangen seitens des Umweltministeri- 
ums als höchst unwahrscheinlich angesehen 
werden muß, da es bei der Strukturierung der 
Presse in der Bundesrepublik Deutschland von 
vorne herein zum Scheitern verurteilt gewesen 
wäre. 

c) Soweit der Einspruchsführer seinen Einspruch 
mit der Behauptung stützen will, der Bayerische 
Ministerpräsident habe als Kanzlerkandidat 
Briefe an alle Rentner Bayerns verschickt, wobei 
er sich die Anschriften unter Verletzung des Da- 
tenschutzes bei den Landesversicherungsanstal- 
ten besorgt habe, kann er keinen Erfolg haben. 
Die Versendung von Wahlbriefen an bestimmte 
Personengruppen wird von allen großen Parteien 
praktiziert. § 22 Abs. 1 des Melderechts-Rahmen- 
gesetzes hat gerade eine Rechtsgrundlage ge- 
schaffen, um den Parteien und Wählergruppen 
im Zusammenhang mit Wahlen zum Deutschen 
Bundestag oder zum Europäischen Parlament 
Daten über Wahlberechtigte zu erteilen, für de- 
ren Zusammensetzung das Lebensalter der Be- 
troffenen bestimmend ist. In diesem Zusammen- 
hang kann auch auf § 21 Abs. 4 der Bundeswahl- 
ordnung (BWO) verwiesen werden, wonach an 
Trägern von Wahlvorschlägen Auszüge oder Ab- 
schriften des Wählerverzeichnisses gegen Er- 
stattung der Auslagen erteilt werden können. Da 
die so zu erteilenden Gruppenauskünfte nicht 
unter das „Sozialgeheimnis” fallen, können sie 
auch, wenn sie von anderer Stelle erteilt werden 
sollten, nicht unter datenschutzrechtlichen Kate- 
gorien gesehen werden. Von dieser Möglichkeit 
können alle Parteien und Wählergruppen Ge- 
brauch machen. Unter dem Gesichtspunkt des 
Grundsatzes der Chancengleichheit ist es uner- 
heblich, wenn nur eine Partei diese gesetzlich 
eingeräumte Möglichkeit nützt. Unter wahlrecht- 
lichen Gesichtspunkten kann somit der „Rent- 
nerbrief“ nicht zu einer Beanstandung führen. 

d) Auch mit seiner Behauptung, durch Hirtenbrief 
und Pfarrbriefe sei in unzulässiger Weise in den 
Wahlkampf zugunsten der CSU eingegriffen wor- 
den, kann der Einspruchsführer keinen Erfolg 
haben. Wie das Bundesverfassungsgericht zum 
Grundsatz der freien Wahl festgestellt hat, be- 


93 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


steht die Wahlfreiheit zunächst darin, „daß jeder 
Wähler sein Wahlrecht frei, d. h. ohne Zwang 
oder sonstige unzulässige Beeinflussung von au- 
ßen, ausüben kann. Durch sie soll vor allem die 
freie Wahlbetätigung geschützt werden” [BVerf- 
GE 7, 63 (69)]. Soweit sich die Grundsätze der 
freien und der geheimen Wahl gegenseitig bedin- 
gen, ist weniger die freie Willensentscheidung 
oder die Freiheit des Entschlusses angesprochen, 
als vielmehr die grundsätzlich garantierte Frei- 
heit des einzelnen Wählers, seine in der Regel 
schon vor der Wahlhandlung getroffene Ent- 
scheidung frei von jeder Kontrolle und jedem 
Druck in der Wahlhandlung zu dokumentieren 
(vgl. auch Drucksache VI/1311, S 33). Der Bezug 
auf die Lehre von der Unfehlbarkeit ist in diesem 
Zusammenhang so abwegig, daß er keiner weite- 
ren Erörterung bedarf. Auch wenn Pfarrer sich 
mit Kreisvorsitzenden einer Partei zusammen- 
tun, um Wahlaufrufe zu verfassen und zu verbrei- 
ten, liegt das im Rahmen der zulässigen Wahl- 
werbung und stellt keine, die freie Wahlhandlung 
gefährdende Maßnahme dar. 

e) Auch in der vom Einspruchsführer behaupteten 
Forderung des Spitzenkandidaten der CDU/CSU, 
des Ministerpräsidenten Strauß, bei einer Groß- 
kundgebung sollten Zwischenrufer verhaftet 
bzw. Plakate entfernt werden, kann eine Verlet- 
zung wahlrechtlicher Bestimmungen, die den 
Grundsatz der Chancengleichheit verletzt hätte, 
nicht gesehen werden. 

f) Soweit der Einspruchsführer seinen Einspruch 
auf die im Fernsehen und im Rundfunk veran- 
stalteten Diskussionen mit Mitgliedern der im 
Bundestag vertretenen Parteien rügt, ist kein 
Rechtsverstoß erkennbar, der als Wahlfehler an- 
gesehen werden könnte. In mehreren Entschei- 
dungen hat das Bundesverfassungsgericht fest- 


gestellt, daß die Anwendung des Grundsatzes der 
gleichen Wettbewerbschancen der Parteien im 
Bereich der Wahlpropaganda nicht erfordert, daß 
alle Parteien im gleichen Umfang zu Wort kom- 
men; die den einzelnen Parteien zustehenden 
Sendezeiten dürfen entsprechend der Bedeutung 
verschieden bemessen werden [BVerfGE 48, 271 
(280); 7, 99 (108); 13, 204 (205); 14, 121 (134 ff.); 34, 
160 (163 f.)]. 

Der Einspruchsführer hat auch keine konkreten 
Maßnahmen vorgetragen, aus denen ersichtlich 
geworden wäre, daß die Fernseh- bzw. Rundfunk- 
anstalten, die ihrem Ermessen von Verfassungs 
wegen gezogenen Grenzen gegenüber dem Ein- 
spruchsführer überschritten hätten. Aus diesem 
Grunde kann der Einspruchsführer mit seiner 
Behauptung, durch das Verhalten der Rundfunk- 
und Fernsehanstalten seien die Wähler irrege- 
führt worden, nicht gehört werden. 

Sind damit die vom Einspruchsführer aufgestellten 
Behauptungen weder einzeln noch in ihrer Gesamt- 
heit geeignet, dem Einspruch zum Erfolg zu verhel- 
fen, war er in vollem Umfange als offensichtlich un- 
begründet im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG zu- 
rückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehning 

Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 40 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 34/80 — des Herrn Carl Reif, 
wohnhaft: Bartensteiner Straße 4, 7000 Stuttgart 40, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt 

Zur Begründung seines Einspruchs führt er aus, 
Bundeskanzler Schmidt habe wider besseres 
Wissen in Wahlkundgebungen ausgeführt: 

„Eine CDU/CSU-Regierung mit Strauß sei eine 
Gefährdung des Friedens und der menschli- 
chen Erleichterungen in der DDR, obwohl der 
Bundeskanzler vom Geheimdienst vor der 
Wahl über die nach der Bundestagswahl am 
5. Oktober 1980 von der DDR vollzogenen Maß- 
nahmen — Zwangsumtausch — unterrichtet 
war.“ 

Diese Äußerung des Bundeskanzlers sei eine 
massive, das Wahlergebnis berührende Wähler- 
beeinflussung gewesen, die einen Einspruch 
rechtfertige. Darüber hinaus sei der Einspruch 
aber auch begründet durch die eine freie Mei- 
nungsäußerung überschreitende Grenze des Ar- 
tikel 5 GG und die Grundsätze einer demokrati- 
schen Wahl grob verletzende, schamlose und 
hemmungslose Aktion vielseitiger Art mit dem 
Begriff: „Stoppt Strauß.’' Dies sei eine rechtswid- 
rige Beeinflussung der Wähler, die sich im Wahl- 
ergebnis niederschlage. 

Zum Beweis seiner Behauptungen verweist er 
auf Parteimaterial der CDU/CSU und die Ent- 
scheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sa- 
chen Böll/Walden. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 


Unerläßliches Merkmal eines demokratischen 
Staatswesens ist die Freiheit der Wahl. Diese besagt 
in erster Linie, daß jeder Wahlberechtigte sein Wahl- 
recht frei, d. h. ohne Zwang oder Druck oder sonstige 
unzulässige direkte oder indirekte Einflußnahme 
auf die Entscheidungsfreiheit — durch die öffentli- 
che Hand, durch politische Parteien oder andere 
Wahlvorschlagsträger und ihre Wahlbewerber, 
durch sonstige Institutionen oder von privater Seite 
— ausüben können muß und daß keine wie auch im- 
mer geartete Kontrolle der Stimmabgabe des Wäh- 
lers erfolgen darf [vgl. BVerfGE 7, 63, (69); 47, 253 
(282)]. 

In einer Demokratie erhält der Grundsatz der Wahl- 
freiheit bei der Wahlpropaganda eine besondere Be- 
deutung. Diese richtet sich grundsätzlich nicht ge- 
gen die Entschließungsfreiheit der Wähler, sondern 
soll diese grundsätzlich erst ermöglichen. Es ent- 
spricht der Natur der Sache, daß die Auseinander- 
setzung im Wahlkampf zum Teil in polemischer bzw. 
agitatorischer Form erfolgt. Daraus ergibt sich, daß 
im Wahlkampf auch scharfe Formulierungen er- 
laubt sind, die grundsätzlich nicht gegen die Vor- 
schriften der allgemeinen Gesetze im Sinne des Ar- 
tikels 5 Abs. 2 GG und das Rechts der persönlichen 
Ehre verstoßen. Wer als Wahlbewerber auf tritt, muß 
grundsätzlich damit rechnen, daß er von seinem po- 
litischen Gegner hart angegriffen und u. U. durch ab- 
wertende Urteile verletzt wird. Eine unzulässige 
Wahlbeeinflussung liegt aber nur dann vor, wenn die 
Wahlberechtigten in ihrer Entscheidungsfreiheit be- 
troffen sind, wobei davon auszugehen ist, daß der 
durchschnittliche Wähler eine übertriebene Polemik 
und Agitation eher zu durchschauen in der Lage ist 
und ihnen, je schärfer die Angriffe formuliert wer- 
den, um so skeptischer gegenübersteht (vgl. auch 
Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deut- 
schen Bundestag, Bd. 1, S. 72 f. und die dort angege- 
bene Literatur). 

Zwar kann die vom Einspruchsführer gerügte Be- 
hauptung als schwerwiegende Ehrverletzung gese- 
hen werden; sie darf jedoch nicht aus dem Gesamt- 
zusammenhang der Wahlkampf auseinandersetzung 
vor der Bundestagswahl vom 5. Oktober 1980 be- 
trachtet werden. Unter diesem Gesichtspunkt ver- 


95 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


mag der Wahlprüfungsausschuß in der beanstande- 
ten Behauptung keine die Wahlfreiheit beeinträchti- 
gende und damit das Wahlergebnis verfälschende 
Wahlpropaganda zu erblicken. 

Ob der Bundeskanzler bei der vom Einspruchsfüh- 
rer gerügten Behauptung bereits wußte, daß nach 
der Bundestagswahl von den Behörden der DDR 
Maßnahmen ergriffen würden, die den menschli- 
chen Kontakt zwischen den Bürgern der Bundesre- 
publik Deutschland und der DDR erschweren wür- 
den, kann nach Auffassung des Wahlprüfungsaus- 
schusses dahingestellt bleiben, dies um so mehr, als 
kein Wahlbewerber, also auch nicht die Mitglieder 
der Regierung, unter wahlrechtlichen Gesichts- 
punkten verpflichtet ist, alle ihm bekannten, seine 
Wahlchancen möglicherweise verringernden Tatsa- 
chen vor der Wahl zu offenbaren. 

Auch mit dem Hinweis auf die Aktion „Stoppt 
Strauß” kann der Einspruchsführer seinen Ein- 
spruch nicht begründen. Zwar kann nicht verkannt 
werden, daß plakative Wahlpropaganda durchaus 
geeignet erscheint, Einfluß auf die Wahlberechtigten 
auszuüben; außer den bereits dargelegten Gründen 
muß andererseits jedoch davon ausgegangen wer- 
den, daß sich die Wähler nicht ohne weiteres durch 


derartige Aktionen zu einer bestimmten Stimmab- 
gabe zwingen lassen. Dies muß um so mehr gelten, 
als die beanstandete Form der plakativen Wahlwer- 
bung auf „eine Seite“ beschränkt blieb. Bereits in 
früheren Entscheidungen hat der Wahlprüfungsaus- 
schuß darauf hingewiesen, daß überzogene Wahl- 
werbung möglicherweise beim Wähler den gegentei- 
ligen Effekt hervorrufen kann. 

Ist somit ein den Grundsatz der freien Wahl verlet- 
zender Verstoß nicht erkennbar, war der Einspruch 
im Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich 
unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 41 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 35/80 — der Anna und Ursula 
Rusche und des Erhard Rusche, wohnhaft: Bentweg 7, 4930 Det- 
mold 17, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 19. Oktober 1980 haben die 
Einspruchsführer beim Kreiswahlleiter Höxter- 
Lippe II, das dieser mit Schreiben vom 27. Okto- 
ber 1980 zuständigkeitshalber dem Deutschen 
Bundestag zugeleitet hat, Einspruch gegen die 
Gültigkeit der Wahl im Wahlkreis 106 — Höxter- 
Lippe II, eingelegt. 

Zur Begründung ihres Einspruchs tragen sie vor, 
im Wahlbezirk 48 der Stadt Detmold — Grund- 
schule Hiddesen — seien nur zwei Stimmen für 
die Liste 9 — NPD — vom Wahlvorstand des 
Wahlbeziks48 festgestellt worden, obwohl alle 
Einspruchsführer diese Liste, also die NPD, ge- 
wählt hätten. 

Sie erklären an Eides Statt, die Liste 9 — Zweit- 
stimme — gewählt zu haben und bitten um noch- 
malige Nachzählung der Stimmen in diesem 
Wahlbezirk. 

Aus dem vom Kreiswahlleiter für die Bundes- 
tagswahl des Wahlbezirks 48 der Stadt Detmold 
übermittelten Ergebnis der festgestellten Stimm- 
abgaben ergibt sich, daß für die Liste 9 — NPD — 
lediglich zwei Stimmen — Zweitstimmen — ab- 
gegeben wurden. Aus der ebenfalls beigefügten 
amtlichen Bekanntmachung des endgültigen Er- 
gebnisses im Wahlkreis 106 Höxter-Lippe II er- 
gibt sich, daß für die NPD insgesamt 211 Zweit- 
stimmen abgegeben wurden. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 


Jeder Wähler kann, ohne den Grundsatz der gehei- 
men Wahl zu verletzen, vor und nach der Wahlhand- 
lung bekanntgeben, welche Wahlentscheidung er 
treffen wird bzw. getroffen hat. Er ist jedoch gesetz- 
lich nicht verpflichtet, bei der Preisgabe seines 
Wahlgeheimnisses die Wahrheit zu sagen. Aus die- 
sem Grunde kann zwar unterstellt werden, daß die 
Einspruchsführer sich gegenseitig versichert haben, 
mit ihrer Zweitstimme die Liste 9 — NPD — gewählt 
zu haben; es kann jedoch nicht davon ausgegangen 
werden, daß diese Versicherungen, auch wenn sie 
„an Eides Statt“ gegenüber dem Kreiswahlleiter ab- 
gegeben werden, den Tatsachen entsprechen. 

Abgesehen davon, daß im konkreten Fall eine amtli- 
che Nachprüfung unter Umständen den Grundsatz 
der geheimen Wahl berühren könnte — sind in ei- 
nem Wahlbezirk nur wenige Stimmen für eine be- 
stimmte Partei abgegeben worden, ist diese Gefahr 
um so größer — , sieht der Wahlprüfungsausschuß 
keine Veranlassung, eine entsprechende Nachprü- 
fung vornehmen zu lassen. Aufgabe des Wahlprü- 
fungsausschusses ist es vielmehr festzustellen, ob 
durch Verletzung der Wahlrechtsbestimmungen das 
Ergebnis der Bundestagswahl beeinflußt worden 
ist bzw. hätte beeinflußt werden können [seit 
BVerfGE 4, 370 (372 f) ständige Rechtsprechung]. 

Selbst wenn versehentlich eine für die Liste 9 — 
NPD — abgegebene Zweitstimme unrichtig gezählt 
worden sein sollte, hätte das auf das Wahlergebnis 
bzw. auf die Sitzverteilung im Bundestag keinen 
Einfluß haben können, da auf die NPD im gesamten 
Bundesgebiet an Zweitstimmen nur 0,2 v. H. der ab- 
gegebenen gültigen Stimmen entfielen. Auch wenn 
unterstellt wird, daß eine angeblich für die NPD ab- 
gegebene Zweitstimme irrtümlich einer anderen am 
Verhältnisausgleich gemäß § 6 BWG teilnehmenden 
Partei zugerechnet worden wäre, hätte das nach den 
Feststellungen des Bundeswahlleiters keinen Ein- 
fluß auf die Sitzverteilung im 9. Deutschen Bundes- 
tag haben können. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 42 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 43/80 — des Herrn 
Hans SchÖttler, wohnhaft: 8358 Sandbach Nr. 7, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag eingelegt. 
Sein Schreiben hat er ferner allen Mitgliedern 
des Deutschen Bundestages und der Länderpar- 
lamente zugeleitet 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
durch das bestellte Attentat auf dem Münchener 
Oktoberfest sei die Wählermeinung gegen die an- 
geblich rechts stehende Opposition manipuliert 
worden. Darüber hinaus seien die Wähler, da 
viele die wahren Hintergründe nicht gekannt 
oder geahnt hätten, durch diese Einschüchterung 
in der Freiheit ihrer Wahl erheblich behindert 
worden. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet 

Die Wahlprüfung dient dem Schutze des objektiven 
Wahlrechts, d. h. der Erzielung der gesetzmäßigen 
Zusammensetzung des Deutschen Bundestages [vgl. 
BVerfGE 48, 271 (280) mit weiteren Nachweisen]. 


Zwar hat der Einspruchsführer für seinen Ein- 
spruch auf ein konkretes Ereignis — Attentat auf 
dem Münchener Oktoberfest — verwiesen, dennoch 
hat er keine konkreten Tatsachen vorgebracht, die 
erkennen lassen, in welchem Tatbestand ein mögli- 
cher Wahlfehler erblickt werden soll. Nur auf die 
Verletzung wahlrechtlicher Bestimmungen kann 
ein Einspruch begründet werden. 

Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, daß das At- 
tentat auf dem Oktoberfest in München Einfluß auf 
die subjektive Wahlentscheidung von Wahlberech- 
tigten gehabt hat. Auf die bloße Vermutung oder Be- 
hauptung, es wäre in der Wahlkampf auseinander- 
setzung nur „einer Seite“ zugute gekommen, weil es 
auch von dieser Seite initiiert worden sei, kann der 
Wahleinspruch jedoch nicht gestützt werden. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 43 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 46/80 — des Herrn 
Karl Heinz Schreiber, wohnhaft: Berliner Straße 4, 3444 Wehre tal 2, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 2. November 1980 hat der Ein- 
spruchsführer sich an den Gemeindewahlleiter 
der Gemeinde Wehretal gewandt mit der Bitte, 
wegen eines Verstoßes gegen das Wahlgeheimnis 
die entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen 
einzuleiten. Mit Schreiben vom 4. November 1980 
hat die Gemeinde Wehretal das Schreiben des 
Einspruchsführers unter Bezugnahme auf § 2 
Abs. 3 des Wahlprüfungsgesetzes dem Deutschen 
Bundestag zugeleitet. 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt der Ein- 
spruchsführer vor, auf einer Veranstaltung der 
SPD am 24. Oktober 1980 habe der in den Wahl- 
vorstand des Wahlbezirkes Hoheneiche berufene 
Werner Axt den Anwesenden mitgeteilt, daß er, 
der Einspruchsführer, von seinem Wahlrecht kei- 
nen Gebrauch gemacht habe. Diese Information 
habe er nur schlüssig aus dem Wählerverzeichnis 
entnehmen können. In der Bekanntgabe seiner 
Nichtbeteiligung an der Bundestagswahl sehe er 
eine eklatante Verletzung des Wahlgeheimnis- 
ses. 

2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung 
der Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) 
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli- 
chen Verhandlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Der Grundsatz der Geheimhaltung der Wahl bezieht 
sich nicht nur auf den eigentlichen Wahlakt; der 
Wahlberechtigte hat auch ein Recht darauf, daß sein 
Stimmverhalten bzw. die Nichtteilnahme an der 
Wahl auch über den Wahltag hinaus geschützt wird. 
Entsprechend werden der Wahlvorsteher und sein 


Stellvertreter gemäß § 6 Abs. 3 der Bundeswahlord- 
nung (BWO) darüber belehrt, daß sie zur Verschwie- 
genheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit 
bekanntgewordenen Tatsachen, insbesondere über 
alle dem Wahlgeheimnis unterliegenden Angelegen- 
heiten nunmehr verpflichtet sind. 

Das gleiche gilt für die Beisitzer, wenn sie gemäß 
§ 53 Abs. 1 BWO vom Wahlvorsteher verpflichtet 
worden sind. 

Könnte daher auch in dem Schreiben des Ein- 
spruchsführers an den Gemeindewahlleiter mit der 
Aufforderung, „die entsprechenden gesetzlichen 
Maßnahmen gegen Axt einzuleiten“ eine Anzeige 
wegen Verstoßes gegen Geheimhaltungs- Verpflich- 
tungen erblickt werden, kann im Rahmen des Wahl- 
prüfungsverfahrens lediglich geprüft werden, ob 
durch eine evtl. Verletzung des Grundsatzes der Ge- 
heimhaltung der Wahl das Wahlergebnis verfälscht 
wurde. 

Selbst wenn unterstellt wird, daß ein Mitglied des 
Wahlvorstandes unter Verletzung der Verschwie- 
genheitspflicht der Öffentlichkeit nach der Wahl be- 
kanntgibt, ob ein Wahlberechtigter an der Wahl teil- 
genommen hat oder nicht, wäre dies zwar ein Ver- 
stoß gegen wahlrechtliche Bestimmungen, hätte je- 
doch im konkreten Fall keinen Einfluß auf das Wahl- 
ergebnis haben können. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 44 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 51/80 — der Frau Hedwig 
Koller und des Herrn Rudolf Koller, wohnhaft: Schulstraße 10, 

7144 Asperg, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 9. November 1980 haben die 
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag ein- 
gelegt. Zur Begründung führen sie aus, im Wahl- 
kreis 169 — Ludwigsburg — im Wahlbezirk I — 
Rathaus — der Stadt Asperg seien sie um ihre 
Stimme betrogen worden und es bestehe der Ver- 
dacht, daß es dabei noch um mehr Stimmen ge- 
gangen sei. Aus einem Klammerhinweis „(zu 
gunsten der NPD)“ muß entnommen werden, daß 
die Einspruchsführer behaupten wollen, sie hät- 
ten ihre Stimme der NPD gegeben, da sie an- 
schließend darauf hinweisen, in der Feststellung 
des Ergebnisses für das betreffende Wahllokal 
habe es keine NPD-Stimme gegeben. 

Mit Schreiben vom 25. November 1980 hat die 
Stadt Asperg zu dem Vorbringen der Einspruchs- 
führer Stellung genommen und u. a. ausgeführt, 
die NPD habe im gesamten Stadtgebiet Asperg 
41 Stimmen erzielt. Bei der Überprüfung der 
Wahlniederschrift und der Stimmzettel des 
Stimmbezirks I hätten keine Fehler festgestellt 
werden können. Es sei lediglich aufgefallen, daß 
bei den ungültigen Stimmzetteln einige Stimmen 
auf die NPD entfallen seien, die aber nicht hätten 
gewertet werden können, weil auf denselben 
Stimmzetteln eine oder mehrere Parteien eben- 
falls mit einer Stimme bedacht worden seien. Die 
betreffenden Stimmen hätten gemäß § 39 Abs. 1 
Nr. 5 BWG als ungültig gewertet werden müssen. 
Aus der beigefügten Wahlniederschrift über die 
Ermittlung und Feststellung des Ergebnisses der 
Wahl im Wahlbezirk I — Rathaus — ergibt sich, 
daß für die NPD — ein Direktbewerber kandi- 
dierte in diesem Wahlkreis für die NPD nicht — 
keine gültige Zweitstimme abgegeben worden 
ist. 

2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung 
der Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) 
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli- 
chen Verhandlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Jeder Wähler kann ohne den Grundsatz der gehei- 
men Wahl zu verletzen, vor und nach der Wahlhand- 
lung bekanntgeben, welche Wahlentscheidung er 
treffen wird bzw. getroffen hat. Er ist jedoch gesetz- 
lich nicht verpflichtet, bei der Preisgabe seines 
Wahlgeheimnisses die Wahrheit zu sagen. Auch auf- 
grund einer Versicherung in der Begründung eines 
Wahleinspruchs, bei der Wahl eine bestimmte Partei 
gewählt zu haben, kann nicht mit absoluter Sicher- 
heit geschlossen werden, daß diese Versicherung 
den Tatsachen entspricht. Darüber hinaus kann un- 
ter Berücksichtigung der Stellungnahme der Stadt 
Asperg nicht ausgeschlossen werden, daß die Ein- 
spruchsführer zwar ihre Stimme der NPD geben 
wollten, diese jedoch nicht gewertet werden konn- 
ten, weil sie aus den von der Stadt Asperg dargeleg- 
ten Gründen als ungültig anzusehen waren. 

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- 
gerichts zu Wahleinsprüchen gegen die Gültigkeit 
von Bundestagswahlen vermögen nur solche Wahl- 
fehler einen Wahleinspruch zu bergründen, die auf 
die Mandatsverteilung von Einfluß waren oder hät- 
ten sein können. Infolgedessen scheiden alle Ver- 
stöße von vornherein als unerheblich aus, die das 
Wahlergebnis nicht berühren. Aber auch solche 
Wahlfehler, die das Wahlergebnis betreffen, sind 
dann unerheblich, wenn sie angesichts des Stim- 
menverhältnisses keinen Einfluß auf die Mandats- 
verteilung haben können [seit BVerfGE 4, 370 
(372 f.), ständige Rechtsprechung, der sich der Bun- 
destag in allen entsprechenden Entscheidungen an- 
geschlossen hat]. 

Abgesehen davon, daß im konkreten Fall eine amtli- 
che Nachprüfung ggf. den Grundsatz der geheimen 
Wahl berühren könnte, sieht der Wahlprüfungsaus- 
schuß keine Veranlassung, eine weitere Nachprü- 
fung vornehmen zu lassen. Aus dem amtlichen 
Wahlergebnis des Wahlkreises 169 — Ludwigsburg 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


— ergibt sich, daß für die NPD insgesamt lediglich 
454 Zweitstimmen, gleich 0,3 v. H. der Stimmen, ab- 
gegeben wurden. Auch wenn die beiden Stimmen 
der Einspruchsführer als Zweitstimmen der NPD 
zugute gekommen wären, hätte dies auf das Wahler- 
gebnis weder im Wahlkreis selbst noch im gesamten 
Bundesgebiet Einfluß gehabt 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3, Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 45 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 53/80 — der Herren Fritz 
Faßbender und Georg Grabkowski, beide wohnhaft in 5440 Mayen, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 13. November 1980 haben die 
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag ein- 
gelegt. 

Zur Begründung ihres Einspruchs tragen sie vor, 
in Mayen hätten sich 2 345 Bürger ( = 16,24 v. H.) 
für die Briefwahl entschieden. Ein Drittel dieser 
Briefwähler (ca. 5,3 v. H. aller Mayener Wähler) 
habe sich von einigen wenigen Vertretern einer 
Partei die Briefwahlunterlagen ins Haus bringen 
lassen. Dabei hätten die erfolgreichsten Werber 
etwa 100 Unterlagen pro Werber von der Stadt- 
verwaltung Mayen abgeholt. Die Anzahl der an 
diese Interessengruppen ausgegebenen Brief- 
wahlunterlagen belaufe sich auf ca. 700 bis 800. 

Da nicht auszuschließen sei, daß sich diese von 
Parteiwerbern überredeten Briefwähler auch in 
ihren Wahlentscheidungen hätten beeinflußen 
lassen, sei ebenfalls nicht auszuschließen, daß 
sich von diesen Wählern 150 in freier und unbe- 
einflußter Wahl dann für die FDP oder auch 460 
für die SPD entschieden hätten. Das hätte aber 
eine andere Sitzverteilung im Deutschen Bun- 
destag zur Folge gehabt. 

Die Einspruchsführer vertreten die Auffassung, 
da der Stadtverwaltung Mayen der massive Ein- 
satz von Wahlwerbern vor dem 5. Oktober 1980 
bekanntgeworden sei, hätte man in analoger An- 
wendung des § 32 des Bundeswahlgesetzes 
(BWG) diese Parteiinitiative sofort zurückweisen 
müssen, notfalls mit der Androhung, diese Stim- 
men nicht zu werten. 

Aufgrund der Eingangsbestätigung vom 18. No- 
vember 1980 teilten die Einspruchsführer mit 
Schreiben vom 25. November 1980 ergänzend 
mit, der Kreiswahlleiter habe zwischenzeitlich 
ihre Behauptung bestätigt, u. a. auch, daß die er- 
folgreichsten Sammler 155, 144, 121, 101, 72 und 63 
Unterlagen je Sammler für andere Wähler be- 
sorgt hätten. 


Auf Anforderung des Wahlprüfungsausschusses 
hat die Stadtverwaltung Mayen mit Schreiben 
vom 1. Dezember 1980 zu dem Vorbringen der 
Einspruchsführer Stellung genommen. Nach Be- 
stätigung der von den Einspruchsführern ange- 
gebenen Zahl der Briefwähler und der an 15 Per- 
sonen ausgehändigten Briefwahlunterlagen wird 
ausgeführt, die Stadt Mayen habe den Appell des 
Bundeswahlleiters vom 30. April 1980 den örtli- 
chen Parteiorganisationen zur Kenntnis ge- 
bracht. Sie habe ferner in einer Besprechung mit 
den örtlichen Parteiorganisationen die Proble- 
matik der Briefwahl besprochen und die beste- 
henden wahlrechtlichen Vorschriften eingehend 
erläutert. Landes- und Kreiswahlleiter hätten die 
örtlichen Wahlämter angewiesen, bei der Aus- 
gabe von Briefwahlunterlagen die bestehenden 
wahlrechtlichen Vorschriften strikt zu beachten. 
Dies habe die Stadt Mayen getan. Es seien in je- 
dem Einzelfall, in dem Briefwahlunterlagen 
nicht vom Wähler selbst beantragt bzw. abgeholt 
wurden, schriftliche Vollmachten verlangt wor- 
den. Vollmachten, die zur Antragstellung bzw. zu 
Empfangnahme von Briefwahlunterlagen be- 
rechtigten, seien auch von den „Helfern“ in je- 
dem Einzelfalle vorgelegt worden. In allen Fällen 
sei eingehend geprüft worden, ob ein Grund, der 
zur Beantragung von Briefwahlunterlagen be- 
rechtige, angegeben gewesen sei. Anträge, bei de- 
nen dies nicht der Fall gewesen sei, seien zurück- 
gewiesen worden. 

In einem Fernschreiben vom 26. September 1980 
habe der Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz den 
Kreiswahlleitern zur Briefwahlwerbung mitge- 
teilt: 

„Ich halte es daher für vertretbar und unter 
Umständen sogar für geboten, daß in den ge- 
schilderten Fällen, d. h., wenn immer einem 
Wahlhelfer eine Vielzahl von Vollmachten vor- 
liegt, die auf systematische Besuche ganzer 
Straßenzüge schließen läßt, die Briefwahlun- 
terlagen entgegen der erteilten Vollmacht di- 
rekt an den Wahlberechtigten in der sonst übli- 
chen Weise zugestellt werden.“ 


105 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Der Kreiswahlleiter habe dieses Fernschreiben 
mit Schreiben vom 29. September 1980, eingegan- 
gen am 1. Oktober 1980, übersandt und empfoh- 
len, entsprechend zu verfahren. Von diesem Zeit- 
punkt an seien nur noch Einzelanträge eingegan- 
gen. 

Ob es durch den Einsatz der Briefwahlhelfer im 
Einzelfalle zu Beeinflussungen von Briefwählern 
gekommen sei, könne von dort aus nicht beurteilt 
werden. 

Aufgrund der Berechnungen des Bundeswahllei- 
ters betreffend die für eine Veränderung der Sitz- 
verteilung um einen Sitz erforderliche Stimmen- 
verschiebung ergibt sich, daß, hätte die FDP, bei 
Status-quo im übrigen, 131 mehr Zweitstimmen 
erhalten, oder die CDU, bei Status-quo im übri- 
gen, 428 Zweitstimmen weniger erhalten, so hätte 
durch Los entschieden werden müssen, welcher 
der beiden Parteien der Sitz zugefallen wäre. 

2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung 
der Sach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) 
von der Anberaumung einer öffentlichen mündli- 
chen Verhandlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Die Möglichkeit, an Stelle der persönlichen Stimm- 
abgabe durch Briefwahl an einer Bundestagswahl 
teilzunehmen, ist ausdrücklich durch § 36 BWG er- 
öffnet und grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht 
zu beanstanden. Durch die Möglichkeit der Brief- 
wahl soll möglichst allen Wahlberechtigten, die aus 
beruflichen, gesundheitlichen oder sonstigen Grün- 
den am Wahltag selbst nicht die persönliche Stimm- 
abgabe vornehmen können, die Gelegenheit gege- 
ben werden, an der Wahl teilzunehmen. Aus diesen 
Gründen muß die Briefwahl eine Ausnahme sein 
und an bestimmte Voraussetzungen geknüpft wer- 
den, die insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß 
die Verfassungsgrundsätze der freien und geheimen 
Wahl nicht verletzt werden. Um auf der einen Seite 
möglichst allen Wahlberechtigten die Möglichkeit 
der Wahlrechtsausübung zu eröffnen, schreibt § 19 
Abs. 2 BWO vor, daß mit der Benachrichtigung an 
den Wahlberechtigten, er sei in das Wählerverzeich- 
nis eingetragen, ein Vordruck für einen Antrag auf 
Ausstellung eines Wahlscheines beizufügen ist, ent- 
hält die Bundeswahlordnung auf der anderen Seite 
Regelungen, die die Gewähr dafür bieten sollen, daß 
die Verfassungsgrundsätze der freien und geheimen 
Wahl nicht verletzt werden. Um bereits bei früheren 
Bundestagswahlen aufgetretenen Bedenken hin- 
sichtlich der Gewährleistung der genannten Verfas- 
sungsgrundsätze zu begegnen, wurden insbesondere 
zum Ausschluß von möglichen Manipulationen bei 
der Briefwahl Verschärfungen bezüglich der Vor- 
aussetzungen zur Teilnahme an der Briefwahl in die 
Bundeswahlordnung auf genommen [BWO vom 
8. November 1979 (BGBl I S. 1805)]. 


So muß der Antragsteller gemäß § 27 Abs. 2 BWO 
den Grund für die Erteilung eines Wahlscheines 
glaubhaft machen, da die Eröffnung der Briefwahl 
nicht dazu dient, den Wahlberechtigten aus Bequem- 
lichkeitsgründen den Weg zum Wahllokal zu erspa- 
ren. Aufgrund dieser Bestimmung muß also der An- 
tragsteller dartun, daß einer der Gründe des § 25 
Abs. 1 BWO für ihn zutrifft. 

Ferner schreibt § 27 Abs. 3 BWO vor, daß derjenige, 
der den Antrag für einen anderen stellt, durch Vor- 
lage einer schriftlichen Vollmacht nachweisen muß, 
daß er dazu berechtigt ist. Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 
BWO dürfen an einen anderen als den Wahlberech- 
tigten persönlich Wahlschein- und Briefwahlunter- 
lagen nur ausgehändigt werden, wenn die Berechti- 
gung zur Empfangnahme durch Vorlage einer 
schriftlichen Vollmacht nachgewiesen wird. Schließ- 
lich bestimmt § 36 Abs. 2 Satz 1 BWG, daß der Wäh- 
ler oder die Person seines Vertrauens auf dem Wahl- 
schein gegenüber dem Kreiswahlleiter an Eides 
Statt zu versichern hat, daß der Stimmzettel persön- 
lich oder gemäß dem erklärten Willen des Wählers 
gekennzeichnet worden ist. Diese Versicherung ist 
für die Gültigkeit der Stimme maßgeblich. Eine wis- 
sentlich falsche Versicherung an Eides Statt ist ge- 
mäß § 156 StGB unter Strafe gestellt. 

Ob mit den vorstehend genannten Bestimmungen 
alle Möglichkeiten erschöpft sind, um Unkorrekthei- 
ten bei der Briefwahl in ausreichendem Maße zu be- 
gegnen, kann danhingestellt bleiben; seitens der 
Stadtverwaltung Mayen ist, wie sich aus der Aus- 
kunft vom 1. Dezember 1980 ergibt, alles Erforderli- 
che getan worden, um eine Einhaltung der wahl- 
rechtlichen Bestimmungen zu erreichen. Ob seitens 
der Stadtverwaltung Mayen schon vor Erhalt des 
Fernschreibens des Landeswahlleiters vom 26. Sep- 
tember 1980 der Anregung entsprechend hätte ver- 
fahren werden sollen, bedarf insoweit keiner weite- 
ren Nachprüfung. 

Die Stadtverwaltung Mayen konnte wohl kaum un- 
terstellen, daß mit jeder Besorgung von Briefwahl- 
unterlagen durch Wahlhelfer eine Wahlbeeinflus- 
sung verbunden sei. 

Dies muß um so mehr gelten, als der in § 14 Abs. 4 
BWG niedergelegte Grundsatz der persönlichen 
Ausübung des Wahlrechtes durch § 36 Abs. 2 Satz 1 
BWG weitgehend gesichert ist. 

Die Einspruchsführer haben dann auch ihren Ein- 
spruch nur auf Vermutungen gestützt, ohne auch 
nur für einen konkreten Fall Beweise dafür anzubie- 
ten, daß durch die geschilderten Vorgänge in Mayen 
der Grundsatz der freien und geheimen Wahl ver- 
letzt worden wäre. Aus diesem Grunde kann auch 
der Anregung der Einspruchsführer nicht gefolgt 
werden, Befragungen der „Wahlhelfer“ vorzuneh- 
men. Abgesehen davon, daß eine entsprechende Be- 
fragung u. U. geeignet wäre, das Wahlgeheimnis zu 
verletzen, würde das Ergebnis der Befragung über 
die konkrete Entscheidung keine Hilfe bedeuten. 

Selbst wenn in einigen Fällen aufgrund der Darstel- 
lungen der Einspruchsführer sich Wahlberechtigte 
durch die Übermittlung der Briefwahlunterlagen 
hätten beeinflussen lassen, hätte dies, auch unter 


106 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Berücksichtigung der vom Bundeswahlleiter festge- 
stellten erforderlichen Stimmverschiebung zur Er- 
langung eines weiteren bzw. Verlust eines Mandats 
keinen Einfluß auf die Sitzverteilung im 9. Deut- 
schen Bundestag gehabt 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 46 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 54/80 — der Kölner Alterna- 
tive — Gruppe Nippes — Bunte Liste/Wehrt Euch und Die Grünen, 
Kreisverband Köln — , vertreten durch Herrn Hans Spille, wohnhaft: 
Eichstraße 5, 5000 Köln, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

1. Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 

2. Es wird festgestellt, daß bei dem vom Bundeswahlleiter im Bundes- 

anzeiger vom 24. Oktober 1980 — Nr. 200 — ge- 
mäß § 79 Abs. 1 der Bundeswahlordnung be- 
kanntgemachten endgültigen Ergebnis der 
Wahl zum 9. Deutschen Bundestag im Wahl- 
kreis 60 den GRÜNEN zehn Zweitstimmen zu 
wenig und der DKP zehn Zweitstimmen zu viel 
zugeordnet wurden. 

3. Die zuständigen Wahlorgane werden gebeten, diese Feststellung zu 

berücksichtigen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 12. November 1980 hat der 
Beauftragte der Einspruchsführer beim Wahl- 
amt der Stadt Köln Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag ein- 
gelegt. Mit Schreiben vom 13. November 1980 hat 
die Stadt Köln den Einspruch zuständigkeitshal- 
ber dem Deutschen Bundestag zugeleitet. 

Zur Begründung des Einspruchs trägt der Beauf- 
tragte der Einspruchsführer vor, das vom Stati- 
stischen Amt der Stadt Köln ermittelte Ergebnis 
im Stimmbezirk 212 (Brühler Straße) könne 
nicht richtig sein, da nach diesen Feststellungen 
die DKP zehn Zweitstimmen erhalten haben sol- 
le, während auf DIE GRÜNEN keine Zweitstim- 
men entfallen sei. Unter Hinweis auf früher be- 
kanntgegebene Wahlergebnisse (Europawahl, 
Kommunalwahl, Landtagswahl) könne nur eine 
Verwechslung der Stimmen zwischen DKP und 
den GRÜNEN erfolgt sein. 

Mit Schreiben vom 26. November 1980 hat die 
Stadt Köln auf Anforderung des Wahlprüfungs- 
ausschusses die Wahlniederschrift zur Bundes- 
tagswahl am 5. Oktober 1980 in Köln, Wahlbe- 
zirk 212, übermittelt. Dazu teilt die Stadt Köln 
mit: 

„Trotz sorgfältiger Erfassung der Ergebnisse 
am Abend des Wahltages und trotz eines daran 
anschließenden Abgleiches zwischen dem 
EDV- Ausdruck und den Original-Wahlnieder- 


schriften ist hier die falsche Zuordnung der 
Stimmen übersehen worden. Es trifft zu, daß 
die zehn Zweitstimmen nicht zur DKP gehö- 
ren, sondern auf DIE GRÜNEN entfallen 
sind.” 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Unbegründet ist der Einspruch, weil die falsche Zu- 
ordnung der zehn Zweitstimmen auf die Sitzvertei- 
lung im 9. Deutschen Bundestag keinen Einfluß ge- 
habt hat. Deshalb war der Einspruch als unbegrün- 
det zurückzuweisen. 

Da die falsche Zuordnung der zehn Zweitstimmen in 
der Wahlniederschrift des Wahlbezirks 212 im Wahl- 
kreis 60 — Köln II — Eingang in die vom Bundes- 
wahlleiter gemäß § 79 Abs. 1 der Bundeswahlord- 
nung (BWO) zu veröffentliche Bekanntmachung 
über das endgültige Ergebnis der Wahl zum 9. Deut- 
schen Bundestag — Bundesanzeiger vom 24. Okto- 
ber 1980, Nr. 200 — gefunden hat, wonach DIE GRÜ- 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


NEN 569589 und die DKP 71600 Zweitstimmen er- 
halten haben, mußte, obwohl diese falsche Zuord- 
nung auf die Sitzverteilung im 9. Deutschen Bundes- 
tag keinen Einfluß gehabt hat, aufgrund der eindeu- 
tigen Sachlage festgestellt werden, daß das Wahler- 
gebnis insoweit nicht ordnungsgemäß war. Zwar hat 
das Bundesverfassungsgericht die Auffassung ver- 
treten, die Regelung der Wahlkampf kostenerstat- 
tung in § 18 PartG gebe keinen Anlaß, von der zitier- 
ten ständigen Rechtsprechung abzuweichen und die 
Wahlprüfung auf mögliche Verschiebungen des 
Zweitstimmen-Ergebnisses zu erstrecken, obwohl 
eine Änderung der Mandatsverteilung auszuschlie- 
ßen sei. Gegenstand der Wahlprüfung sei die Gültig- 
keit einer Wahl. Die Gültigkeit einer abgelaufenen 
Wahl könne aber nicht dadurch berührt werden, 
daß aufgrund einer fehlerhaften Feststellung des 
Stimmergebnisses den Parteien bei der nachträgli- 
chen Erstattung der Wahlkampf kosten zu hohe oder 
zu niedrige Beiträge zuflössen [vgl. BVerfGE 40, 11 
(29)]. 

Soweit diese Feststellungen auf die „Gültigkeit einer 
abgelaufenen Wahl” abstellen, kann der Auffassung 
des Bundesverfassungsgerichts gefolgt werden. Das 
schließt jedoch nicht aus, daß aufgrund einer Wahl- 
anfechtung im Rahmen der Wahlprüfung Feststel- 
lungen bezüglich einer Korrekturbedürftigkeit des 
veröffentlichten amtlichen Wahlergebnisses getrof- 
fen werden, auch wenn die festgestellte unrichtige 
Auszählung der Stimmen auf die Sitzverteilung im 
Bundestag keinen Einfluß gehabt hat. Der Wahlprü- 
fungsausschuß hat sich veranlaßt gesehen, in frühe- 
ren Entscheidungen darauf hinzuweisen, es sei zwar 
einzuräumen, daß die Zurückweisung eines Ein- 
spruchs wegen mangelnder Erheblichkeit auf die 
Sitzverteilung im Einzelfall auf wenig Verständnis 
stoßen möge, weshalb er es in diesen Fällen nicht bei 
der Zurückweisung belassen habe, sondern bemüht 
gewesen sei, im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür 
Sorge zu tragen, daß eine Wiederholung entspre- 
chender Fehler bei den nächsten Wahlen ausge- 
schlossen werde [vgl. Drucksachen VI/343; VI/1311 
S. 25 ff.; 7/1956 S. 27]. Zwar können Zähl- bzw. Zuord- 
nungsfehler auch durch entsprechende Hinweise in 
den Beschlüssen in Wahlanfechtungsangelegenhei- 
ten für die Zukunft nicht vollständig ausgeschlossen 
werden; da es jedoch nach Bekanntmachung des 
amtlichen Wahlergebnisses durch den Bundeswahl- 
leiter außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens keine 
Möglichkeiten mehr gibt, das Wahlergebnis zu korri- 
gieren, muß es innerhalb dieses Verfahrens, und 
zwar auch unterhalb der Erheblichkeit für die Sitz- 
verteilung möglich sein, falsche Wahlergebnis-Fest- 
stellungen zu korrigieren (vgl. auch Seifert, Bundes- 
wahlrecht 3. Auflage, S. 400 f.). Daß solche nachträg- 
lichen Korrekturen Einfluß auf die Wahlkampfko- 
stenerstattung haben können, bedeutet keine Erwei- 
terung der Wahlprüfung auf mögliche Verschiebun- 
gen des Zweitstimmen-Ergebnisses zum Zwecke, die 
Höhe der zu erstattenden Wahlkampfkosten zu kor- 
rigieren. Dabei darf auch nicht unberücksichtigt 
bleiben, daß es u. U. nicht lediglich um die Höhe der 


Wahlkampf kostenerstattung geht, sondern um die 
Frage, ob die Voraussetzungen für die Berechtigung 
einer Erstattung der Wahlkampfkostenpauschale 
gemäß § 18 Abs. 2 PartG vorliegen oder nicht. Würde 
es im Rahmen der Wahlprüfung unterlassen, trotz 
falscher Wahlergebnis-Feststellung entsprechende 
Korrekturen vorzunehmen, obwohl sie auf die Gül- 
tigkeit der abgelaufenen Wahl keinen Einfluß haben 
konnten, bestünde jedenfalls die nicht von der Hand 
zu weisende Gefahr, daß die nachfolgende Wahl an- 
gefochten würde, weil durch die Nichterstattung ei- 
ner Wahlkampfkostenpauschale der Grundsatz der 
Chancengleichheit der Parteien verletzt worden 
wäre. 

Unabhängig davon besteht — von den teilweise si- 
cherlich berechtigten Interessen der an der Wahl 
teilnehmenden Partei oder Untergliederung dersel- 
ben abgesehen — ein allgemeines Interesse an der 
richtigen Feststellung des Wahlergebnisses, d. h. 
auch an einer Korrektur unrichtiger Wahlergebnis- 
Feststellungen, selbst dann, wenn sie auf die Sitzver- 
teilung im Bundestag keinen Einfluß gehabt haben. 
Unterhalb der Erheblichkeit auf die Sitzverteilung 
gilt dies zumindest dann, wenn das bekanntge- 
machte Wahlergebnis auf offensichtlich falscher Zu- 
sammenrechnung oder falscher Zuordnung der 
Stimmen beruht. 

In diesem Zusammenhang weist der Wahlprüfungs- 
ausschuß darauf hin, daß es zu entsprechenden Fest- 
stellungen in diesem Beschluß nicht hätte kommen 
müssen, wenn den zuständigen Wahlorganen jeden- 
falls bis zur amtlichen Bekanntmachung des Wahl- 
ergebnisses noch die Möglichkeit eingeräumt wäre, 
offensichtliche Zähl- oder Zuordnungsfehler zu be- 
richtigen. 

Da nach der amtlichen Bekanntmachung des Wahl- 
ergebnisses auch offensichtliche Unrichtigkeiten 
nur im Wege der Wahlprüfung beseitigt werden kön- 
nen, werden die zuständigen Wahlorgane — Kreis-, 
Landes- und Bundeswahlleiter — gebeten, die fest- 
gestellten Fehler zu berücksichtigen. 

Da der vom Wahlprüfungsausschuß festgestellte 
Wahlfehler keinen Einfluß auf die richtige Zusam- 
mensetzung des Bundestages der 9. Wahlperiode ge- 
habt hat, war der Einspruch daher im Sinne des § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet 
zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


110 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 47 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 55/80 — der Freien Bürger- 
Union — FBU — , vertreten durch ihren Vorsitzenden, Herrn Wolfgang 
Gellhaus, wohnhaft: Vulkanstraße 76, 5300 Bonn, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom November 1980 — eingegan- 
gen beim Deutschen Bundestag am 20. Novem- 
ber 1980 — hat der Vorsitzende der FBU Ein- 
spruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 
9. Deutschen Bundestag eingelegt. 

Zur Begründung des Wahleinspruchs wird aus- 
geführt, die FBU sehe sich genötigt, erneut auf 
eine Wahlfälschung bei der jüngsten Bundes- 
tagswahl hinzuweisen und die Wahl als ungültig 
anzufechten. Bereits im Jahre 1976 sei der FBU 
mit einer geschickt vorverlegten Wahlfälschung 
mitten im Wahlkampf sämtliche Wahlmate- 
rialien und Adressenlisten „unter Behördenvor- 
wand und amtsverdeckt entwendet — amts- 
deutsch: ,be-schlag-nahmt‘ “ worden. Bekanntlich 
werde jede bundesdeutsche Behörde von einem 
interessierten Parteibuchinhaber geleitet. So- 
wohl der Wahlprüfungsausschuß als auch der da- 
malige Bundeswahlleiter seien von diesem uner- 
hörten Vorfall informiert worden. Bis heute 
werde auf eine Antwort gewartet. 

Auch vor der Bundestagswahl 1980 sei „amtsge- 
tarnt” eine Wahlfälschung in ähnlicher Weise 
vorgenommen worden, indem die Sprecher der 
FBU und „die — somit amtsgefälscht diskrimi- 
nierten — Kandidaten vorsorglich von Behör- 
denhorden gar für politisch und juristisch unzu~ 
rechnungsfähig, überhaupt als angeblich ,gei- 
steskrank’ hingestellt” worden seien, und dies 
deshalb, weil die FBU eine ganze Reihe politisch 
unbequemer Tatsachen exakt beleuchtet hätte 
und auch weiterhin tun würde. 

Gegen die Wahl zum 8. Deutschen Bundestag 
vom 3. Oktober 1976 hatte die AWS — Arbeitsge- 
meinschaft der Wähler und Steuerzahler — , ver- 
treten durch Herrn Wolfgang Gellhaus, Ein- 
spruch eingelegt. Der Einspruch wurde in der 
23. Sitzung des Deutschen Bundestages am 
21. April 1977 als offensichtlich unbegründet zu- 
rückgewiesen. 

Die Stadt Bonn hat mit Schreiben vom 18. März 
1981 zu dem Einspruch mitgeteilt, Herr Wolfgang 


Gellhaus, geb. 14. Oktober 1933, sei nach dem dort 
vorliegenden Beschluß des Amtsgerichts Bonn 
vom 23. August 1978 — 7 a C 113/77 — rechtskräf- 
tig ab 11. April 1979 — wegen Geisteskrankheit 
entmündigt. Der Entmündigte sei somit gemäß 
§ 13 Bundeswahlgesetz (BWG) nicht in das Wäh- 
lerverzeichnis einzutragen gewesen, außerdem 
habe er seit März 1980 im Stadtgebiet Bonn keine 
Wohnung mehr inne. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist jedoch unzuläs- 
sig. 

Nach § 13 Abs. 2 BWG ist vom Wahlrecht ausge- 
schlossen, wer entmündigt ist oder wegen geistigen 
Gebrechens unter Pflegschaft steht, sofern er nicht 
durch eine Bescheinigung des Vormundschaftsge- 
richts nachweist, daß die Pflegschaft aufgrund sei- 
ner Einwilligung angeordnet ist. Der Einspruchsfüh- 
rer ist durch Beschluß des Amtsgerichts Bonn vom 
23. August 1978 rechtskräftig entmündigt worden 
und somit nicht wahlberechtigt. 

Gemäß § 2 Abs. 2 des Wahlprüfungsgesetzes können 
nur Wahlberechtigte wirksam Einspruch gegen die 
Gültigkeit einer Bundestagswahl einlegen. Da der 
Einspruchsführer gemäß § 13 BWG vom Wahlrecht 
ausgeschlossen ist, konnte sein Schreiben vom No- 
vember 1980 nicht als Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag gewertet 
werden. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


111 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 48 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 1/80 — des Herrn Leon 
Speier, wohnhaft: Schwarzburgstraße 90, 6000 Frankfurt am Main, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 9. September 1980 „An die 
Wahlbehörden c/o Wahlamt FFM.,“ das seitens 
der Stadt Frankfurt am Main mit Schreiben vom 
15. September 1980 dem Deutschen Bundestag 
zugeleitet wurde, hat der Einspruchsführer Ein- 
spruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 
9. Deutschen Bundestag eingelegt. 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
die Wahlvorschläge der drei Parteien, die Aus- 
sicht auf Erfolg hätten, seien in Verletzung des 
Grundgesetzes und der Menschenrechte entstan- 
den und somit hinfällig. Durch die Wahlvor- 
schläge sei der Grundsatz der Demokratie, der 
Gleichberechtigung und der Gleichbehandlung 
verletzt worden. Die übrigen Parteien seien so 
benachteiligt worden, daß außerhalb der drei Mo- 
nopolparteien kein Wahlerfolg in Frankfurt mög- 
lich gewesen sei. 

Die Verletzung von Demokratie, Gleichheits- 
grundsatz, Menschenrecht, Bürgerrecht und 
Grundgesetz bestünden darin, daß man die Wahl- 
berechtigten völlig illegal und gesetzeswidrig in 
zwei Gruppen geteilt habe: 

„a) Privilegierte Wahlberechtigte, welche ei- 
ner der drei Parteien beitreten dürfen. 

b) Unterdrückte Wahlberechtigte, denen man 
den Zutritt zu einer der drei Parteien ver- 
wehrt. Bewerben sie sich anschließend bei 
den anderen beiden Parteien, so wird der 
Zutritt ebenfalls verwehrt. Es handelt sich 
um eine Unterdrückung die (in staatsbür- 
gerlicher Hinsicht) Teilen der Unterdrük- 
kung der Nichtarier durch die Naziregie- 
rung ähnelt, zumal sehr viele Juden und 
ähnliche Gruppen illegal aus der Demo- 
kratie ausgeschlossen werden, indem ih- 
nen (so wie mir) politische Ämter ver- 
schlossen bleiben, durch den Drei-Partei- 
enboykott.“ 

Solange nur die drei Parteien Aussicht auf Er- 
folg hätten, ihm aber alle drei Parteien die Mit- 


gliedschaft verweigerten, sei ihm eine Wahl nicht 
zumutbar. Als Staatsbürger habe er Anspruch 
nicht nur auf passives, sondern auch aktives 
Wahlrecht. Außer eine der drei Parteien zu wäh- 
len, möchte er, daß er sich selbst wählen könne. 
Solange dieses aktive und passive Wahlrecht für 
ihn und Millionen anderer Bürger unterdrückt 
werde, seien die Wahlen in Frankfurt seit 1945 
ungültig und würden auch in Zukunft ungültig 
bleiben, auch wenn Parteimitglieder es als an- 
ders hinstellen wollten. 

Mit Schreiben vom 7. Oktober 1980 hat die Stadt 
Frankfurt weitere Schreiben des Einspruchsfüh- 
rers an das Wahl amt der Stadt Frankfurt nachge- 
reicht, die bis in die Zeit des März 1980 zurückrei- 
chen. In diesen Schreiben erklärt der Ein- 
spruchsführer in ähnlicher Argumentation wie 
in seinem Einspruchsschreiben: „alle in Frank- 
furt stattfindenden Wahlen für ungültig.” 

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1980 wiederholt 
der Einspruchsführer im wesentlichen seine 
Ausführungen und legt ferner „Einspruch” dage- 
gen ein, daß die Wahlprüfungsgremien nicht un- 
parteiisch besetzt seien, sondern mit Parteileu- 
ten, die in eigener Sache entschieden. 

Mit Schreiben vom 9. Oktober 1980 wendet sich 
der Einspruchsführer erstmals direkt an den 
Deutschen Bundestag, wiederholt darin mit an- 
deren Formulierungen seine früheren Behaup- 
tungen und ergänzt sie durch allgemeine politi- 
sche Ausführungen, die für das Wahlprüfungs- 
verfahren keine Bedeutung haben können. 

Der Einspruchsführer hatte bereits gegen die 
Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Euro- 
päischen Parlaments aus der Bundesrepublik 
Deutschland vom 10. Juni 1979 Einspruch einge- 
legt, den er mit ähnlichen Formulierungen zu be- 
gründen versuchte. Der Einspruch wurde vom 
Deutschen Bundestag in seiner 201. Sitzung am 
13. Februar 1980 zurückgewiesen. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 


113 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Aufgabe des Wahlprüf ungsverfahrens ist es, auf An- 
fechtung hin zu prüfen, ob Verletzungen wahlrecht- 
licher Bestimmungen vorliegen und ob sich daraus 
Folgerungen für die Gültigkeit der Wahl für den 
Deutschen Bundestag ergeben. Die vom Einspruchs- 
führer vorgetragenen Behauptungen und allgemei- 
nen Ausführungen lassen jedoch einen Hinweis auf 
einen konkreten Verstoß gegen wahlrechtliche Be- 
stimmungen nicht erkennen. Seine Nichtaufnahme 
in eine politische Partei stellt jedenfalls einen sol- 
chen Verstoß nicht dar. Wie die Gründung der politi- 
schen Parteien frei ist (Artikel 21 Abs. 1 Satz 2 GG), 
entscheiden gemäß § 10 Abs. 1 des Parteiengesetzes 
die zuständigen Organe der Partei nach den nähe- 
ren Bestimmungen der Satzung frei über die Auf- 
nahme von Mitgliedern. Es gibt somit keinen 
Rechtsanspruch auf Aufnahme in eine Partei, wie 
auch für die Partei keine Verpflichtung besteht, die 


Ablehnung eines Aufnahme antrages zu begründen 
(vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 des Parteiengesetzes). 

Soweit der Einspruchsführer im übrigen gesetzliche 
Regelungen angreift, verweist der Wahlprüfungs- 
ausschuß darauf, daß er es in ständiger Praxis abge- 
lehnt hat, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit 
hin zu überprüfen, da dies ausschließliche Zustän- 
digkeit des Bundesverfassungsgerichts ist. 

Da im übrigen keine konkreten Tatsachen vorgetra- 
gen wurden, auf die ein Einspruch begründet wer- 
den könnte, war der Einspruch im Sinne des § 6 
Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet 
zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


114 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 49 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 2/80 — des Herrn 
Armin Krueger, wohnhaft: Stübchen 4 a, 5650 Solingen 1, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 17. September 1980 hat der 
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag ein- 
gelegt. Seinen Einspruch versucht der Ein- 
spruchsführer mit der „Verletzung der Grundge- 
setze und Grundrechte” zu begründen und erhebt 
gleichzeitig »Anklage gegen die öffentliche Ge- 
walt”. 

In der anschließenden Einzelbegründung unter- 
breitet er eine Reihe von Vorschlägen zur Ände- 
rung des Grundgesetzes und des Bundeswahlge- 
setzes. 

Mit Schreiben vom 6. Oktober 1980 hat der Wahl- 
prüfungsausschuß den Eingang seines Schrei- 
bens bestätigt und den Einspruchsführer gleich- 
zeitig auf die Rechtsprechung des Bundesverfas- 
sungsgerichts hingewiesen, wonach nur solche 
Wahlfehler als erheblich anzusehen sind, die auf 
die Mandatsverteilung von Einfluß sind oder hät- 
ten sein können. Ihm wurde darüber hinaus an- 
heim gestellt, seinen Einspruch unter diesen 
rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen und ggf. 
von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, ihn zu- 
rückzunehmen. 

Mit Schreiben vom 9. Oktober 1980 teilte der Ein- 
spruchsführer mit: 

„Die öffentlich erhobene Anklage in meinem 
Schreiben vom 17. September 1980, erhalte ich, 
in der Anklage sowie mit meinen Anträgen, 
aufrecht.” 

Mit Schreiben vom 17. Oktober 1976 hatte der 
Einspruchsführer bereits Einspruch gegen die 
Gültigkeit der Wahl zum 8. Deutschen Bundestag 
vom 3. Oktober 1976 eingelegt und seinen Ein- 
spruch mit ähnlichen Ausführungen zu begrün- 
den versucht. Dieser Einspruch wurde vom Deut- 
schen Bundestag in seiner 23. Sitzung vom 
21. April 1977 als offensichtlich unbegründet zu- 
rückgewiesen. 


2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Aufgabe des Wahlprüfungsverfahrens ist es festzu- 
stellen, ob durch Verletzung wahlrechtlicher Be- 
stimmungen das Ergebnis der Bundestagswahl be- 
einflußt wurde oder hätte beeinflußt werden können. 
Die vom Einspruchsführer gemachten Ausführun- 
gen sind jedoch zu allgemein gehalten und lassen 
keinen Hinweis auf einen konkreten Verstoß gegen 
wahlrechtliche Bestimmungen erkennen [vgl. 
BVerfGE Bd.48, 271 (276)]. 

Darüber hinaus hat es der Wahlprüfungsausschuß 
in ständiger Praxis abgelehnt, Gesetze auf ihre Ver- 
fassungsmäßigkeit zu überprüfen, da dies aus- 
schließliche Aufgabe des Bundesverfassungsge- 
richts ist. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 50 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 4/80 — der Notverwaltung 
des Deutschen Ostens — Landesregierung Ostpreußen, Länderkam- 
mer, Benno Fleischer, Mitglied der Länderkammer, mit der Wahrneh- 
mung der Rechte beauftragt, wohnhaft: Heuchelheimer Straße 108, 
6380 Bad Homburg v. d. H., 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 3. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die am 5. Okto- 
ber 1980 angesetzte Bundestagswahl und gleich- 
zeitig gegen die Wahl des Bundeskanzlers einge- 
legt und hilfsweise beantragt, die Ungültigkeit 
der Bundestagswahl und der Wahl des Bundes- 
kanzlers festzustellen. 

Zur Begründung führt er aus, es könne nicht nur 
Aufgabe des Wahlprüfungsausschusses sein, le- 
diglich eine rechtlich ordnungsgemäße Durch- 
führung einer Wahl zu sichern, sondern doch zu- 
nächst dafür zu sorgen, daß überhaupt noch eine 
rechtliche Grundlage zu einer Wahl zum Deut- 
schen Bundestag bestehe. Der Einspruchsführer 
geht von der Fortexistenz des „Deutschen Rei- 
ches” aus und zieht daraus allgemein politische 
Folgerungen. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 


Aufgabe des Wahlprüfungsausschusses ist es, fest- 
zustellen, ob durch Verletzung der Wahlrechtsbe- 
stimmungen das Ergebnis der Bundestagswahl be- 
einfluß wurde oder sein könnte. Dazu hat der Ein- 
spruchsführer jedoch nichts vorgetragen. Nach der 
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 
muß die Begründung jedoch mindestens den Tatbe- 
stand enthalten, auf den die Anfechtung gestützt 
wird [BVerfGE Bd. 48, 271 (276)]. 

Da es darüber hinaus nicht Aufgabe der Wahlprü- 
fung sein kann, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßig- 
keit hin zu überprüfen, war der Einspruch im Sinne 
des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich unbe- 
gründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


117 




Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 51 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 26/80 — des Herrn Lorenz 
Claussen, wohnhaft: Alte Poststraße 65 in 4952 Porta Westfalica, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt. 

Zur Begründung führt er aus: 

a) Er sei der Ansicht, daß das Wahlverfahren 
und deswegen der daraus resultierende Bun- 
destag nicht dem Grundgesetz entspreche, 
insbesondere nicht dem Artikel 38. Er bean- 
trage daher, die Wahl vom 5. Oktober 1980 für 
ungültig zu erklären und nach einem Wahl- 
verfahren zu wiederholen, das dem Wortlaut 
und dem Sinn des Grundgesetzes entspre- 
che. 

b) Die Voraussetzungen für eine unmittelbare 
und gleiche Wahl seien für die Hälfte der Ab- 
geordneten, die über die Landeslisten in das 
Parlament gewählt würden, nicht gegeben. 

c) Nach dem derzeitigen Wahlrecht werde die 
endgültige Zahl der Mandate und damit die 
wichtigste Entscheidung der ganzen Wahl, die 
Entscheidung über die Mehrheitsverhältnisse 
durch die Zahl der tatsächlich unmittelbar ge- 
wählten Direktkandidaten überhaupt nicht 
beeinflußt, sondern ausschließlich durch die 
sogenannten Zweitstimmen entschieden. 

d) Artikel 21 GG weise den Parteien die Mitwir- 
kung bei der politischen Willensbildung des 
Volkes zu. Im Gegensatz zu dieser Vorschrift 
bewirke das derzeitige Wahlrecht, daß an 
Stelle einer Mitwirkung der Parteien die Par- 
teizugehörigkeit zum allein entscheidenden 
und allein möglichen Auswahlkriterium beim 
Wahlakt werde, mindestens für die Landesli- 
sten- Kandidaten und in jedem Falle für die 
Entscheidung über die Parlamentsmehrheit. 

e) Das Gebot einer „gleichen Wahl“ (Artikel 38 
GG) bedeute, daß alle Bürger den gleichen 
Einfluß auf das Wahlergebnis haben sollten. 
Tatsächlich hätten nach dem derzeitigen 


Wahlrecht die wenigen Tausend Bürger, die 
an der Aufstellung der Landeslisten beteiligt 
seien, einen unverhältnismäßig großen Ein- 
fluß auf die Entscheidung, wer Abgeordneter 
werden solle. 

f) Es könne tatsächlich sein, daß innerhalb der 
Parteigremien mehr Sachverstand als beim 
gewöhnlichen Wahlvolk versammelt sei für 
die Entscheidung, wer im einzelnen im Parla- 
ment gebraucht werde und wer nicht. Das 
Grundgesetz wolle es aber nun einmal an- 
ders. 

g) Aus der Tatsache, daß auf dem Stimmzettel 
der Listenkandidaten noch nicht einmal alle 
Namen oder gar sonstige Daten und Qualifi- 
kationen angegeben seien, ergäbe sich, daß 
hier im Gegensatz zu den Vorschriften des 
Grundgesetzes nicht in erster Linie der Abge- 
ordnete gewählt werde, sondern eine Partei. 

h) Die Unmöglichkeit, die Zusammensetzung 
des Bundestages durch (Aus-)Wahl der Lan- 
deslistenkandidaten zu beeinflussen, sei mit 
dem Gebot einer „allgemeinen, unmittelba- 
ren, freien, gleichen und geheimen Wahl” 
nicht zu vereinbaren. 

i) Der ungenügende Einfluß des Wählers auf die 
Zusammensetzung des Parlaments habe zu 
erheblichen Einseitigkeiten in der Gesetzge- 
bung geführt, insbesondere in der Verteilung 
der sozialen Sicherung einerseits und der Ko- 
sten für die Finanzierung der sozialen Sicher- 
heit andererseits. 

j) Die verfassungswidrigen Wahlgesetze hätten 
in der Vergangenheit eine verfassungswid- 
rige Zusammensetzung des Bundestages zur 
Folge gehabt. Das Gleiche gelte für die Zu- 
kunft, wenn das Wahlrecht nicht geändert 
werde. 

k) Auf die Steuergesetzgebung eingehend, meint 
der Einspruchsführer, die Sozialsteuerzahler 
seien im Parlament nicht angemessen vertre- 
ten; das sei eine Verletzung des Artikels 38 


119 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


GG und der hergebrachten Grundlagen einer 
repräsentativen Demokratie. 

l) Dementsprechend fehle dem Deutschen Bun- 
destag die verfassungsmäßige und demokra- 
tische Legitimation mindestens für die Erhe- 
bung der Sozialsteuern. 

m) Konkret habe er die Bundestagswahl zu bean- 
standen, da er sein volles Wahlrecht, d. h. 
Erst- und Zweitstimme, nicht habe ausüben 
können, ohne Kandidaten mitzuwählen, die er 
für ungeeignet halte. 

n) Die sich aus dem Wahlrecht ergebende Alter- 
native „friß Vogel oder stirb” entspreche we- 
der dem Geist noch dem Wortlaut des Grund- 
gesetzes. Die aus dem bisherigen Wahlverfah- 
ren entstandene Struktur der Abgeordneten 
habe zu einer Ausgaben-Gesetzgebung ge- 
führt, die nicht nur verfassungswidrig sei, 
sondern ihn und Millionen anderer Bürger 
verfassungswidrig benachteilige, an der auch 
letztlich die Bundesrepublik zu Schaden kom- 
men werde. 

Mit Schreiben vom 27. Oktober 1980 wurde dem 
Einspruchsführer der Eingang seines Ein- 
spruchs mitgeteilt; gleichzeitig wurde er auf die 
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 
hingewiesen, wonach nur solche Fehler einen 
Wahleinspruch zu begründen vermögen, die auf 
die Mandatsverteilung von Einfluß seien oder 
hätten sein können. Ihm wurde ferner anheim 
gestellt, unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt 
seinen Einspruch zu konkretisieren. 

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1980 vertritt der 
Einspruchsführer unter Bezugnahme auf die 
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 
die Auffassung, er sei der Ansicht, daß auch eine 
fehlerfrei durchgeführte Wahl anfechtbar sei, 
wenn das zugrunde liegende Wahlverfahren ver- 
fassungswidrig und der Zweck der Wahl, die Bil- 
dung eines Bundestages, dessen Abgeordnete 
„Vertreter des ganzen Volkes” sein sollten, nicht 
erreicht worden sei und nach dem Wahlverfah- 
ren auch nicht erreicht werden könne. 

Soweit die Mandatsverteilung für die Ein- 
spruchsbegründung entscheidend sei, verweist 
der Einspruchsführer auf das Überhangmandat 
in Schleswig-Holstein, wodurch die schleswig- 
holsteinische Bevölkerung überrepräsentiert sei. 
Dies sei jedoch nicht sein wesentlicher Einwand, 
sondern die Unvereinbarkeit der Wahl vom 5. Ok- 
tober 1980 mit Artikel 38 GG. 

Zur ausführlichen Begründung seiner Anfech- 
tung verweist er auf das von ihm beigefügte Ma- 
nuskript zum Thema: „Die Sozialversicherung 
aus der Sicht eines Beitragszahlers — weder So- 
zial noch Versicherung”. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Der Einspruchsführer stützt seinen Einspruch aus- 
schließlich auf die angebliche Verfassungwidrigkeit 
wahlrechtlicher Bestimmungen, die nach Auffas- 
sung des Einspruchsführers dazu führen, daß der 
Bundestag in seiner Zusammensetzung nicht den 
Grundsätzen des Artikels 38 GG entspricht. Abgese- 
hen davon, daß die vom Einspruchsführer angegrif- 
fenen Wahlrechtsbestimmungen durch die Recht- 
sprechung des Bundesverfassungsgerichts als ver- 
fassungsgemäß angesehen wurden, ist Zweck des 
Wahlprüfungsverfahrens festzustellen, ob durch 
Verletzung von Wahlrechtsbestimmungen das Er- 
gebnis der Bundestagswahl beeinflußt worden ist 
Aus diesem Grunde kann ein Einspruch nicht damit 
begründet werden, wahlrechtliche Bestimmungen 
verstießen gegen die verfassungsmäßige Ordnung. 
Der Wahlprüfungsausschuß hat es auch in ständiger 
Praxis abgelehnt, im Rahmen des Wahlprüfungsver- 
fahrens die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen 
nachzuprüfen. Der Wahlprüfungsausschuß ist der 
Auffassung, daß es ausschließlich Aufgabe des Bun- 
desverfassungsgerichts ist, die Verfassungsmäßig- 
keit von Gesetzen und Verordnungen zu prüfen. 

Diese Ausführungen gelten auch hinsichtlich der 
nachgeschobenen Begründung, die Erzielung eines 
Überhangmandats stelle einen Wahlfehler dar. Die 
Möglichkeit zur Erzielung eines Überhangmandats 
ist in § 6 Abs. 3 des Bundeswahlgesetzes (BWG) gere- 
gelt, wonach die in den Wahlkreisen errungenen 
Sitze einer Partei auch dann verbleiben, wenn sie 
die nach § 6 Abs. 1 BWG ermittelte Zahl übersteigen. 
Auch zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von 
Überhangmandaten hat das Bundesverfassungsge- 
richt bereits in mehreren Entscheidungen Stellung 
genommen und dieses Institut für verfassungsmä- 
ßig erklärt, solange nicht der Nachweis eines Miß- 
brauchs dargetan werden könne [vgl. BVerfGE 7, 63 
(73 ff)]. Für eine mißbräuchliche Ausnutzung des In- 
stituts der Überhangmandate hat der Einspruchs- 
führer aber keine Anhaltspunkte vorgetragen. 

Der Einspruch war daher in vollem Umfang im 
Sinne des § 6 Abs. 1 a Nr. 3 WPG als offensichtlich 
unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


120 



Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 52 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 36/80 — des Herrn Dr. Bern- 
hard Schloh, wohnhaft: Rue de la Loi 170, B-1048 Brüssel, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 19. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt. 

Der Beschwerdeführer trägt vor, er sei deutscher 
Beamter der Europäischen Gemeinschaften, 
wohnhaft: 1048 Brüssel, Rue de la Loi 170, ohne 
Wohnung oder gewöhnlichen Aufenthalt in der 
Bundesrepublik Deutschland. Sein Einspruch 
richte sich gegen die Gültigkeit der Wahl, nicht 
gegen die in einem bestimmten Wahlkreis (Ham- 
burg-Bergedorf) erfolgte unmittelbare Wahl ei- 
nes Mitglieds des Bundestages, er richte sich 
auch nicht gegen das vom zuständigen Kreis- 
wahlleiter beobachtete Wahlverfahren. Der Ein- 
spruch richte sich vielmehr gegen die Gültigkeit 
des Wahlgesetzes. Er habe hierzu in der Wahlan- 
fechtungssache Az.: 3/72 vom November 1972 
Gründe vorgebracht, die er sich erneut zu eigen 
mache. Er ergänze sie um eine Rüge wegen Ver- 
letzung des Artikels 1 des Grundgesetzes. 

Der Einspruchsführer vertritt die Ansicht, „da- 
durch in seiner Menschenwürde verletzt zu wer- 
den, daß sein Heimatstaat ihn auf Grund des Pro- 
tokolls über die Vorrechte und Befreiungen der 
Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 
so ansieht, als habe er das Inland nie verlassen, 
um daran für den Fall des Todes die unbe- 
schränkte Steuerpflicht anzuknüpfen“. Solange 
er noch lebe, verleugne ihn sein Heimatstaat in 
bezug auf das Wahlrecht. „Einen Menschen der- 
art zum Objekte zu machen, daß der verstorbene 
Staatsbürger dem Staat mehr bedeutet als der le- 
bende, verstößt gegen die Verfassung.” 

Gegen die Wahl zum 7. Deutschen Bundestag 
vom 19. November 1972 hat der Einspruchsführer 
mit im wesentlichen übereinstimmenden Grün- 
den die Wahl angefochten. Der Wahleinspruch 
wurde in der 42. Sitzung am 14. Juni 1973, Druck- 
sache 7/698, als offensichtlich unbegründet zu- 
rückgewiesen. Nach Darlegung der Rechtslage 
heißt es in dem Beschluß: 


„Der Wahlprüfungsausschuß hat in ständiger 
Übung die Auffassung vertreten, daß es nicht 
seine Aufgabe sein kann, im Rahmen eines 
Wahlprüfungsverfahrens die Gültigkeit oder 
Zweckmäßigkeit bestehender gesetzlicher Be- 
stimmungen nachzuprüfen, da dies ausschließ- 
lich Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts 
ist.” 

Mit Schreiben vom 22. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Vorgänge betreffend seine Nicht- 
eintragung in das Wählerverzeichnis übermittelt, 
die durch Schreiben des Kreiswahlleiters der 
Freien und Hansestadt Hamburg vom 14. No- 
vember 1980 ergänzt wurden. 

Aus den übermittelten Unterlagen ergibt sich, 
daß der Einspruchsführer im Verwaltungsrechts- 
wege versucht hat, feststellen zu lassen, daß die 
Beklagte (die Freie und Hansestadt Hamburg, 
vertreten durch die Behörde für Inneres) ver- 
pflichtet sei, ihn in die jeweiligen Wählerver- 
zeichnisse der Beklagten für künftige Bundes- 
tagswahlen aufzunehmen, solange er Beamter 
der Europäischen Gemeinschaften sei und sei- 
nen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außer- 
halb des Bundeswahlgebietes, aber innerhalb der 
europäischen Gebiete der übrigen Mitgliedstaa- 
ten der Europäischen Gemeinschaften habe und 
nicht Gründe für den Ausschluß von dem Wahl- 
recht oder das Ruhen des Wahlrechts einträten. 

Vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht — 
Az.: OVG Bf 181/73 — wurde die Berufung des 
Einspruchsführers gegen das Urteil des Verwal- 
tungsgerichts Hamburg vom 7. Februar 1973, das 
die Klage des Einspruchsführers abgewiesen 
hatte, zurückgewiesen. 

In dem Verfahren über die Verfassungsbe- 
schwerde des Einspruchsführers gegen das 
Fünfte Gesotz zur Änderung des Bundeswahlge- 
setzes (BWG) vom 20. Juli 1979 hat das Bundes- 
verfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde 
nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie 
wegen Fristversäumung unzulässig war. In der 
Begründung wird u. a. ausgeführt, die Verfas- 


121 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


sungsbeschwerde sei auch unzulässig, soweit mit 
ihr ein Unterlassen des Gesetzgebers im Hin- 
blick auf § 12 BWG gerügt werden solle. Grund- 
sätzlich könne nur ein erlassenes Gesetz, nicht 
aber ein Unterlassen des Gesetzgebers Gegen- 
stand einer Verfassungsbeschwerde sein. Eine 
Ausnahme liege nur dann vor, wenn der Be- 
schwerdeführer sich auf einen ausdrücklichen 
Auftrag des Grundgesetzes berufen könne, der 
Inhalt und Umfang der Gesetzgebungspflicht im 
wesentlichen umgrenzt habe. Zur Ausdehnung 
der Sonderregelung des § 12 Abs. 2 BWG auf den 
Personenkreis, welchem der Beschwerdeführer 
angehöre, sei der Bundesgesetzgeber von Verfas- 
sungs wegen jedoch nicht gehalten. 

Die Beschwerde des Einspruchsführers gegen 
die Ablehnung des Einspruchs betreffend seine 
Eintragung in das Wählerverzeichnis wurde vom 
Kreiswahlleiter des Wahlkreises 17, Hamburg- 
Bergedorf, gemäß § 22 Abs. 5 der Bundeswahlord- 
nung (BWO) zurückgewiesen. Zur Begründung 
wurde darauf hingewiesen, die Voraussetzungen 
des § 12 Abs. 2 BWG lägen nicht vor; ebensowenig 
seien die Voraussetzungen des § 25 BWO gege- 
ben. 

Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Der Ausschuß hat davon abgesehen, den Einspruch 
bereits als unzulässig zurückzuweisen. Gemäß § 2 
Abs. 2 WPG können nur Wahlberechtigte wirksam 
Einspruch gegen die Gültigkeit einer Bundestags- 
wahl einlegen. Der Einspruchsführer gehört jedoch 


zu dem Personenkreis, dem das Wahlrecht nur des- 
halb nicht zusteht, weil er die Voraussetzungen des 
§ 12 BWG nicht erfüllt. Die Einräumung des Wahl- 
rechts für diesen Personenkreis ist Gegenstand par- 
lamentarischer Überlegungen. Wenn diese Überle- 
gungen zwischenzeitlich nicht zu einer den Ein- 
spruchsführer zxifriedenstellenden Regelung ge- 
führt haben, kann dies jedoch nicht im Wege des 
Wahlprüfungsverfahrens aufgegriffen werden. Dem 
Einspruchsführer muß dies auch bekannt sein, nicht 
zuletzt aufgrund seines erfolglosen Einspruchs ge- 
gen die Bundestagswahl zum 7. Deutschen Bundes- 
tag vom 19. November 1972 und die für die Zurück- 
weisung seines Einspruchs gegebene Begründung. 
Aber auch aus der Zurückweisung seiner Verfas- 
sungsbeschwerde mit Gründen hätte der Ein- 
spruchsführer entnehmen können müssen, daß die 
von ihm versuchte Durchsetzung seines vermeintli- 
chen Rechts auf dem von ihm beschrittenen Wege 
nicht zum Erfolg führen kann. 

Der Wahlprüfungsausschuß weist erneut darauf hin, 
daß er es in ständiger Übung abgelehnt hat, im Rah- 
men eines Wahlprüfungsverfahrens die Verfas- 
sungsmäßigkeit bestehender gesetzlicher Bestim- 
mungen nachzuprüfen, da dies ausschließlich Auf- 
gabe des Bundesverfassungsgerichts ist. 

Da der Einspruchsführer selbst vorträgt, keine Ver- 
letzung wahlrechtlicher Bestimmungen zu rügen, 
war daher sein Einspruch im Sinne des § 6 Abs, 1 a 
Nr, 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9.Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 53 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 37/80 — des „Länderrat der 
Landesregierung Ostpreußen” vertreten durch Herrn Günther Lipski, 
wohnhaft: Pippelweg 13, 3300 Braunschweig, (angegebene Adresse: 
Landtag 3 Hannover), 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 27. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt 

Zur Begründung führt er aus: 

„Solange die ostdeutschen Länder Ostpreußen, 
Oberschlesien, Niederschlesien u. a. nicht 
ebenso wie Berlin im Bundesrat mit beraten- 
der Stimme an den gesetzgebenden Beratun- 
gen beteiligt sind, solange ist das Grundgesetz 
vom 11. August 1949, die Präambel und die Ur- 
teile des BVG vom 31. Juli 1973, 7. Juli 1975 u. a. 
nicht erfüllt 

Die drei ostdeutschen Länder sind seit dem 
30. August 1976, 1977 und 1978 mit insgesamt 
11 Länderräten und 66 Länderkammern dem 
Niedersächsischen Landtag in Hannover bei- 
getreten, . . .” 

Mit Schreiben vom 3. November 1980 wurde dem 
Einspruchsführer der Eingang seines Schreibens 
vom 27. Oktober 1980 bestätigt Da von der Ver- 
waltung des Landtages in Hannover dem Wahl- 
prüfungsausschuß mitgeteilt wurde, der Ein- 
spruchsführer sei zwar dort bekannt, gehöre aber 
weder dem Landtag an noch habe er dort ein 
Büro, eingehende Post werde mit dem Hinweis 
auf seine Privatanschrift in Braunschweig wei- 
tergeleitet, wurde das Eingangsbestätigungs- 
.schreiben an seine Anschrift in Braunschweig 
gerichtet. 

Mit Schreiben vom 6. November 1980 beschwert 
sich der Einspruchsführer über die Zustellung 
der Eingangsbestätigung an seine Privatan- 
schrift und erklärt, wenn wieder ein Schriftsatz 
an seine Privatanschrift zugestellt werde, wolle 
er den Beweis dafür antreten, daß mindestens die 
Fraktion der CDU/CSU „Vollstrecker der Politik 
einer ausländischen Macht” sei. Daran schließen 
sich allgemeine Ausführungen zur Frage der 


Wiedervereinigung und zum Selbstbestim- 
mungsrecht an. 

Bereits mit Schreiben vom 19. November 1976 
hatte der Einspruchsführer Einspruch gegen die 
Gültigkeit der Wahl zum 8. Deutschen Bundestag 
vom 3. Oktober 1976 eingelegt, der vom Deut- 
schen Bundestag in seiner 23. Sitzung am 
21. April 1977 als offensichtlich unbegründet zu- 
rückgewiesen wurde. Auch in der damaligen Ein- 
spruchsbegründung wurden eine Reihe staats- 
rechtlicher und verfassungsrechtlicher Überle- 
gungen angestellt, die nach Auffassung des Ein- 
spruchsführers bei der Wahl zum 8. Deutschen 
Bundestag keine Berücksichtigung gefunden 
hätten. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1 a Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 

Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Aufgabe des Wahlprüfungsausschusses ist es festzu- 
stellen, ob durch die Verletzung wahlrechtlicher Be- 
stimmungen das Ergebnis der Bundestagswahl be- 
einfluß wurde oder sein könnte. Dazu hat der Ein- 
spruchsführer nichts vorgetragen, insbesondere je- 
doch keine Begründung gegeben, aus der ersichtlich 
hätte werden können, er wolle behaupten, diese oder 
jene Wahlrechtsbestimmung sei verletzt worden 
[vgl. BVerfGE Bd. 48, 271 (276)]. 

Soweit der Einspruchsführer rügt, die Eingangsbe- 
stätigung sei an seine Privatanschrift geschickt wor- 
den, obwohl als Postanschrift „Landtag Hannover” 
angegeben worden sei, ist die Zustellung der Schrei- 
ben an seine Privatadresse als ordnungsgemäß an- 
zusehen, da der Einspruchsführer weder Mitglied 
des Landtags von Niedersachsen ist, noch die drei 


123 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Ostdeutschen Länder, in deren Namen er Einspruch 
eingelegt hat, dem Niedersächsischen Landtag in 
Hannover beitreten konnten und auch der Ein- 
spruchsführer im Landtag von Hannover kein Büro 
hat 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. 1 a 
Nr, 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 54 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 39/80 — des Herrn 
Bernhard Oelerink, wohnhaft: Wagnerstraße 14, 3012 Langenhagen, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1980 hat der Ein- 
spruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit 
der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge* 
legt. 

Sein Einspruchsschreiben ist in Kürze gekenn- 
zeichnet als 163. Rundbrief an Europäische Publi- 
kationsorgane; beigefügt sind ferner der 160. 
Rundbrief mit der Überschrift: „Allgemeine Mo- 
bilmachung“ und sein 161. Rundbrief betreffend 
Schreiben an den Generalbundesanwalt und 
schließlich der 162. Rundbrief betreffend Schrei- 
ben an das Bundesverfassungsgericht mit der 
Überschrift: „Der Nährboden des Terrorismus“. 

In seinem Einspruchsschreiben — 163. Rund- 
brief — heißt es wörtlich: „Vornehmlich auch für 
die Zeit nach dem Zusammenbruch des jetzigen 
verbrecherischen Systems im Westteil unseres 
Vaterlandes und für mein geplantes Buch mit 
dem Titel ,60 Jahre unter Irren’ habe ich folgen- 
des aktenkundig zu machen:“. Es folgt dann ein 
Hinweis auf seine „Widerstandsaktionen“ und 
auf seinen Einspruch gegen die Wahl zum 8. 
Deutschen Bundestag, in dem er auf die verbre- 
cherische Wahlkampfkostenerstattung und Par- 
teienfinanzierung hingewiesen habe. 

Aus den Anlagen muß entnommen werden, daß 
er sich erneut gegen die Wahlkampfkostenerstat- 
tung wende. Er schreibt: „Jeder Staatsbürger, der 
aus der Kasse des Arbeitgebers Geld entwendet, 
um damit bei einer Bewerbung nicht nur für sich, 
sondern auch gegen andere Bewerber Propa- 
ganda zu machen, wird bestraft und schadenser- 
satzpflichtig gemacht . . . Trotzdem nehmen seit 
mehreren Jahren gewisse Staatsbürger bei einer 
Bewerbung für die Vertretung des souveränen 
deutschen Volkes immer noch ungestraft Milli- 
onenbeträge aus der Kasse des souveränen Ar- 
beitgebers, um damit nicht nur für sich, sondern 
auch gegen andere Bewerber die Riesenwahlpro- 
paganda zu finanzieren!!!“ 


Der Wahleinspruch des Einspruchsführers gegen 
die Wahl zum 8. Deutschen Bundestag wurde 
vom Deutschen Bundestag unter Hinweis auf die 
einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfas- 
sungsgerichts als offensichtlich unbegründet zu- 
rückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung ein- 
gelegte Beschwerde beim Bundesverfassungsge- 
richt wurde verworfen, „weil der Beschwerdefüh- 
rer die nach § 48 BVerfGG zwingend erforderli- 
che Beitrittserklärung von mindestens 100 Wahl- 
berechtigten nicht innerhalb der Beschwerde- 
frist eingereicht hat“. [BVerfG — 2 BvC 3/77]. Mit 
Schreiben vom 20. Januar und 14. März 1981 hat 
der Einspruchsführer für sich das „heilige Recht“ 
verlangt, sich in einer öffentlichen mündlichen 
Verhandlung verteidigen zu können. Diesen 
Schreiben waren verschiedene Rundbriefe sowie 
Zeitungsartikel aus dem „Spiegel“ vom 3. Fe- 
bruar 1965 und dem Sonntagsblatt vom 9. August 
1970 im Zusammenhang mit der Parteienfinan- 
zierung beigefügt. 

Darüber hinaus beantragt der Einspruchsführer, 
gemäß § 19 Wahlprüfungsgesetz notwendige Ko- 
sten, z. B. Fahrkosten, zu erstatten. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. la Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Zwar ist das Recht auf Chancengleichheit zunächst 
für den Wahlvorgang selbst entwickelt worden; 
seine Geltung wurde jedoch auf die Wahlvorberei- 
tung ausgedehnt. Es gilt damit auch im Bereich der 
Erstattung von Wahlkampfkosten. Durch das Partei- 
engesetz wurden von Staats wegen den Beteiligten 
am Wahlkampf öffentliche Mittel zur Verfügung ge- 


125 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


stellt Das Bundesverfassunggericht hat in mehre- 
ren Entscheidungen die Wahlkampfkostenerstat- 
tung als verfassungsgemäß angesehen, jedoch den 
Ausschluß unabhängiger Bewerber von der Wahl- 
kampfkostenerstattung als verfassungswidrig er- 
klärt [BVerfGE 41, 399 (422)]. 

Da der Einspruchsführer lediglich die Wahlkampf- 
kostenerstattung an sich angreift, die durch Gesetz 
und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bun- 
desverfassungsgerichts abgesichert ist, kann er mit 
seinem Einspruch keinen Erfolg haben, da es der 
Wahlprüfungsausschuß in ständiger Praxis abge- 
lehnt hat, gesetzliche Regelungen auf ihre Verfas- 
sungswidrigkeit zu überprüfen. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. la 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 

Gemäß § 19 WPG können dem in nichtamtlicher Ei- 
genschaft Einsprechenden notwendige Kosten er- 


stattet werden, wenn dem Einspruch stattgegeben 
oder der Einspruch nur deshalb zurückgewiesen 
wurde, weil der geltend gemachte Mangel keinen 
Einfluß auf das Wahlergebnis gehabt hat. Diese Vor- 
aussetzungen für eine Kostenerstattung sind im vor- 
liegenden Fall nicht erfüllt. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 55 


Beschluß 


in Wahlanfechtungssache — Az.: WP 47/80 — der Deutschen Volkspar- 
tei (DVP), vertreten durch den 1. Vorsitzenden, Rainer Hans Kurt 
Kummer, wohnhaft: Neuköllner Straße 316, 1000 Berlin 47, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1980 hat der 1. 
Vorsitzende der Deutschen Volkspartei, Rainer 
Hans Kurt Kummer, Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag ein- 
gelegt. 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
durch das Erfordernis der Unterstützungsunter- 
schriften nach dem Bundeswahlgesetz würden 
neue Parteien benachteiligt. Bei genauem Hinse- 
hen sei dieses Erfordernis ein perfektes Unter- 
drückungsinstrument. Ferner bezweifelt er, ob 
die Parteien, die aufgrund der Erreichung der er- 
forderlichen Unterstützungsunterschriften zur 
Bundestagswahl zugelassen worden seien, dieses 
Erfordernis auch tatsächlich erfüllt hätten. Denn 
es klaffe eine erhebliche Differenz zwischen der 
angeblich erreichten Zahl der Unterstützungsun- 
terschriften und der Zahl der auf diese Parteien 
abgegebenen Stimmen. 

Aus einer Verhandlungsniederschrift in der Ge- 
schäftsstelle des Landeswahlleiters des Landes 
Schleswig-Holstein in Kiel, die der Einspruchs- 
führer seinem Einspruch beigefügt hat, ergibt 
sich, daß er geltend macht, in der Gemeinde 
Helmstedt seien Unterstützungsunterschriften 
seitens der Gemeinde unterschlagen worden. 
Dies schließe er daraus, daß beispielsweise in 
dieser Stadt Flugblätter mit den Unterstützungs- 
unterschriften in Hausbriefkästen gesteckt wor- 
den seien, mit der Aufforderung, diese ausgefüllt 
im Rathaus abzugeben. Auf Nachfrage beim Ein- 
wohnermeldeamt sei jedoch mit Ausflüchten ge- 
antwortet worden. Keine einzige Unterstüt- 
zungsunterschrift sei wieder zu Händen der DVP 
gelangt. 

Da die Werbung der DVP auch in anderen Ge- 
meinden erfolglos geblieben sei, meldet der Ein- 
spruchsführer Zweifel daran an, daß die gesam- 
ten kommunistischen Gruppierungen (Volks- 
front, KPW, EAP und andere) eine ausreichende 


Zahl von Unterstüzungsunterschriften zusam- 
menbekommen hätten. Dies könne bei diesen 
Gruppen nie und nimmer mit rechten Dingen zu- 
gegangen sein, weshalb die Kriminalpolizei und 
die Staatsanwaltschaften eingeschaltet würden. 

Aufgrund der am 19. August 1980 beim Bundes- 
wahlleiter eingereichten Anmeldung stellte der 
Bundeswahlausschuß in der ersten Sitzung am 
28. August 1980 fest, die Deutsche Volkspartei 
(DVP) werde gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 2 des Bundes- 
wahlgesetzes (BWG) für alle Wahlorgane ver- 
bindlich als Partei anerkannt, weil sie die Bedin- 
gungen der §§ 18 Abs. 2 BWG, 33 Abs. 1 der Bun- 
deswahlordnung (BWO) und § 2 Abs. 1 des Partei- 
engesetzes erfülle. 

Da die Deutsche Volkspartei die nach § 27 Abs. 1 
BWG erforderlichen Unterstützungsunterschrif- 
ten nicht beibringen konnte, wurden ihre Lan- 
deslisten in Niedersachsen und Schleswig-Hol- 
stein zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen 
diese Zurückweisung wurde in der zweiten Sit- 
zung des Bundeswahlausschusses am 11. Sep- 
tember 1980 zurückgewiesen. 

In der Begründung der Zurückweisung wird aus- 
geführt, die Landeswahlausschüsse hätten die 
Landeslisten zu Recht zurückgewiesen, da entge- 
gen § 27 Abs. 1 BWG keine bzw. keine gültigen 
Unterstützungsunterschriften vorgelegt worden 
seien. 

Auch könnten die Einspruchsführer für ihre Be- 
hauptung, in Helmstedt seien Unregelmäßigkei- 
ten durch Unterschlagung von Unterstützungs- 
unterschriften vorgekommen, nicht gehört wer- 
den, da diese Behauptung weder konkretisiert 
noch bewiesen worden sei. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. la Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut- 
schen Bundestag eingegangen; er ist auch zulässig, 
jedoch offensichtlich unbegründet. 

Gemäß § 34 Abs. 4 bzw. § 39 Abs. 3 und 4 BWO sind 
die gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 27 Abs. 1 BWG er- 
forderlichen Unterschriften auf amtlichen Form- 
blättern zu leisten, die auf Anforderung vom Kreis- 
wahlleiter kostenfrei geliefert werden (§ 34 Abs. 4 
Nr. 1 BWO). Die Festlegung einer bestimmten Zahl 
von Unterschriften von Wahlberechtigten soll dazu 
dienen, daß sich nur solche „neuen“ Parteien an der 
Wahl beteiligen, die in der Öffentlichkeit bereits eine 
gewisse Anhängerschaft unter den Wählern gefun- 
den haben. Das Bundesverfassungsgericht hat diese 
Regelung in ständiger Rechtsprechung für verfas- 
sungsgemäß erklärt [seit BVerfGE 3, 19 (31)] und 
darauf hingewiesen, daß mit dieser Regelung einer 
Zersplitterung der Stimmen und der Bildung von 
Zwergparteien begegnet werden solle [BVerfGE 41, 
399 (421)]. 

Aus der Zulassung der DVP als Partei zu den Bun- 
destagswahlen kann der Einspruchsführer nicht 
herleiten, daß deshalb das Erfordernis der Unter- 
stützungsunterschriften gemäß § 20 Abs. 2 bzw. § 27 
Abs. 1 BWG verfassungswidrig sei. Die Zulassung ei- 
ner Partei für die Teilnahme an den Bundestags- 
wahlen bedeutet für die Parteien, die im Deutschen 
Bundestag oder in einem Landtag seit deren letzter 
Wahl nicht aufgrund eigener Wahlvorschläge unun- 
terbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten ver- 


treten waren, lediglich, daß sie aufgrund ihrer Zulas- 
sung mit ihrem Namen als Partei unter diesem Na- 
men Unterstützungsunterschriften sammeln kön- 
nen. 

Mit der vom Einspruchsführer geäußerten Vermu- 
tung, bei der Beschaffung der Unterstützungsunter- 
schriften seien Unkorrektheiten vorgekommen, sei 
es, daß die eigenen Unterstützungsunterschriften 
unterschlagen bzw, andere Parteien durch Manipu- 
lation die erforderlichen Unterstützungsunterschrif- 
ten hätten beschaffen können, kann der Einspruch 
nicht begründet werden. Die Einspruchsführerin hat 
für die von ihr vorgetragenen Behauptungen bzw. 
Vermutungen keine ausreichend substantiierten 
Tatsachen vorgetragen, die als Tatbestand für eine 
Nachprüfung evtl. Wahlfehler ausgereicht hätten. 

Der Einspruch war daher im Sinne des § 6 Abs. la 
Nr. 3 WPG als offensichtlich unbegründet zurückzu- 
weisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 56 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 57/80 — der Rentner Partei 
Deutschlands (RPD) — Liberale Partei für Jedermann, Landesver- 
band Niedersachsen — 3000 Hannover 51, Postfach 627 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9, Deutschen Bundestag 
vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 22. November 1980 — Eilbrief 
— hat die Einspruchsführerin Einspruch gegen 
die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bun- 
destag eingelegt. Der Eilbrief wurde erst am 
25. November 1980, einen Tag nach Ablauf der ge- 
setzlichen Frist des § 2 des Wahlprüfungsgeset- 
zes (WPG) dem Bundestag zugestellt. Auf An- 
frage beim Postamt Bonn teilte dieses mit, der 
am 22. November 1980 bis 12.00 Uhr eingelieferte 
Brief hätte bei normaler Laufzeit am Sonntag, 
dem 23. November 1980, morgens beim Postamt 
Bonn 1 zur Zustellung vorliegen müssen. Der ver- 
spätete Eingang des Briefes am 24. November 
1980 zwischen 18.00 und 19.00 Uhr sei auf den 
Streik des Tarifpersonals der Deutschen Bundes- 
post in der Zeit vom 20. bis 24. November 1980 zu- 
rückzuführen. Der Streik habe u. a. auch zu ei- 
nem erheblichen Rückstau an Eilbriefen geführt. 
Die unterwegs liegengebliebenen Sendungen 
seien nach Beendigung des Streiks am 24. No- 
vember 1980 unverzüglich weitergeleitet worden. 
Das habe beim Postamt Bonn zu einem weit über 
dem normalen Aufkommen liegenden Zugang an 
Sendungen geführt. So seien am 24. November 
1980 in den Abendstunden so viele Eilsendungen 
zugegangen, daß das Postamt Bonn personell 
nicht in der Lage gewesen sei, die Sendungen bis 
22.00 Uhr alle zuzustellen. Eine große Anzahl die- 
ser Sendungen habe deshalb erst am nächsten 
Tag zugestellt werden können. Dazu habe leider 
auch der Eilbrief der Einspruchsführerin ge- 
hört. 

Mit Schreiben vom 27. November 1980 wurde der 
Einspruchsführerin der Eingang ihres Schrei- 
bens vom 22. November 1980 bestätigt, darauf 
hingewiesen, daß der Einspruch erst einen Tag 
nach Ablauf der gesetzlichen Frist des § 2 WPG 
beim Deutschen Bundestag eingegangen sei und 
der Wahlprüfungsausschuß prüfen werde, ob we- 
gen der Streikmaßnahmen bei der Deutschen 
Bundespost der verspätete Eingang möglicher- 


weise noch als rechtzeitig angesehen werden 
könne. 

Außerdem wurde die Einspruchsführerin darauf 
hingewiesen, daß auch die Begründung des 
Wahleinspruchs innerhalb der gesetzlichen Frist 
beim Deutschen Bundestag eingegangen sein 
müsse, es sei denn, daß der Tatbestand, auf den 
die Anfechtung gestützt werde, eindeutig erken- 
nen lasse, aufgrund welcher Umstände die Wahl 
angefochten werden solle. Unsubstantiiertes Vor- 
bringen vermöge nach ständiger Rechtspre- 
chung einen Wahleinspruch nicht zu begrün- 
den. 

In dem Schreiben der Einspruchsführerin vom 
22. November 1980 heißt es: 

„Das Recht der politischen Parteien auf Chan- 
cengleichheit wird verletzt, wenn Staatsorgane 
als solche parteiergreifend zugunsten oder zu 
Lasten einer politischen Partei oder von Wahl- 
werbern in den Wahlkampf einwirken. 

Die Rentner Partei Deutschlands (RPD) fühlt 
sich bezüglich der Bundestagswahl 80 in ihrem 
Recht auf Chancengleichheit verletzt und in ih- 
rer Öffentlichkeitsarbeit behindert. 

Unter Wahrung des Wahlanfechtungstermins 
am 24. 11. 80 fechtet die RPD hiermit die Bun- 
destagswahl 80 an. Die Begründung wird we- 
gen der noch ausstehenden Regierungserklä- 
rung und des Poststreiks in wenigen Wochen 
nachgereicht.“ 

Trotz dieser Ankündigung ist beim Deutschen 
Bundestag keine Begründung des Einspruchs 
eingegangen. 


2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. la Nr. 3 
WPG von der Anberaumung einer öffentlichen 
mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen. 


129 



Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist formgerecht eingelegt; der Wahl- 
prüfungsausschuß hat ihn auch als rechtzeitig ein- 
gelegt betrachtet. 

Gemäß § 2 Abs. 4 WPG muß ein Einspruch binnen ei- 
nes Monats nach Bekanntmachung des Wahlergeb- 
nisses beim Deutschen Bundestag eingegangen 
sein. Da das Wahlergebnis am Freitag, dem 24. Okto- 
ber 1980, vom Bundeswahlleiter in Nr. 200 des Bun- 
desanzeigers bekanntgemacht worden war, lief die 
Frist am 24. Nobember 1980, 24.00 Uhr, ab. 

Da die Zustellung des Eilbriefes der Einspruchsfüh- 
rerin erst am 25. November 1980 erfolgte, ging er ob- 
jektiv einen Tag nach Ablauf der Einspruchsfrist 
des § 2 Abs. 4 WPG beim Deutschen Bundestag ein. 
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt 
nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses 
nicht in Betracht. In früheren Entscheidungen hat 
der Wahlprüfungsausschuß zur Frage der Wieder- 
einsetzung in den vorigen Stand festgestellt: 

„Da das Wahlprüfungsgesetz eine Wiedereinset- 
zung in den vorigen Stand nicht kennt, dieses 
Rechts in stitut auch nicht aus übergeordneten Ge- 
sichtspunkten hilfsweise herangezogen werden 
kann, da § 2 Abs. 4 Satz 1 WPG eine strenge Aus- 
schlußfrist darstellt, weil das öffentliche Interesse 
eine alsbaldige Klarheit über die Gültigkeit der 
Wahl erfordert, konnte dem Antrag des Ein- 
spruchsführers auf Wiedereinsetzung in den vori- 
gen Stand nicht stattgegeben werden. Der Unzu- 
lässigkeit der Einsetzung in den vorigen Stand 
entspricht nach Auffassung des Wahlprüfungs- 
ausschusses das Recht des Präsidenten des Bun- 
destages, nach Ablauf der Einspruchsfrist des § 2 
Abs. 4 Satz 1 WPG Einspruch einzulegen, wenn 
ihm nach Ablauf dieser Frist in amtlicher Eigen- 
schaft Umstände bekannt werden, die einen Wahl- 
mangel begründen könnten (§ 2 Abs. 4 Satz 2 
WPG).“ 

(Vgl. Drucksachen 8/263 S.41, 8/3579 S. 47). 

Zur Frage der Einhaltung eingeräumter Einspruchs- 
frist hat das Bundesverfassungsgericht u. a. ausge- 
führt: 

„Bedient er sich zur Beförderung seines Schrei- 
bens der Post, so muß er die gewöhnliche Laufzeit 
einer Postsendung je nach deren Art und je nach 
der Entfernung zwischen Aufgabe- und Zustellort 
einkalkulieren. Dabei sind übliche Verlängerun- 
gen der Laufzeit, wie sie durch verminderten oder 
ganz entfallenden Leerungs- und Zustellungs- 
dienst an Wochenenden und Feiertagen entste- 
hen, von vornherein in die Berechnung einzube- 
ziehen. Wenn das beachtet wird und es im Einzel- 
fall auch keine konkreten Hinweise auf andersar- 
tige Verzögerungen gibt, dann darf der Bürger 
darauf vertrauen, daß die normale Laufzeit nicht 
überschritten werde.“ 

[Vgl. BVerfGE 40, 42 (44 f.)]. 

Kann, wie das Bundesverfassungsgericht in dersel- 
ben Entscheidung ausführt, der Bürger die ihm vom 
Gesetz eingeräumte Einspruchsfrist bis zu ihrer 
Grenze ausnutzen, kann es für die Frage, ob die Ein- 
spruchsfrist eingehalten wurde oder nicht, darauf 


ankommen, ob der Bürger evtl. Verzögerungen bei 
der Zustellung voraussehen können mußte oder die 
Verzögerung der Zustellung auf Umstände zurück- 
zuführen war, die er allein oder überwiegend zu ver- 
treten hatte. 

Der Wahlprüfungsausschuß hält an seiner früher 
dargelegten Auffassung fest, daß es im Wahlprü- 
fungsrecht eine Wiedereinsetzung in den vorigen 
Stand nicht geben kann; da der von der Einspruchs- 
führerin bei der Post auf gegebene Eilbrief jedoch 
durch Streikmaßnahmen bei der Deutschen Bun- 
despost nicht rechtzeitig in den Besitz des Bundesta- 
ges kam, hat der Wahlprüfungsausschuß es dahinge- 
stellt sein lassen, ob in diesem konkret gelagerten 
Ausnahmefall der Einspruch schon als nicht mehr 
fristgerecht und damit als unzulässig zurückgewie- 
sen werden müßte. 

Der Wahlprüfungsausschuß ist aber nach Prüfung 
der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis gekom- 
men, daß der Wahleinspruch offensichtlich unbe- 
gründet ist. 

Gemäß § 2 Abs. 1 und 3 WPG erfolgt die Wahlprü- 
fung nur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die 
Begründung muß mindestens den Tatbestand, auf 
den die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen 
und ausreichend substantiierte Tatsachen enthalten 
[vgl. BVerfGE 40, 11 (30) und 48, 271 (276 ff.)]. 
Diesen Anforderungen genügt das Einspruchs- 
schreiben der Einspruchsführerin nicht. Der erste 
Satz im Einspruchsschreiben gibt lediglich die sich 
aus dem Grundsatz der Chancengleichheit erge- 
bende Rechtsfolge wieder. Zwar hat die Einspruchs- 
führerin im nächsten Satz behauptet, sie fühle sich 
in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt und 
in ihrer Öffentlichkeitsarbeit behindert. Worin diese 
Verletzung bzw. Behinderung bestehen soll, hat die 
Einspruchsführerin jedoch nicht dargelegt, viel- 
mehr auf eine Begründung verwiesen, die wegen der 
noch ausstehenden Regierungserklärung und des 
Poststreiks nachgereicht werden sollte. 

Der Wahlprüfungsausschuß hat es dahingestellt 
sein lassen, ob das Schreiben der Einspruchsführe- 
rin vom 22. November 1980 bereits eindeutig den 
Tatbestand erkennen läßt, auf den die Anfechtung 
gestützt werden soll, so daß nach Fristablauf noch 
eine nähere Begründung des Einspruchs möglich 
gewesen wäre. Da die Einspruchsführerin aber dar- 
auf verzichtet hat, die angekündigte Begründung 
nachzureichen, war der Einspruch wegen mangeln- 
der Substantiierung, d. h. Darlegung mindestens des 
Tatbestands, auf den die Anfechtung gestützt wer- 
den sollte, offensichtlich unbegründet und deshalb 
im Sinne des § 6 Abs. la Nr. 3 WPG als offensichtlich 
unbegründet zurückzuweisen. 

Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Drucksache 9/316 


Anlage 57 


Beschluß 


in der Wahlanfechtungssache — Az.: WP 58/80 — des Herrn 
Alfred Pegoretti, wohnhaft: Amselweg 8, 8011 Aying, 

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag 


vom 5. Oktober 1980 

hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung 

am beschlossen: 


Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen. 


Tatbestand 

1. Mit Schreiben vom 24. November 1980 hat der 
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültig- 
keit der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag einge- 
legt. Er behauptet, seinen Einspruch bereits beim 
Oberlandesgericht im Zusammenhang mit ei- 
nem Antrag auf gerichtliche Entscheidung in ei- 
nem Klageerzwingungsverfahren angebracht zu 
haben und habe darum gebeten, daß sein Ein- 
spruch weitergeleitet werde. 

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, 
§ 13 Abs, 2 Satz 1 der Bundeswahlordnung (BWO) 
könnte ungültig, d. h. verfassungswidrig sein, 
weil § 17 Abs. 1 Nr. 4 BWO vorsehe, daß diese 
Nummer dem Wahlberechtigten mit der Wahlbe- 
nachrichtigung mitgeteiit werde und wegen der 
Auslegung des Wählerverzeichnisses die politi- 
schen Interessengruppen an die Wähler Werbe- 
material, mit der Wählerverzeichnis-Nummer 
versehen, versenden könnten, wodurch insbeson- 
dere die Möglichkeit gegeben sei, sich Auszüge 
und Abschriften des Wählerverzeichnisses anfer- 
tigen zu lassen (§ 18 Abs. 4 BWO). Dies sei eine le- 
galisierte numerale Wähler nötigung, weshalb die 
Wahlen zum 9. Deutschen Bundestag ungültig 
seien. 

In einem Postscriptum drückt er die Hoffnung 
aus, daß sein Einspruch wie auch seine anderen 
wahren Schriften nicht wieder Grund seien, ihn 
im Irrenhaus zu foltern und zu schlagen. 

Auf ein Schreiben des Wahlprüfungsausschusses 
vom 4. Dezember 1980, in dem darauf hingewie- 
sen wurde, daß die Einspruchsfrist am 24. No- 
vember 1980, 24.00 Uhr, abgelaufen und sein Ein- 
spruch deshalb verspätet eingelegt worden sei, 
weshalb ihm anheim gestellt werde, seinen Ein- 
spruch zurückzunehmen, antwortete der Ein- 
spruchsführer mit Schreiben vom 6. Dezember 
1980, nicht am 23. November, sondern am 24. No- 
vember 1980 sei die Frist abgelaufen, die im 
Schreiben vom 4. Dezember 1980 angegebene 
Frist sei richtig berechnet worden. Er macht je- 
doch geltend, er habe bereits in seiner Schrift 


vom 12. November 1980 beim Oberlandesgericht 
Einspruch eingelegt und hätte erwarten können, 
daß man diesen weitergeieitet hätte. Sein Schrei- 
ben vom 24. November 1980 habe vor allem dazu 
dienen sollen, die staatsanwaltschaftliche Ehr- 
lichkeit zu überprüfen. Im übrigen vertritt er die 
Auffassung, auch der Poststreik könnte sich bei 
der verspäteten Zuleitung an den Bundestag aus- 
gewirkt haben. 

Ausdrücklich erklärt er, er nehme seinen Ein- 
spruch nicht zurück und bitte die verfassungs- 
treuen Miglieder des Deutschen Bundestages, 
ihn bei der Durchsetzung seiner Schadensersatz- 
forderung zu unterstützen und insbesondere 
seine erneute Einlieferung in ein Irrenhaus zu 
verhindern. 

2. Der Ausschuß hat nach Prüfung der Sach- und 
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. la Nr. 3 
des Wahlprüfungsgesetzes (WPG) von der Anbe- 
raumung einer Öffentlichen mündlichen Ver- 
handlung Abstand zu nehmen. 


Entscheidungsgründe 

Der Einspruch ist formgerecht eingelegt worden; der 
Wahlprüfungsausschuß hat ihn auch als noch recht- 
zeitig eingelegt betrachtet. 

Gemäß § 2 Abs. 4 WPG muß ein Einspruch binnen ei- 
nes Monats nach Bekanntmachung des Wahlergeb- 
nisses beim Deutschen Bundestag eingegangen 
sein. Da das Wahlergebnis am Freitag, dem 24. Okto- 
ber 1980, vom Bundeswahlleiter in Nr. 200 des Bun- 
desanzeigers bekanntgeniacht worden war, lief die 
Frist am 24. November 1980, 24.00 Uhr, ab. 

Da einerseits nicht ausgeschlossen werden kann, 
daß der Einspruchsführer tatsächlich sich bereits 
mit einem früheren — vor dem 24. November 1980 
liegenden — Schreiben mit der Bitte an ein Ober- 
landesgericht gewandt hat, seinen Einspruch weiter- 
zuleiten, andererseits der Streik bei der Bundespost 
gegen Ende der Einspruchsfrist Einfluß auf den ver- 
späteten Eingang des Einspruchs beim Deutschen 


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Drucksache 9/316 


Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode 


Bundestag gehabt haben könnte, hat der Wahlprü- 
fungsausschuß — da es im Wahlprüfungsrecht eine 
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht geben 
kann, vgl. Drucksache 8/3579, S. 47 f., — dahinge- 
stellt sein lassen, ob in diesem konkret gelagerten 
Ausnahmefall der Einspruch schon als nicht mehr 
fristgerecht und damit als unzulässig zurückgewie- 
sen werden müßte. Er ist jedoch nach Prüfung der 
Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis gekommen, 
daß der Einspruch offensichtlich unbegründet ist. 

Aufgabe des Wahlprüfungsausschusses ist es, auf 
Anfechtung hin zu prüfen, ob Verletzungen der 
Wahlrechtsbestimmungen vorliegen und ob sich 
daraus Folgerungen für die Gültigkeit der Wahl der 
Abgeordneten zum 9. Deutschen Bundestag erge- 
ben. Der Wahlprüfungsausschuß hat es jedoch in 
ständiger Praxis abgelehnt, im Rahmen des Wahl- 
prüfungsverfahrens die Verfassungsmäßigkeit von 
Rechtsvorschriften nachzuprüfen. Der Wahlprü- 
fungsausschuß ist der Auffassung, daß es aus- 
schließlich Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts 


ist, die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Ver- 
ordnungen zu prüfen. 

Da der Einspruchsführer die Bestimmungen des § 13 
Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 Nr. 4 BWO (a. F.) als 
verfassungswidrig rügt und der Wahlprüfungsaus- 
schuß an seiner früheren Praxis festhält, war der 
Einspruch gemäß § 6 Abs. la Nr. 3 WPG als offen- 
sichtlich unbegründet zurückzuweisen. 


Rechtsmittelbelehrung 

Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset- 
zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas- 
sung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971), der 
als Anlage beigefügt ist, unter den dort genannten 
Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesverfas- 
sungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen eines 
Monats seit der Beschlußfassung des Deutschen 
Bundestages — — beim Bundesverfas- 

sungsgericht eingegangen sein. 


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